Bielefeld. Die Zeit rennt: Während Hunderte Bielefelder am Samstag über den zugefrorenen Obersee schlittern, probt die Feuerwehr auf dem Johannisbach den Ernstfall. Einsatzleiter Joachim Thies: "Bei der Eisrettung kommt es auf jede Sekunde an, die Überlebenschancen im Wasser sind bei diesen Temperaturen gering." Es geht ums Ganze.
Mit 30 Einsatzkräften ist die Feuerwehr vor Ort. Keine einfache Übung, wie Einsatzleiter Joachim Thies sagt. "Jeden Winter steht die Eisrettung auf dem Programm, eine Herausforderung ist sie aber immer." Die Retter dürfen keine Zeit verlieren, sie wissen nicht, wann genau das Opfer in den Bach eingebrochen war.
Im Wasser kühlt der Körper zwanzig Mal schneller aus als an Land, weiß Thies. Bei nur drei bis vier Minuten liegen die Überlebenschancen im Wasser zur Zeit. "Das ist nicht viel, bis ein Notruf bei uns eingegangen ist, kann schon viel Zeit verloren sein." Den Schutzanzug ziehen sich die Retter Philipp Lemmen und Dennis Streitbürger schon auf der Fahrt zum See an. Thies: "Damit sie vor Ort nur noch angeseilt werden müssen."
Noch trägt das Eis, 30 Zentimeter dick ist es, meint Obersee-Wirt Christian Schulz. Zwar habe er nicht gebohrt, aber bei Temperaturen im zweistelligen Minus-Bereich sei das normal. Wer auf die etwa 20 Hektar große Fläche will, für den bestehe keine Gefahr. Schulz: "Beruhigend ist es aber trotzdem, dass die Feuerwehr für den Notfall gerüstet ist."
2.000 Menschen tummelten sich am Wochenende auf dem See. Wird es in den nächsten Tagen, wie vom Deutschen Wetterdienst vorhergesagt, wärmer, dürften sich die Schlittschuhläufer allerdings auf dünnem Eis bewegen: Es droht, zu brechen.
Joachim Thies von der Feuerwehr hofft, dass er dann nicht ausrücken muss. "Wir sind zwar vorbereitet, haben von Herbst bis März einen Rettungs-Schlitten dabei, aber auch für unsere Leute ist eine Eisrettung gefährlich." Wie Lemmen und Streitbürger müssen sich die Rettungskräfte mit einem Schlitten zum Opfer vortasten. Dann geht es auch für sie ins kalte Wasser.
Gefährlich ist die glatte Fläche aber auch so: Zweimal musste in der vergangenen Woche der Rettungshubschrauber am Obersee landen, Schlittschuhläufer hatten sich die Knochen gebrochen.
Axel Dittmar, Sprecher am Klinikum Bielefeld, weiß: "Unsere Unfallchirurgen haben jetzt gut zu tun." Trotzdem sei die Anzahl derer, die sich auf zugefrorenen Seen die Knochen brechen,im Vergleich zu den Verkehrsopfern gering. Viele Eisläufer hätten einfach das falsche Schuhwerk an und würden umknicken. "Man darf sich auf dem Eis nicht überschätzen."
Christian Schulz hat gestern seinen Spaziergang auf dem See abgebrochen, erzählt er: "Ich hatte Gummistiefel an, damit war zu glatt."Auch Ilona Vossen (54) wagte sich aufs Eis. "Ich war vorsichtig, langgelegt habe ich mich nicht."
Von der Herforder Straße an parkten die Besucher gestern bis zum Halhof. Schulz: "So voll war es selten." An beiden Straßenseiten standen die Autos. "Der Verkehr war beeinträchtigt, es gab Staus", sagt Christian Weege von der Polizei.