Mutiger Einsatz

Bielefelder Tierretterin entsetzt: Hund bei Regen und Kälte stundenlang festgebunden

Vier Grad, Regen und ein festgebundener Hund: Christina Schmidts Einsatz macht deutlich, wie sorglos manche Menschen mit ihren Tieren umgehen.

Eine gruselige Begegnung: Tierretterin Christina Schmidt nahm in der Dunkelheit dennoch die Verfolgung auf. | © Stocksnap/Pixabay

Alexandra Buck
01.12.2025 | 01.12.2025, 14:13

Bielefeld. Dunkelheit, Regen, ein angebundener Hund im Wald – und eine Tierschützerin, die im Eifer des Gefechts ihre eigene Sicherheit vergisst. Einsätze wie dieser vom 24. November erklären Christina Schmidts Ruf in Bielefeld: Wenn Tiere in Not sind, ist sie da. Und manchmal rennt sie sogar hinterher.

Ein aktueller Einsatz der Bielefelder Tierretterin zeigt: Ein Hund, stundenlang bei vier Grad und Regen an einen Baum gebunden, ist kein Kavaliersdelikt. Die Inhaberin des „Tiertaxi Bielefeld“ wurde nachts alarmiert, weil Passanten in einem Waldstück in Gellershagen einen angebundenen Hund gemeldet hatten, der offenbar seit mehreren Stunden alleine im Kalten ausharren musste. Mit „ungutem Gefühl im Bauch“, wie sie sagt, machte sich Schmidt auf den Weg – und bat wegen der geschilderten Umstände vorsorglich die Polizei um Unterstützung. Das bestätigt die Leitstelle auf Anfrage.

Vor Ort bellte der Hund, als sich Schmidt näherte. Kurz darauf tauchte der Halter auf. Laut Schmidt zeigte er sich „vollkommen gleichgültig gegenüber der Situation“ seines Tieres. Als sie ihn darauf ansprach, habe er nur gelacht und sinngemäß geantwortet: „Es ist ein Hund.“ „Ja, ein Hund, der mehrere Stunden bewegungslos bei 4 Grad im Regen an einen Baum gebunden und sich selbst überlassen war“, habe Schmidt daraufhin entgegnet. Den Mann habe das „überhaupt nicht interessiert“.

Hund bei Kälte und Nässe in Bielefelder Waldstück angebunden

Für die Tierschützerin ist klar: Ein Hund, egal welcher Rasse, der bei nasskalten vier Grad über Stunden angebunden ist, ist einer großen Belastung ausgesetzt. Sie habe den Mann darauf hingewiesen, dass sie im Auftrag von Tierheim, Polizei und Tierschutz unterwegs ist und die Polizei auch gleich vor Ort sei – und konfrontierte ihn mit Fragen nach Sachkundenachweis, Haftpflichtversicherung und Anmeldung des Tieres. Daraufhin floh der Halter mit seinem Hund. Schmidt nahm die Verfolgung zu Fuß auf, verlor ihn aber schließlich aus den Augen. Später habe der Besitzer von der Polizei dennoch ermittelt werden können, sagt sie. Ihren Einsatz kommentiert sie mit einem Augenzwinkern: Die dabei „gezerrte Arschbacke“ sei es wert gewesen. Nun kümmert sich die Stadt um die Angelegenheit.

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Laut Gesetz hat der Mann womöglich zumindest eine Ordnungswidrigkeit begangen. Einen Hund stundenlang bei Kälte (etwa 4 Grad) und Regen anzubinden, verstößt gegen Paragraph 17 des Tierschutzgesetzes (quälerische Tiermisshandlung), wenn unnötiges Leiden entsteht – durch Unterkühlung, Nässe oder Bewegungsmangel. Fahrlässiges Verhalten fällt unter Paragraph 18 des Tierschutzgesetzes als Ordnungswidrigkeit.

Mögliche Strafen:

  • Bußgeld: Bis 25.000 Euro bei Ordnungswidrigkeit (Paragraph18, Absatz 4 Tierschutzgesetz), oft 500 bis 5.000 Euro in Praxis; plus Polizeieinsatzkosten.

  • Straftat (Paragraph 17 Tierschutzgesetz): Freiheitsstrafe bis 3 Jahre oder Geldstrafe (mindestens 90 Tagessätze), bei Vorsatz oder Tod des Hundes; lebenslanges Tierhalteverbot möglich (Paragraph 20 Tierschutzgesetz).

  • Beispiele: Ähnliche Fälle (Hund im Wald angebunden) endeten mit 720 Euro Strafe; bei Kältebelastung gerichtlich als „erhebliche Schmerzen“ gewertet.

Bei manchen Rassen ahnt man nicht, wie empfindlich sie sind

Der Einsatz endet für Schmidt mit einer gezerrten Muskulatur – für sie ist er vor allem ein Lehrstück: Viele Menschen unterschätzen, wie kälteempfindlich Hunde sind. „Hunde ohne Unterwolle sowie alte und wenig aktive Tiere kühlen deutlich schneller aus“, erklärt sie. Anders als ihre Vorfahren, die Wölfe, seien unsere Haushunde an den Alltag mit dem Menschen angepasst – und oft weit weniger robust als viele Halter glauben. Anzeichen dafür, dass ein Hund friert, seien etwa Zittern, deutlich langsameres Gehen als sonst oder ein eingezogener Schwanz. In solchen Situationen sollten Gassigänge abgekürzt oder der Hund mit einem geeigneten Mantel geschützt werden.

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Ab welchen Temperaturen es „zu kalt“ wird, hänge von Rasse, Größe, Gewicht, Körperfett, Gesundheit, Alter und Gewöhnung ab; kleine, kurzhaarige, alte, kranke oder nicht kälteerprobte Hunde würden oft schon im einstelligen Plusbereich, vor allem bei Nässe, frieren, während große, gut bemuskelte Hunde mit Unterwolle auch leichten Minusgraden noch relativ gut standhalten. Es sind allerdings nicht immer nur die Kleinen, die schnell frieren. Manche Rasse, von der man es nicht erwartet, ist laut den Experten von „Vier Pfoten“ sehr kälteempfindlich. Darunter beispielsweise Boxer, Boston Terrier oder Rhodesian Ridgeback – sie haben demnach keine Unterwolle und kühlen schneller aus.

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Auch die Pfoten brauchen im Winter besondere Aufmerksamkeit, sagt Schmidt. Schnee, Eis und Streusalz können Ballen und Zwischenräume reizen und zu Rissen oder Entzündungen führen. Schmidt empfiehlt, die Pfoten vor dem Spaziergang mit einem schützenden Balsam zu pflegen.

Rezept für Pfotenbalsam

Wer selbst etwas anrühren möchte, könne mit einfachen Mitteln arbeiten: Zu gleichen Teilen Bienenwachs, Kokosfett, Olivenöl und Sheabutter werden im Wasserbad vorsichtig geschmolzen, zum Schluss kommen ein paar Tropfen Vitamin E hinzu, damit die Mischung länger haltbar bleibt. „Die noch flüssige Salbe lässt sich in kleine Döschen oder Gläser füllen und im Kühlschrank fest werden. Die Bestandteile pflegen die Haut und wirken wasserabweisend – und eignen sich auch als kleines Mitbringsel für Hundefreunde“, sagt Schmidt.

Christina Schmidt betreibt seit 2012 Bielefelds erstes Tiertaxi und gilt in der Stadt als wichtige Ansprechpartnerin, wenn Tiere in Not sind. Sie unterstützt Menschen, die mit ihren Tieren nicht mobil sind, etwa bei Tierarztbesuchen. Sie hilft beim Sichern ängstlicher oder entlaufener Tiere – nicht jede Katze steigt freiwillig in die Transportbox – und ist nachts Ansprechpartnerin, wenn Hunde in der Stadt aufgefunden werden. In Zusammenarbeit mit Polizei, Feuerwehr, Krisendienst und Tierheim sorgt sie dafür, dass Tiere in Notlagen schnell und tierschutzgerecht untergebracht werden, bis ihre Halter gefunden sind.

Der nächtliche Einsatz am Baum zeigt: Neben all der praktischen Hilfe geht es Schmidt auch um Aufklärung. Hunde sind keine „kleinen Wölfe im Winterpelz“, sondern Haustiere mit sehr unterschiedlichen Bedürfnissen – je nach Rasse, Alter und Gesundheitszustand. Wer mit ihnen verantwortungsvoll umgeht, schaut bei Kälte genauer hin, schützt Pfoten und Körper – und bindet sie nicht stundenlang draußen an.

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