Die Stadtgesellschaft funktioniert, weil sich so viele Bielefelder ehrenamtlich einsetzen

Ja, es gibt sie tatsächlich: Dinge, die einfach gut sind, wo etwas einfach mal klappt und läuft in der Stadt. Menschen, die sich nicht hauptsächlich nur mit sich selbst beschäftigen oder meckern, sondern einfach etwas tun und damit Bielefeld lebenswerter machen. Bei der Verleihung des Bielefeld-Preises am Montagabend im Theater am Alten Markt stand endlich mal das Positive der Gesellschaft im Mittelpunkt. Was für eine Wohltat in Zeiten von Krisennachrichten und ständiger Empörung. Grüne Damen und Herren, die im Krankenhaus anderen ihre Zeit schenken, der Verein &bdquo;Miteinander stark“, der mit seinem Suppenbus Bedürftigen nicht nur für eine warme Mahlzeit beschert, die fünf Fördervereine der Freibäder, die mit ihrem ehrenamtlichen Engagement die Schließung in Brackwede, Dornberg, Gadderbaum, Hillegossen und Schröttinghausen verhindert haben und denen es zu verdanken ist, dass dort weiterhin Kinder schwimmen lernen und alle Bielefelder ihre Bahnen ziehen können. Hut ab – und Danke dafür. Allein diese drei Beispiele der insgesamt zehn nominierten Projekte zeigen, wie vielfältig die Möglichkeiten und guten Taten sind. Mehr als 100 Initiativen und Einzelpersonen hatten sich beworben. Und den Ehrenamtspreis gibt es bereits seit 15 Jahren. Gäbe es in der Stadt nicht dieses große ehrenamtliche Engagement, &bdquo;hätten wir nicht diese Lebensqualität“, so der scheidende OB und Schirmherr des Preises Pit Clausen. Wenn man sich die Vielfalt anschaut, macht sie in mehrfacher Hinsicht Mut, gerade auch in diesen Zeiten. Im Ehrenamt hingegen geht es um Eigenverantwortung Unabhängig von Alter, Geschlecht, Beruf, Parteipräferenz, sozialer Schicht, Stadtbezirk und Herkunft krempeln Tausende Bielefelder gemeinsam die Ärmel hoch, um etwas voranzubringen oder Lücken zu füllen. Ganz wunderbar, dominiert sonst vielerorts zumeist Kritik und Empörung über das, was nicht vernünftig läuft und die Bürgerinnen und Bürger verärgert. Natürlich gibt es da leider etliche Beispiele in der Stadt: Baustellen, Schulmittagessen, Kitabetreuung, Sicherheit und andere Dinge. Lesen Sie auch: Fahrrad-Rikscha in Bielefeld: Besonderes Ehrenamt fährt Senioren ins Grüne Damit sich daran etwas ändert, muss man die Themen benennen. Und Haltung zu zeigen ist wichtig, ohne Frage. Aber wenn vor lauter Aufregung das eigentliche Tun, der Blick für und der Glaube an das Gute auf der Strecke bleibt, passt etwas nicht. Gefühlt neigen immer mehr dazu, andere für die Misere verantwortlich zu machen. Im Ehrenamt hingegen geht es um Eigenverantwortung. Die zu übernehmen, damit kann man nicht früh genug anfangen. Und es ist zum Glück auch nie zu spät dafür, sich einzubringen. Das zeigt das Beispiel einer der Nominierten: eine 75-jährige Bauingenieurin, die ehrenamtlich eine Seniorentheatergruppe leitet. 40 Prozent aller Menschen über 14 Jahre in Deutschland engagierten sich laut bundesweiter Statistik ehrenamtlich, so Clausen. Explizite Zahlen für Bielefeld gebe es zwar nicht. Aber hochgerechnet seien es rund 100.000. Die Zahl erscheint erst einmal ziemlich hoch. Vermutlich sind da auch diejenigen einbezogen, die – wie mein Sohn und andere aus der Nachbarschaft – viermal im Jahr die Gemeindebriefe verteilen. Man muss ja nicht gleich gefühlt Tag und Nacht im Einsatz sein für andere, so wie Bielefelds &bdquo;Miss Ehrenamt“, Journalistin Jutta Küster und ihr Gatte. Kleine Wunder und Resilienz für die Stadtgesellschaft Sich für die Gemeinschaft zu engagieren, sei ein Weltbild und eine Geisteshaltung, die auch dazu beitrage, die Stadtgesellschaft resilienter zu machen, so Clausen. Stimmt. Bei den Projekten kommen Menschen auf konstruktive Art zusammen: ein mutmachender Kontrast zum verbreiteten Phänomen, Andersdenkenden bei jeder Äußerung gleich immer das Übelste zu unterstellen. Nicht nur &bdquo;Bielefeld United“, Sieger beim diesjährigen, von Radio Bielefeld und der BGW vergebenen Bielefeld-Preis und die anderen vier Platzierten sind die Gewinner. &bdquo;Sondern wir alle“, sagt Clausen. Dass er damit recht hat, wird wohl niemand bestreiten. Auch interessant: Und auch sich selbst tut man Gutes mit ehrenamtlichem Einsatz. Es fühlt sich gut an, Teil einer Gemeinschaft zu sein und zusammen etwas auf die Beine zu stellen. Anderen, die es nicht so gut getroffen haben im Leben, ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Die Kontakte, Erlebnisse, Begegnungen und Geschichten bereichern, relativieren die eigenen Sorgen und Befindlichkeiten, können demütig, dankbar und stolz machen und sogar auch bei der Berufsfindung helfen. Und es geht ganz einfach: einfach machen. Muss ja nicht gleich der Vereinsvorsitz oder das Bezirksbürgermeisteramt sein. Dem alleinstehenden älteren Nachbarn ein Stück selbst gebackenen Kuchen zu bringen, ist ein Anfang. Und kann Wunder wirken – Ehrenwort.

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