Ausweichquartier: Obdachlose sollen ins Bielefelder Kulturhaus Ostblock

Bielefeld. Als im März 2022 seitens der Stadt dringend Unterkünfte für Flüchtlinge aus der Ukraine gesucht wurden, räumten die rund 120 Kulturschaffenden ihre Ateliers im Kulturhaus Ostblock an der Werner-Bock-Straße – ohne lange zu zögern. Zwei Jahre später konnten sie wieder an ihren alten Standort zurückkehren. Seitdem sind wieder alle Ateliers vermietet, ist der alte FH-Labortrakt wieder zu einem Ort des kulturellen Miteinanders samt Veranstaltungen geworden. Doch nun sollen sie sieben ihrer insgesamt 38 Ateliers wieder aufgeben. Der Anlass: Die &bdquo;Kava“ an der unweit entfernt liegenden Kavalleriestraße, ein Tagesaufenthalts- und Beratungsangebot für Obdachlose und von Wohnungslosigkeit bedrohter Menschen, muss saniert werden. Für die Dauer der Sanierungsarbeiten möchte das Sozialamt die Einrichtung nun in diesen Atelierräumen des Kulturhauses Ostblock unterbringen – für etwa zwei Jahre. Und beruft sich dabei auf eine Option, die im Mietvertrag für das Kulturhaus beim Wiedereinzug seitens der Stadt festgeschrieben wurde. Lesen Sie auch: &bdquo;Das Kulturhaus Ostblock kommt zurück, sicher“ Stadt hat Zugriffsrechte auf Räume Diese Option im Mietvertrag besagt, dass die Stadt Zugriffsrecht auf sechs Räume für Obdachlose hat. &bdquo;Wir mussten diese Klausel damals akzeptieren, sonst hätten wir unser Quartier nicht zurückerhalten und eine Alternative hatten wir ja nicht“, sagt Mitja Frentrup vom Vorstand des Kulturhauses. Für 2024 sei die Einquartierung bereits vorgesehen gewesen. Es sei aber nichts passiert, sodass wir den Eindruck hatten, die Stadt habe eine andere Lösung gefunden. &bdquo;Nun aber sollen wir nicht nur sechs, sondern gleich sieben Räume freigeben“, so Frentrup. &bdquo;Und haben das im Juni eher beiläufig aus einer Mail aus dem Sozialdezernat des Rathauses erfahren.“ Geredet habe niemand richtig mit ihnen darüber. .responsive23-Lrnekrxq8EYqebwW-map-ostblock-an-der-werner-bock { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-Lrnekrxq8EYqebwW-map-ostblock-an-der-werner-bock { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-Lrnekrxq8EYqebwW-map-ostblock-an-der-werner-bock { padding-top: 142.86%; } } Plan der Stadt Bielefeld ist &bdquo;existenzgefährdend“ Grundsätzlich stehe das Kulturhaus hinter dem Konzept der &bdquo;Kava“, aber diese Einquartierungslösung sei für den Ostblock, der finanziell ohnehin stark unter Druck stehe, existenzgefährdend. &bdquo;Es würde für uns den Verlust von gut 1.000 Euro monatlicher Mieteinnahmen bedeuten. Zudem hätten dann rund 15 Kreative keine Arbeitsräume mehr.“ Das Kulturhaus als Ganzes, die dort arbeitenden Künstlerinnen und Künstler sowie unsere Bildungs- und Kulturarbeit im Quartier wären gefährdet, mahnt Frentrup. &bdquo;Wir fordern daher, dass die Stadt nach alternativen Lösungen in echten Leerständen und nicht bei uns sucht, das Gespräch mit uns führt und nicht einfach über unsere Köpfe hinweg handelt“, sagt Frentrup weiter, der auch drauf hinweist, dass das Haus zudem auf eine solche Nutzung überhaupt nicht vorbereitet sei. Außerdem interessant: Bielefelder Künstler stehen vor dem Nichts Duschen fehlten, es gäbe zu wenige Toiletten, es mangele an Fluchtwegen, eine Trennung der Räume wie auch des Gartens seien nicht gewährleistet. Dixi-Klos und nicht barrierefreie Duschcontainer, die das Sozialamt nun als Lösung vorschlage, &bdquo;empfinden wir als Unmöglichkeit“. Hat das Sozialamt Alternativen ernsthaft geprüft? Frentrup fragt daher: &bdquo;Wurden seitens der Stadt eigentlich alternative Unterbringungsmöglichkeiten ernsthaft geprüft? Warum gibt es keine Alternativen zum Standort Kulturhaus?“ Er verweist darauf, dass die Bezirksvertretung bereits Mitte Juni die Verwaltung aufgefordert habe, &bdquo;alternative Unterbringungsmöglichkeiten für die Kava zu prüfen und den zuständigen Gremien vorzustellen. Wir erwarten, dass das stattfindet.“ Zum Thema: Ungewisse Zukunft für Bielefeld Kulturhaus: Kreative zwischen Kunst und Kriegsangst Seitens der Stadt hätten sich bisher lediglich Kulturamtsleiterin Brigitte Brand und kürzlich die neue Kulturdezernentin Birgit Beckermann mit dem Kulturhaus-Verein getroffen. &bdquo;ISB und Sozialamt ignorieren uns hingegen“, beschwert sich Frentrup über mangelnde Gespräche der eigentlich Zuständigen bei der Stadt mit ihnen. &bdquo;Wir haben das Gefühl, die nehmen uns überhaupt nicht ernst.“ Stattdessen werde einfach gehandelt, die Räume bereits vom ISB erkundet. Gespräche auf Augenhöhe eingefordert Über die bisherigen Gespräche zwischen Stadt und Kulturhaus lässt die Pressestelle der Stadt auf Anfrage der NW denn auch lediglich dies verlauten: &bdquo;Kulturdezernentin Birgit Beckermann hat sich die Sorgen und das Anliegen der Initiative angehört und zugesagt, sich nach den Herbstferien mit ihrem Kollegen und Sozialdezernenten Ingo Nürnberger zu treffen, um mit ihm über die Pläne zu sprechen.“ Es sei vereinbart, sich mit dem Vorstand des Kulturhauses in der zweiten Novemberhälfte über das Ergebnis dieses Gespräches auszutauschen. Vorher werde die Stadt nichts weiter zu der Thematik sagen. Um das Kulturhaus &bdquo;generell zukunftssicherer aufzustellen“, fordert der Vorstand des Kulturhausvereins indes die Stadt dazu auf, &bdquo;Gespräche auf Augenhöhe mit allen Beteiligten zu führen“. Zudem weist der Vorstand darauf hin, dass er lediglich halbjährige Mietverträge mit einmonatiger Kündigungsfrist erhielte und alle sechs Monate bangen müsse, während das Sozialamt bei der Kava von mindestens zwei Jahren Unterbringung spreche. Da werde mit zweierlei Maß gemessen. &bdquo;Wir fordern daher Mietverträge von mindestens zehn Jahren, damit wir langfristig in das Gebäude und die Bielefelder Kulturszene investieren können.“ Außerdem interessant: Das sind die Gewinner der Sterne des Jahres 2019 Sollte es zum Einzug der Kava in das Gebäude des Kulturhauses kommen, fordert der Vorstand zudem, &bdquo;dass für jeden wegfallenden Raum echte Alternativräume bereitgestellt werden.“ Bielefelder Künstler wollen finanziellen Ausgleich Ebenso unverzichtbar sei aber auch ein finanzieller Ausgleich für die wegfallenden Mieteinnahmen. Frentrup: &bdquo;Der Verein hat aktuell ohnehin mit finanziellen Problemen zu kämpfen, die eine Planungssicherheit unmöglich machen, das Einwerben von Projektfördermitteln erschweren und Investitionsfördermittel unerreichbar machen.“ Frentrup betont des Weiteren: &bdquo;Wir haben in diesem Jahr etwa 33.000 Euro aus eigenen Mitteln in Brandschutzmaßnahmen investiert, um Veranstaltungen in unseren großen Räumen durchführen zu können und damit unsere Arbeit nach außen, in Stadt und Quartier, zu intensivieren.“ Lesen Sie hier: Aufatmen in der Szene: Kulturhaus Bielefeld kann weitermachen Das Kulturhaus Bielefeld habe über die vergangenen Jahre hinweg gezeigt, dass es weit mehr sei als nur ein Haus: &bdquo;Es ist ein zentraler Ort für Kreativität, Vernetzung und kulturelles Leben.Jedoch ist das Kulturhaus nicht nur ein Ort für Kunst und Kultur, sondern zunehmend auch ein Bildungsstandort für Kinder- und Jugendprojekte. Die gleichzeitige Unterbringung einer Einrichtung wie der Kava wirft berechtigte Fragen zur Vereinbarkeit auf.“

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