Kurz vor dem Prozess: Angeklagter tot in Bielefelder Gefängniszelle gefunden

Bielefeld. Ein Bielefelder war angeklagt, gemeinsam mit einem Mittäter seine eigene Tochter sexuell – teils schwer – missbraucht zu haben. Zwei Tage vor Prozessbeginn hatten Bedienstete einen 37-jährigen Untersuchungshäftling tot in seiner Zelle der Justizvollzugsanstalt (JVA) Brackwede aufgefunden. Nun hat vor dem Landgericht der Prozess gegen den mutmaßlichen Komplizen des 37-Jährigen begonnen. Am Sonntag, 12. Oktober, hatten Bedienstete der JVA Brackwede den Untersuchungshäftling Theo U. (Namen aller Betroffenen geändert) um 7.16 Uhr leblos und stranguliert in seiner Zelle aufgefunden. &bdquo;Der unverzüglich hinzugerufene Notarzt konnte nur noch den Tod feststellen“, hieß es in einer Pressemitteilung der Justizanstalt. Die Staatsanwaltschaft habe, wie in diesen Fällen üblich, ein Todesermittlungsverfahren eingeleitet. Aber: &bdquo;Anhaltspunkte für ein Fremdverschulden liegen derzeit nicht vor.“ Der mutmaßliche Suizid des Bielefelders dürfte in unmittelbarem Zusammenhang mit dem zwei Tage später erwarteten Prozessauftakt stehen, in dem sich Theo U. und sein Bekannter Olaf F. (63) vor dem Landgericht verantworten sollten. Vorwurf: Fast zweieinhalb Jahr Kind sexuell missbraucht Die Staatsanwaltschaft geht von folgendem Geschehen aus: In der Zeit von November 2022 bis zum März dieses Jahres soll U. seine zu Beginn des Tatzeitraums vier Jahre alte Tochter Jenny in zahlreichen Fällen sexuell, mitunter schwer, missbraucht haben. Die Taten soll er zum Teil auch gemeinschaftlich begangen haben. Auch soll er Dritten Fotos und Videos dieser Übergriffe zugesandt und sich mit anderen Personen für derartige Handlungen verabredet haben. Eine dieser Personen war laut Anklage der 63-jährige Olaf F. aus Bielefeld. Nachdem sich die beiden Männer zunächst noch allgemein über den Missbrauch von Kindern ausgetauscht haben sollen, soll es im Laufe des Jahres 2022 konkret auch um Übergriffe gegenüber der Tochter von Theo U. gegangen sein. In der Folge soll Olaf F. gemeinsam mit U. dessen Tochter bei zwei Gelegenheiten missbraucht haben. Ermittler fanden belastendes Bildmaterial Am 7. Februar dieses Jahres durchsuchten Ermittler die Wohnung von Theo U., eine Woche später die seines mutmaßlichen Mittäters. Bei beiden fanden die Beamten belastende Bild- und Videodateien, beide Männer wanderten in Untersuchungshaft. Nun sollten sich Theo U. und Olaf F. wegen dieser Vorwürfe vor der XXI. Großen Strafkammer des Landgerichts verantworten. Da Olaf F. erst unmittelbar vor Verhandlungsbeginn vom Freitod seines Bekannten U. erfahren hatte, bat sein Verteidiger Henning Jansen darum, den ersten Verhandlungstag &bdquo;möglichst kurz und knapp“ zu gestalten. Im Anschluss verlas Staatsanwalt Philipp Zobel in nicht öffentlicher Sitzung den Anklagesatz. Der Prozess wird am 3. November fortgesetzt. Lesen Sie auch: Kripo ermittelt nach Todesfall in der JVA Selbsttötungen hinter Gitter bleiben ein Problem Trotz intensiver Gespräche durch psychologisch geschultes Personal und Dauerkontrollen bleiben Selbsttötungen ein Problem hinter Gittern. Im Januar meldete die JVA Senne einen Suizid eines langjährigen Häftlings sogar im offenen Vollzug. Der Fall hatte für Aufsehen gesorgt, weil der Inhaftierte bereits einige Hafterleichterungen erhalten hatte und als zukunftsorientiert galt. Im September hatte sich ein 33-jähriger Untersuchungshäftling in der JVA Brackwede stranguliert. Ihm war vorgeworfen worden, seine Lebensgefährtin erstochen zu haben. Der mutmaßliche Täter hatte sich nur einen Tag vor dem Suizid der Polizei gestellt. Zu den bekanntesten Fällen in Bielefeld gehört der Suizid des Klinik-Assistenzarztes (32), dem vorgeworfen wurde, zahlreiche seiner Patientinnen auf der Station einer Klinik in Bielefeld-Bethel betäubt und vergewaltigt zu haben. Er nahm sich nur wenige Tage nach Antritt der U-Haft in der JVA Brackwede das Leben.

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