Bielefelder Schüler tauscht Klassenzimmer gegen Segelschiff

Bielefeld. Sechs Monate Unterricht – aber nicht im Klassenzimmer des Gymnasiums Bethel. Johannes Brandt aus Bielefeld wird Anfang Oktober die Schulbank mit einer Koje auf einem Segelschiff tauschen. Das Klassenzimmer auf Segeln, kurz &bdquo;KUS“, ist ein Projekt, das Schülerinnen und Schülern einen Auslandsaufenthalt auf hoher See ermöglicht. Die Route führt den Dreimaster quer über den Atlantik bis nach Panama und wieder zurück. Benannt ist dieser nach dem norwegischen Forschungsreisenden Thor Heyerdahl. Am 12. Oktober geht es für ihn und 33 andere Schülerinnen und Schüler los. Nachdem er im Herbst 2024 einen Zeitungsartikel über das &bdquo;KUS“ las, war er sofort begeistert. Ein Auslandsaufenthalt stünde schon länger im Raum, aber dass es auf ein Schiff gehen soll, hat Mutter Frauke Brandt dann doch überrascht. &bdquo;Natürlich haben wir gleich gesagt, wir unterstützen ihn dabei, wenn er das wirklich will. Aber man ist doch etwas zwiegespalten“, berichtet sie. Ein Schiff sei dann doch etwas anderes als eine normale Schule im Ausland. Nach den ersten Infoveranstaltungen sei sie aber vom Konzept der &bdquo;KUS“ überzeugt gewesen. Gesegelt ist Johannes übrigens das erste Mal auf dem Probetörn beim Bewerbungsverfahren. Er und 51 weitere Jugendliche wurden in eine finale Auswahlrunde geladen. Eine Woche lang hatten sie die Möglichkeit, sich und das Team kennenzulernen. Es wurde gezeltet, gekocht, gealbert und natürlich auch gesegelt. Aber vor allem sollten sich die Teilnehmer kennenlernen und einen genaueren Eindruck von dem Projekt bekommen. &bdquo;Alle sind sehr nett und haben vor allem richtig Bock. Das verbindet uns“, sagt Johannes. 34 Schülerinnen und Schüler aus ganz Deutschland An Bord wird die Gruppe aufgeteilt. Eine Gruppe segelt das Schiff, die andere hat Unterricht. Der klassische Unterricht läuft nach bayerischem Lehrplan und vermittelt den Schülern die wichtigsten Lerninhalte der 10. beziehungsweise 11. Klasse. Spanischunterricht ist dabei für alle Jugendlichen Pflicht. Lesen Sie auch: 15-jähriger Bielefelder segelt in 189 Tagen zweimal über den Atlantik Darüber hinaus findet sogenannter situationangepasster Projektunterricht statt. Dabei stehen Lerninhalte in Zusammenhang mit den Gegebenheiten an Land oder auf dem Meer. Physik durch Segeln, Vulkanismus in Geografie mit Bezug auf die Kanaren oder Geschichtsunterricht zum Sozialismus und dem Kalten Krieg auf Kuba. Alle Schülerinnen und Schüler mussten zudem ein Referat vorbereiten, das sie an Bord halten werden. Johannes suchte sich das Thema &bdquo;Commonwealth of Nations“ aus. Mit Bezug auf die Inselgruppe Dominica in der Karibik thematisiert er den Kolonialismus. Die Route führt quer über den Atlantik. Neben mehreren Monaten auf hoher See verbringen die Schüler ihre Zeit in den verschiedenen Ländern. Während des Landgangs schlafen die Jugendlichen in Zelten oder bei Gastfamilien. Die mehrwöchigen Landaufenthalte sollen den Jugendlichen, laut &bdquo;KUS“ helfen, andere Kulturen kennen und verstehen zu lernen, Vorurteile abzubauen und ihre eigene Kultur zu reflektieren. Die Thor Heyerdahl sticht von Kiel aus in See. Der erste Törn führt sie nach Teneriffa. Über den Atlantik geht es dann nach Dominica, Panama, Kuba und zurück über die Azoren. Am 25. April 2026 läuft das Schiff wieder in Kiel ein. Am meisten freut Johannes sich auf Panama. Dort sind Exkursionen durch den Dschungel und Treffen mit der indigenen Bevölkerung geplant. &bdquo;Kuba finde ich aber auch interessant. Ich bin gespannt, eine ganz andere politische Kultur kennenzulernen“, sagt der 16-Jährige. Bei so viel Arbeit bleibt wenig Zeit für Heimweh Auf die Frage, wie es für ihn sein wird, sechs Monate von zu Hause weg zu sein, antwortet er ganz gelassen: &bdquo;Ich könnte mir fast vorstellen, dass es für die Leute zu Hause schwieriger sein wird. Bei so viel Arbeit bleibt wenig Zeit für Heimweh“, erklärt Johannes. Auch interessant: Costa Rica, Kuba, Panama: Rödinghauser Schüler ist zurück von großem Segel-Abenteuer Den Kontakt zur Außenwelt zu halten, wird auch schwierig sein. Die Netzabdeckung auf dem Atlantik ist wohl noch schlechter als die im Johannistal. Und wenn die Jugendlichen Empfang haben, ist die Nutzung streng reguliert. Die geringen Möglichkeiten, Kontakt aufzunehmen, möchten wir dennoch nutzen, um unsere Leser auf dem Laufenden zu halten. Die NW wird auf ihrem Instagramkanal und in weiteren Artikeln ein kleines Logbuch führen. So können Sie ein kleiner Teil der großen Reise von Johannes Brandt sein.

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