Früher Aushilfs-Elektriker, heute Lehrer – das ist der neue Leiter der Bielefelder Laborschule

Bielefeld. Ein Schulleiter mit Handwerkererfahrung: Das ist schon ganz gut, denn an der 50 Jahre alten Laborschule neben der Uni steht in Kürze ein großes Bauprojekt an. Neubau oder Sanierung sei aktuell noch die Frage, sagt Ulrich Hartmann. Letzteres ganz klar Favorit der Schule, so der neue Leiter, der bereits seit 2019 Konrektor war. &bdquo;Das macht es deutlich einfacher, unser bestehendes, offenes Raumkonzept beibehalten zu können.“ Lebensraum für Kinder und Jugendliche statt Unterrichtsanstalten; aus eigener Erfahrung lernen statt durch Belehrung; inklusiv und für Schüler aus allen Schichten: Nach den Visionen des Pädagogen Hartmut von Hentig wurden Laborschule und das benachbarte Oberstufenkolleg 1974 als Versuchsschulen des Landes gegründet. Mit dem Ziel, &bdquo;neue Formen des Lehrens, Lernens und Zusammenlebens in der Schule entwickeln“. Das ist auch heute noch aktuell. Welche Welten kann Digitalität eröffnen? Wo sind die Chancen, wo die Grenzen? Wie kann man Schüler bestmöglich im Übergang von Schule zu Beruf begleiten? Sie zu &bdquo;Demokratie verstehenden und lebenden Menschen“ machen? &bdquo;Wir werden auch weiterhin hier testen und auswerten, welche Konzepte gut funktionieren“, sagt Hartmann, der aus Bielefeld stammt und selbst Sport und das Kombifach &bdquo;Deutsch/Sozialwissenschaften“ unterrichtet. Handyverbot an Bielefelder Laborschule angedacht Auch gemeinsames Lernen, von Jahrgang 0 bis 10, sei ein wichtiger Punkt. Mit viel Praxisbezug. Im Sportunterricht werden beispielsweise ältere Schüler zu Trainern für jüngere. Davon profitierten alle. Das lasse sich auch auf andere Fächer, wie Mathematik oder Englisch, übertragen. Digital seien andere Schulen aktuell bereits schon weiter, räumt Hartmann ein. Im Oktober sei die große IT-Umstellung an der Laborschule geplant – und dann auch eine 1:1-Ausstattung mit Tablets. Ebenso komm dann möglicherweise auch ein Handyverbot. &bdquo;Aktuell benötigen wir die Geräte aber teilweise noch für den Unterricht.“ Lesen Sie auch: Alternatives Lernen: Bielefelds &bdquo;unmögliche Schulen“ werden 50 Knapp 700 Schülerinnen und Schüler, jährlich etwa 180 Bewerbungen für 60 Plätze und – wie in anderen Schulen auch – zunehmende Herausforderungen aufgrund von gesellschaftlichen Problemen: Die Laborschule setzt mit gut 90 Lehrenden, darunter auch Sonderschul- und Sozialpädagogen, auch bei der Leitung stark auf Teamgeist. Der neue didaktische Leiter, Günal Incesu, Primarstufenleiterin Nicole Freke und Sekundarstufenleiter Holger Knerndel arbeiten eng mit Hartmann zusammen. &bdquo;Kinder brauchen Zeit“: Davon ist das Team der Laborschule überzeugt. Und deshalb auch von einer Schule für alle Kinder von Jahrgang eins bis zehn. Ein Schulwechsel nach der vierten Klasse stelle einen Bruch dar und sei vom Entwicklungsstadium her viel zu früh. Grüne Küche, Malerei, Sport, Technik, Theater: Auffällig sei bei den sogenannten Leistungskursen, die im Jahrgang 8/9/10 an der Laborschule gewählt werden können, dass praktische Tätigkeiten stark favorisiert würden. Möglicherweise auch aufgrund dessen, dass die Jugendlichen sonst viel Zeit in der virtuellen Welt verbringen, so Hartmann. Keine Zensuren bis Ende Jahrgang neun an Laborschule Bielefeld Kinder so zu fördern, fordern und zu begleiten, dass sie ihr jeweils Höchstmögliches leisten können, gehört zur Grundidee der Laborschule – bis Ende des Jahrgangs neun ohne Notendruck. Wie unterschiedlich die Wege sind, zeigen allein Hartmanns beide, bereits erwachsenen Kinder. Sein Sohn macht eine Zimmererlehre, die Tochter studiert. Er selbst habe bereits als Schüler als Elektrikerhelfer gearbeitet, nach reichlicher Überlegung ein Ausbildungsplatzangebot dann aber abgelehnt. Auch interessant: Wieso diese neue Bielefelder Grundschule auf Hausaufgaben verzichtet Und er hat jetzt als Schulleiter seine Berufung gefunden. Gemeinsam ein politisches Bewusstsein für die Wichtigkeit von Bildung zu schaffen, unabhängig von der Schulform, das wünscht sich der 54-Jährige, der in seiner Freizeit gerne &bdquo;viel Fahrrad“ fährt und die Ferien am liebsten in der Natur verbringt, &bdquo;beim Camping am See oder beim Wandern“. Und privat &bdquo;bis zur Pensionierung den schwarzen Gürtel in Taekwondo“ zu erringen.

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