
Bielefeld. „Wir packen für Sie die neue Spielzeit aus – nicht via Youtube, sondern live on Stage“, hatte Michael Dickob, Vorsitzender der Theater- und Konzertfreunde (Theko) in seiner Begrüßung launig angekündigt – und Taten folgen lassen. Am Samstag fanden sich, nun schon zum 50. Mal, mehr als 1.200 Freundinnen und Freunde der Kultur in der Oetkerhalle ein, um bei Häppchen aus dem Programm 2025/26 die neue Theater- und Konzertsaison zu eröffnen.
Mit Spannung wurde die Verleihung der beiden dotierten Theko-Theatertaler erwartet: Für die Sparte „Schauspiel“ durfte sich das langjährige Ensemblemitglied Nicole Lippold über die Urkunde und 4.000 Euro freuen. Als „beeindruckende Darstellerin von Ambivalenzen und großer emotionaler Tiefe“ bezeichnete Laudator Werner Dressler die aus Weimar stammende Schauspielerin, die an der Berliner Hochschule Ernst Busch ihre Ausbildung absolvierte.
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Diese bedankte sich für den „unerschütterlichen Glauben der Theaterleitung an mich“ und lobte ihren seit 25 Jahren ausgeübten Beruf als „den schönsten der Welt“. Ergriffen nahm Alexandra Ionis, zuletzt zu erleben als facettenreiche Herzkönigin in „Alice im Wunderland“, den Theko-Taler im Bereich Gesang entgegen (dotiert mit 4.000 Euro). Die aus Moldawien stammende Künstlerin ist seit 2023 Mitglied des Bielefelder Ensembles. Sie werfe sich „mit Stimme, Körper und Geist in jede Rolle hinein“, beschrieb Laudatorin Ute Welscher und habe in den Herzen des Publikums längst ein Zuhause gefunden.
Theko-Theatertaler für herausragende Leistungen
Ionis dankte mit Rachmaninovs romantischem Lied „Flieder“ zur Pianobegleitung. Auch ein paar ernste Worte angesichts grassierender Ignoranz gegenüber der gesellschaftlichen Rolle von Kultur in Zeiten knapper Kassen hatten ihren Platz: Nichts gehe über das reale Erlebnis im Konzert- und Theatersaal – den wohligen Schauer, die Leidenschaft der Akteure, den Spaß und die Freude sowie die innere Beteiligung des Publikums bei einem anspruchsvollen Thema.

Das fanden auch die anderen Redner des Abends, Oberbürgermeister Pit Clausen und Intendantin Nadja Loschky, die vor ihrer ersten Spielzeit als alleinige Chefin der Häuser steht, nach Michael Heicks’ Abschied in den Ruhestand. Sie lobte die „wunderbare Tradition“ des Theko-Saisonauftakts und die große Verbundenheit des Publikums mit „seinen“ Bielefelder Bühnen.
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Bevor aber die Bühne den Künstlerinnen und Künstlern gehörte, verwies Dickob auf die Notwendigkeit der Kulturförderung, die in Bielefeld vergleichsweise gut aufgestellt sei. Er zitierte: „Einsparungen im Kulturetat sanieren keinen Haushalt, dafür ist der immaterielle Schaden umso größer“. Auf das Spielzeitmotto „Unfassbar real“ hob OB Clausen ab und verweis auf „heutige Realitäten in aller Welt, die unfassbar sind“. Die Kultur bringe auch Krisen und Verwerfungen auf die Bühne. Zugleich biete sie Herzerwärmendes und unfassbar Schönes.

Vielversprechender Auszug aus „State of the Union“
„Kultur ist keine Deko, sondern Identität. Dazu gehört eine verlässliche Förderung ihrer Vielfalt“, rief der scheidende OB dem heftig applaudierenden Publikum zu.Auszüge aus der Verdi-Oper „Der Troubadour“, der „Diebischen Elster“ von Rossini, Brittens „Peter Grimes“, aus dem Musical „Anastasia“ (Flaherty/Ahrens/Adenberg) und zwei schmissig und beseelt intonierte Titel aus Leonard Bernsteins „Candide“ verliehen dem Abend durch klangsichere Interpretinnen und Interpreten den sprichwörtlichen Glanz.
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Christina Huckle und Thomas Wehling gewährten als angezähltes Paar vor der Tür einer Eheberatung Einblick ins Schauspiel „State of the Union“ von Nick Hornby. Und der künstlerische Nachwuchs gab mit einer Präsentation der Theaterballettschule unter der Leitung von Sarah Deltenre sein Stelldichein. Charmant und schwungvoll dirigierte der neue Generalmusikdirektor Robin Davis die Philharmoniker. Opernchor und Extrachor verhalfen den Kostproben zu einer Extraportion Brillanz und Donnerhall. Ein schmackhafter Appetizer zum Saisonauftakt, den die Gäste im Foyer ausklingen ließen.