Schauen und staunen: Klassiker „Alice im Wunderland“ am Bielefelder Theater

Bielefeld. Rätselhaft, farbenfroh und voller Anspielungen – die als Familienoper angelegte Fassung des Kinderbuchklassikers &bdquo;Alice im Wunderland“ hat die Stadttheater-Bühne erklommen und bringt viele spannende Zutaten mit. Kaum ein Werk der Weltliteratur hat so viele Adaptionen erfahren wie Lewis Carrolls Abenteuer der kleinen Alice, die ihrem faden Alltag entflieht und dabei die Fantasie erblühen lässt. Die Opernfassung von Pierangelo Valtinoni feierte jetzt Premiere im voll besetzten Großen Haus. Die Inszenierung von Bielefelds Intendantin Nadja Loschky wurde zuerst an der Oper Zürich uraufgeführt. Nun ist sie in Bielefeld zu sehen, wird in der neuen Spielzeit wieder aufgenommen. Das Libretto von Paolo Madron führt in seiner Verkürzung des Plots zuverlässig durch die Stationen von Alices’ Reise. Mayan Goldenfeld gibt ihrer Hauptrolle eine zauberhafte Anmutung, ohne jede bemühte Kindlichkeit. Gesanglich schwungvoll und präsent, treibt sie mit gut verständlicher Artikulation die Handlung voran. Zur Sicherheit sind die Passagen deutsch übertitelt. Ungewöhnlich in der Oper, jedoch hilfreich für die kleinen Zuschauer, sind Sprechrollen eingebaut. Im Wunderland ist nichts so logisch wie das Unlogische Loschky hat ihre Alice als widerständiges kleines Mädchen angelegt, das den Zwängen, der Maßregelung und dem Desinteresse der Erwachsenen im großbürgerlichen Elternhaus entflieht und ins Reich der Fantasie entschwindet. Lesen Sie auch: Im neuen Weihnachtsstück verzaubert &bdquo;Die kleine Hexe“– Tickets nach den Sommerferien Sie folgt dem ständig unter Zeitdruck stehenden weißen Kaninchen (in der Sprechrolle: Alexander Stürmer) in dessen Bau und landet in einer skurrilen Unterwelt. Dort begegnen ihr die Figuren ihres realen Lebens, jedoch grotesk verändert. Es sind die gehässigen Zwiddeldei und Zwiddeldum, die zwielichtige Grinsekatze, die Herzogin und ihre Köchin, der verrückte Hutmacher mit seiner skurrilen Teegesellschaft, die philosophische Raupe und schließlich die gestrenge Herzkönigin, die fanatisch nach &bdquo;Enthauptungen“ giert. Sie alle animieren das Kind dazu, seine Interessen durchzusetzen und sich von keinem Hindernis abschrecken zu lassen. In diesem Wunderland ist nichts so logisch wie das Unlogische. Die Opernfassung und die klug genutzte Drehbühne sowie viele kreative Ausstattungsdetails laden zum blanken Schauen, Staunen, Musik- und Gesanggenießen ein, ohne nach Plausibilität zu suchen. Dieses Angebot steht. Wer mehr möchte, dem bietet Loschky die Geschichte einer Reifung an, des Aufbegehrens gegen die Strenge und Humorlosigkeit der Erwachsenen. Ein opulentes Gemeinschaftswerk für die ganze Familie Die Bielefelder Philharmoniker unter der souveränen Leitung von Gregor Rot treiben die Handlung mit differenziert aufscheinendem, originellem Orchesterklang voran, statt sie nur zu kommentieren. Markante Bläserparts, dräuende Streicher, aufblitzende Soloklänge zum Agieren der jeweiligen Figur schaffen ein stimmiges Klangbild. Alexandra Ionis gibt die boshafte Herzkönigin gesanglich und schauspielerisch differenziert. Auch Bryan Boyce (Herzogin/Raupe), Kjell Brutscheidt (Grinsekatze) und Lorin Wey (Hutmacher) geben den Figuren viel Farbigkeit. Fantasievolle Kostüme von Irina Spreckelmeyer, übernommen von der Oper Zürich, sind echte Hingucker. Die Damen des Opernchors und die Kinder der JunOs sind klangliche und optische I-Tüpfel. Insgesamt gelingt ein opulentes Gemeinschaftswerk für die ganze Familie, das mit viel Applaus bedacht wurde. Das könnte Sie auch interessieren: Erfolgreiches Format am Bielefelder Theater –Kabarettist erklärt die Oper Nächste Aufführungen: 11., 19., 27. Juni, 6. Juli, dann ab September. Tickets auch bei der NW, Tel. 0521 555444.

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