Bielefelder Kämmerer Kaschel warnt vor Millionenrisiko bei Kulturfinanzierung

Bielefeld. Es ist ein deutliches Zeichen, das Rainer Kaschel am Mittwoch in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses gesetzt hat: Bielefelds Kämmerer stellte sich gegen den eigenen Verwaltungsvorstand. Mit seiner formal &bdquo;abweichenden Meinung“ zur geplanten Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) zwischen der Stadt und der eigenbetriebsähnlichen Einrichtung Bühnen und Orchester (BuO) übt Kaschel scharfe Kritik an Inhalt, Verfahren und Zeitpunkt der Vereinbarung. Doch seine mahnenden Worte prallen einen Tag später im Rat ab. Der beschließt mit breiter Mehrheit die künftige Finanzierung für Bühnen und Orchester. Nur die FDP und weitere einzelne Ratsmitglieder enthalten sich der Stimme. Die Liberalen hätten die Entscheidung gern vertagt. Doch dazu kommt es nicht. In seiner erstmals öffentlich geäußerten abweichenden Meinung – ein in der Gemeindeordnung des Landes NRW verankertes Instrument – warnt Kaschel vor den finanziellen Risiken der neuen Vereinbarung. Zwar betont er ausdrücklich die hohe kulturelle Bedeutung von Theater, Oper und Konzerthaus – als regelmäßiger Besucher der Rudolf-Oetker-Halle sei er selbst ein Freund der Institutionen. Doch für ihn steht fest: Dieser Vereinbarung kann er nicht zustimmen. Auch interessant: Michael Heicks nimmt Abschied vom Theater Bielefeld – &bdquo;Schaue positiv in die Zukunft Das steht in der Vereinbarung Im Kern der Vereinbarung steht ein steigendes Leistungsentgelt für BuO – von rund 30 Millionen Euro im Jahr 2027 bis auf mehr als 32 Millionen im Jahr 2030. Hinzu kommen Investitionszuschüsse in Höhe von 350.000 Euro jährlich, um das kulturelle Angebot zu sichern und weiterzuentwickeln. Gleichzeitig strebt BuO eine Eigenfinanzierungsquote von 14 Prozent und jährlich rund 250.000 Besucher bei 650 Veranstaltungen an. Aus Sicht von Björn Klaus (SPD) nachvollziehbar. Das Theater sei auch in der Vergangenheit oft auf Kante gefahren worden. Es gehe um Planungssicherheit. Doch Kaschel schlägt Alarm: Die Mehrbelastung für den städtischen Haushalt belaufe sich auf mehr als 9 Millionen Euro in vier Jahren – zuzüglich schwer kalkulierbarer &bdquo;Drittkosten“. Dies komme in einer Zeit, in der die Stadt Bielefeld selbst eine Haushaltssperre verhängen musste. Besonders deutlich kritisiert der Kämmerer das Zustandekommen der Vereinbarung. &bdquo;Eine erstmalige Information über das dem LuFV zugrundeliegende Zahlenwerk erfolgte extrem kurzfristig“, kritisiert Kaschel. &bdquo;Es bestand für das Amt für Finanzen und mich keine Möglichkeit mehr, inhaltlich prüfend und gestaltend mitzuwirken.“ Und er wird schon fast ironisch, als er darauf hinweist, dass &bdquo;in der Eile der Zeit“ zumindest noch bei einer Formulierung ein Hinweis gegeben werden konnte, weil sie dem kommunalen Haushaltsrecht widersprochen hatte. &bdquo;Allein dieses unter enormem Zeitdruck erfolgte Zustandekommen stimmt mich bedenklich, ob daraus wirklich etwas Gutes werden kann“, sagt Kaschel. In Anbetracht der finanziellen Tragweite sei dieses Verfahren nicht angemessen. Viele Fotos: Große Abschiedsshow für Bielefelds Theaterintendant Michael Heicks Die Kritik des Bielefelder Kämmerers Sein Chef, Oberbürgermeister Pit Clausen (SPD), verweist dagegen auf den Wunsch, dass das Zahlenwerk noch vom alten Rat verabschiedet werden sollte. Inhaltlich moniert Kaschel dagegen pauschale Ansätze ohne transparente Aufschlüsselung – etwa jährlich 650.000 Euro für Bühnen und Rudolf-Oetker-Halle (ROH), ohne genaue Begründung. Die Herleitung von Mehrbedarfen bleibt aus seiner Sicht unklar – insbesondere angesichts der Tatsache, dass für die ROH über Jahre Rücklagen aufgebraucht wurden, ohne dass nachvollziehbar sei, wie diese Verbräuche nun ersetzt werden sollen. Hinzu komme, dass die Vereinbarung Regelungen enthält, die künftige Haushaltsplanungen erschweren: Die Stadt verpflichtet sich zu einem Ausgleich bestimmter Preissteigerungen – etwa von internen Dienstleistern – ohne klare Obergrenzen oder präzise Definition der Erstattungslogik. Zudem wurde der in bisherigen Vereinbarungen enthaltene Vorbehalt der Finanzierbarkeit gestrichen – ein für die Kämmerei kritischer Einschnitt. Mehr zum Thema: Das Leben in Bielefeld wird jetzt für viele teurer – Der große Überblick Kommunen in einer finanzpolitischen Krise Gerade die zeitliche Einordnung der neuen LuFV stößt beim Kämmerer auf Unverständnis. Sie falle mitten in &bdquo;die schwerste kommunalfinanzpolitische Krise der Bundesrepublik“. Während andere städtische Einrichtungen auf zusätzliche Ergebnisabführungen verpflichtet wurden, fordert BuO eine massive Erhöhung der Zuschüsse. &bdquo;Diese Ansprüche laufen diesen Bemühungen komplett entgegen“, sagt Kaschel. Ralf Nettelstroth (CDU) kann die Bedenken Kaschels inhaltlich nachvollziehen. Aus seiner Sicht müsse der neue Rat die Finanzierung von Bühnen und Orchester noch einmal genau analysieren und künftig auf eine sichere Basis stellen. News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den kostenlosen Whatsapp-Kanal der NW-Bielefeld

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