„Wir kriegen hier alles hin“: Bielefelder Schulleiterin verrät ihr Erfolgsrezept

Frau Bergmann, die Sommerferien stehen vor der Tür, aber Ihre Freude ist getrübt. Mit dem Schuljahr endet auch ihr &bdquo;Herzensprojekt Frischeküche“. Die Aufregung sei unbegründet, so der gerade verabschiedete Schuldezernent Udo Witthaus. Der neue Caterer werde das Konzept übernehmen. Warum sehen Sie und Eltern das so anders? Kirsten Bergmann: Ich habe mich persönlich immer sehr für Gesundheitserziehung eingesetzt, und auch für gesundes Schulessen – und das umfasst deutlich mehr als den Bioanteil in Lebensmitteln und das Kochen vor Ort. Richtig ist, dass hier weiterhin frisch gekocht wird. Ein integriertes Konzept – Pädagogik und Essen gekoppelt, wie es Schul- und Agrarministerium und die Vernetzungsstelle Schulverpflegung NRW sich wünschen und wir es jetzt fünf Jahre lang hatten – wird mit einem kommerziellen Caterer aber schwer umzusetzen sein. Auch wenn alle Beteiligten sehr willig und kooperativ sind und wir bereits konstruktiv mit der Arbeit begonnen haben. Was war an Ihrem Frischeküche-Konzept mit den Falken so besonders? Die Vorteile lagen sicherlich in kurzen Wegen. Schüler wurden aktiv in den Anbau von Lebensmitteln involviert, und es gab Möglichkeiten, im Rahmen von Praktika diese Berufe unter pädagogischer Anleitung kennenzulernen. Das gesamte Küchenteam hatte einen Blick auf die Bedürfnisse und Wünsche der Kinder. Gerade in Pausenzeiten werden Dinge offenbar, die wir im Unterricht nicht sehen. Für diese offene, wertschätzende und gute Zusammenarbeit im Bereich Pädagogik bedanke ich mich sehr. Wir brauchen neben Kolleginnen und Kollegen an Schulen mehr Hilfe, um den wachsenden Herausforderungen an unserer Schule gerecht werden zu können. Ein neues Pilotprojekt &bdquo;Jugendthemen in Bielefelder Schulen“ der Stadt soll Schulen &bdquo;die Chance eröffnen, echte Veränderung von innen heraus anzustoßen“ und &bdquo;ein Zeichen für Wertschätzung und Innovation“ setzen. Genau das hatten Sie doch mit den Falken eigentlich realisiert? Allerdings. Ich glaube, dass es viel Sinn ergibt, den demokratischen Ort Schule in den Blick zu nehmen und deutlich zu machen, wie wichtig dort Entscheidungen sind. Eltern und Schüler können und sollen Schule mitgestalten. Wichtig wäre es, dieses Gremium in allen seinen Entscheidungsbefugnissen, die es gemäß Schulgesetz ja hat, ernst zu nehmen. Bei Ihrer Frischeküche seien Gesprächsgesuche, Mitbestimmung, Mitwirkung und Mitverantwortung seitens der Stadt konsequent ignoriert worden, kritisieren Ihre Elternvertreter. So begeistert man nicht für Demokratie? Demokratische Arbeit an Schulen ist wichtig, wir intensivieren unsere Arbeit in diesem Feld gerade noch einmal. In Schulkonferenzen und der SV lernen Schüler, unterschiedliche Perspektiven zusammenzubringen und Konflikte konstruktiv zu bearbeiten. Sie lernen, dass man sie ernst nimmt und dass sie teilhaben können an demokratischen Prozessen in Schule. Die Demonstration vor dem Rathaus für den Erhalt unserer Frischeküche wurde von der Schülerschaft vorbereitet und durchgeführt. Unsere Jugendlichen haben sich wertschätzend im Sinne der Schulgemeinschaft, aber auch für unsere Köche, Holger und Olli eingesetzt. Darauf können wir als Schule stolz sein, und es ist die Arbeit von Eltern und Kolleginnen und Kollegen, die den Prozess begleitet haben. In der Öffentlichkeit wünsche ich mir viel mehr dieser wertschätzenden Kommunikation. Um Ihr Vorzeigeprojekt zu erhalten, hatten Sie sich ein Einzellos gewünscht. Das sei &bdquo;von der Verwaltung versemmelt worden“, so OB-Kandidat und Sozialdezernent Ingo Nürnberger. Wie sehr ärgert Sie das? Alle Prozesse sind hier in der Schulkonferenz besprochen und vorbereitet worden. Es ist richtig, wir haben mehrfach ein Einzellos und nach Rücksprache mit Juristen die Gewichtung der pädagogischen Kriterien schon im letzten Jahr beantragt. Es hilft aber nun nicht mehr, zurückzuschauen. Wir machen uns erneut an die Arbeit und ich bin mir sicher, wir werden es anders, aber wieder gut machen. Ingo Nürnberger hat sich vor einigen Tagen mit Schülerinnen und Schülern und Eltern getroffen – das war sicherlich ein äußerst wichtiges Signal und bringt uns hoffentlich wieder die Ruhe, die wir benötigen, um pädagogisch ertragreich zu arbeiten. Als einzige Gesamtschule in Bielefeld haben Sie immer deutlich mehr Anmeldungen als Plätze im Jahrgang fünf. Was ist Ihr Erfolgsrezept? Gesamtschule funktioniert dann gut, wenn wir Schülerinnen und Schüler kontinuierlich begleiten können, Klassenverbände nicht auflösen müssen und leistungsstarke und leistungsschwächere sowie Kinder mit Förderbedarfen miteinander lernen. Schule muss ein wirklicher Spiegel der Gesellschaft sein. Diese Situation haben wir zurzeit an dieser Schule, und wir werden uns mit aller Kraft dafür einsetzen, dass es so bleibt. Kinder müssen sich wohlfühlen, dann lernen sie gut. Im Bereich der kulturellen Bildung und Berufsorientierung nehmen wir stark die Persönlichkeitsbildung in den Blick. Es gibt eine sehr hohe Bereitschaft des Kollegiums, sich fortzubilden – darüber freuen wir uns sehr, und die Anforderungen an Lehrerinnen und Lehrer werden nicht geringer. All dies zusammen macht den Erfolg der Schule aus. Das Kollegium leistet hervorragende Arbeit, was an den Anmeldezahlen in Jahrgang 5, an den Anschlussperspektiven nach Jahrgang 10 und an den Noten im Zentralabitur zu sehen ist. Meine Botschaft: Wir kriegen hier alles hin. Was wünschen Sie sich fürs neue Schuljahr und von der neuen Schuldezernentin? Von den anderen Akteuren im Schulsystem wünschen wir uns eigentlich nur, dass sie dafür sorgen, dass die Gesamtschule Quelle konkurrenzfähig bleibt, was unsere Gebäude und die Fachräume angeht, und gemachte Zusagen eingehalten werden. Mehr nicht. Das allerdings benötigen wir, um unsere pädagogische Arbeit weiterhin so gut zu machen, ein Gewinn für die Stadtgesellschaft zu bleiben und Schülerinnen und Schüler gut auf Ausbildung und Studium vorzubereiten. Wir werden die zahlreichen Herausforderungen nur lösen können, wenn wir gemeinsam und lösungsorientiert und in lokalen Netzwerken arbeiten. Die Frage muss immer sein: &bdquo;Wie können wir Gutes für Kinder und Jugendliche gemeinsam möglich machen, um für alle bessere Bildungsmöglichkeiten zu schaffen. An unserer Schule lösen wir Probleme im Gespräch – dies wünsche ich mir von allen anderen Schulakteuren auch.“ Persönlich: Kirsten Bergmann (58) hat vor ihrem Lehramtsstudium mit den Fächern Spanisch, Englisch und Deutsch eine Ausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin gemacht. Nach Stationen am Oberstufenkolleg, dem Ceciliengymnasium und der Gesamtschule Borgholzhausen leitet sie seit acht Jahren die Gesamtschule Quelle. Bergmann ist Mutter eines erwachsenen Sohnes.

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