„Ein Unding“: Eltern, Kinder und Lehrer stinksauer auf Stadt Bielefeld

Bielefeld. Eher abstoßend als appetitlich, auch nicht wirklich frisch und gesund: Vielerorts sorgt das Schulessen nicht gerade für Begeisterung. An der Gesamtschule Quelle hingegen schon. Lecker, frisch, regional und mit besonderem pädagogischen Konzept: Seit fünf Jahren kocht dort das Team der gemeinnützigen Falken mit viel Leidenschaft und Herzblut. Ein Traum, schwärmen Eltern, Schüler und auch Schulleiterin Kirsten Bergmann. Jetzt allerdings steht das erfolgreiche Konzept, für das die Schule lange gekämpft hat, vor dem Aus. Hintergrund ist, dass das zuständige Amt für Schule nach fünf Jahren die Mittagsversorgung in größerem Umfang neu ausschreiben musste. &bdquo;Ein großer, kommerzieller Anbieter hat den Zuschlag erhalten“, berichtet Bergmann. Nicht nur sie ist bitter enttäuscht. Ein eigenständiges Los statt der Sammelausschreibung, das der besonderen Struktur des Konzeptes gerecht geworden wäre und es hätte fortsetzen können, hätten sie sich gewünscht, sagt Christian Beumann, Vorsitzender der Elternpflegschaft. Rechtlich wäre das machbar gewesen, so Bergmann. Gesprächsgesuche, Mitbestimmung, Mitwirkung und Mitverantwortung sei aber konsequent ignoriert worden, so Beumann. &bdquo;Es ist traurig und eine absolute Frechheit, dass die Stadt überhaupt nicht daran interessiert ist, mit uns eine Lösung für den Erhalt zu finden.“ Dass so ein bestehendes, so gut funktionierendes System, das sich die Schule aufgebaut hat, jetzt &bdquo;durch ein intransparentes Verwaltungsverfahren“ einfach zunichtegemacht werde, sei ein Unding. So begeistere man nicht für Demokratie – ganz im Gegenteil, sagen auch die Schüler. Gelbes Fischcurry und Kartoffel-Birnen-Suppe in Bielefelder Schulküche Gelbes Fischcurry mit buntem Marktgemüse und Limettenreis, Kartoffel-Birnen-Suppe, Ofengemüse mit Tomatensalsa, Sucuk-Auflauf, Zitronenkuchen zum Nachtisch und viele andere Köstlichkeiten: Der Speiseplan der Mensa der Gesamtschule Quelle hingegen zeigt, was alles geht. Es könnte Vorzeige- und Pilotprojekt werden für eine gute, frische Mittagsverpflegung, so seinerzeit auch die Vision der Stadtpolitik, als es vielerorts in Bielefeld große Unzufriedenheit mit dem Schulessen gab und Kritik, weil die Stadt es zeitweise täglich von einem Anbieter aus Hannover ankarren ließ. Lösungsorientiert gemeinsam an Probleme herangehen, so die Devise von Kirsten Bergmann. Auch vor fünf Jahren, als sie die vorhandene Schulküche reaktivierte und in Zusammenarbeit mit den Falken neue Qualitätsstandards fürs Schulmittagessen umsetzte. Deutlich mehr Schüler würden jetzt in der Schule essen, gekocht wird auch mit Zutaten aus dem Schulgarten. Hauswirtschaft und Ernährungslehre an Bielefelder Schule Feste Beziehungen, klare Strukturen, Wertschätzung und Wärme, die in der Gesellschaft vielerorts fehle: Was sich da über die Jahre entwickelt habe, sei vor allem auch aus pädagogischer Sicht so wertvoll und Teil des Konzepts, ebenso wie die Fächer Hauswirtschaft und Ernährungslehre, ergänzt Bergmann. Und eben nicht einfach zu ersetzen. Rund 300 Schüler, Eltern und Lehrer demonstrierten deshalb am Freitagmittag vor dem Rathaus für den Erhalt ihrer geliebten Frischeküche. &bdquo;Wer gut kocht, bleibt!“, so die Logik auf dem Plakat einer der jüngeren Schülerinnen. &bdquo;Wir wollen unsere Mensa mit Herz“, &bdquo;Hier kocht das Herz mit“, &bdquo;Du bist, was du isst“, &bdquo;Eure Entscheidung schmeckt uns nicht“ und &bdquo;Frischeküche wollen wir“ ist auf anderen zu lesen. Letzteres skandieren die Schüler lautstark. Seit die Falken vor Ort kochen, sei es in der Mensa wie im Restaurant, sagt SV-Vertreter Justus Guntenhöner. Die Mitarbeiter seien &bdquo;übelst freundlich“, würden alle mit Namen und Essensvorlieben kennen. Er selbst ernähre ich &bdquo;fast vegan“ und esse gern scharf. Anregungen und Feedback würden immer aufgegriffen. Es sei völlig offen, &bdquo;ob und wie unsere Anforderungen künftig tatsächlich eingehalten und kontrolliert werden – und ob unsere Kinder weiterhin ein so gesundes und hochwertiges Essen erhalten, wie sie es bisher gewohnt sind“, kritisieren die Elternvertreter. Auch interessant: Luxus statt Ekel: Toilettenservice kostet Bielefelder Schule 12.000 Euro pro Jahr Bielefelder Schulessen wird europaweit ausgeschrieben Nach Ausschöpfung der maximalen Laufzeit musste die Stadt als Schulträger jetzt für alle 17 gebundenen Ganztagsschulen neue Verträge zur Mittagsversorgung ab 1. August schließen. &bdquo;Das daraus resultierende hohe Auftragsvolumen bedingt vergaberechtlich zwingend die Durchführung eines europaweiten Ausschreibungsverfahrens“, teilt die Verwaltung auf Nachfrage mit. Aufgrund steigender Essenszahlen sei es erforderlich, dass künftig auch weitere Schulen im gebundenen Ganztag der Sekundarstufe eins aus der Kochküche der Gesamtschule Quelle versorgt werden. Der neue Caterer sei dazu verpflichtet, das bestehende Konzept der Frischeküche der Gesamtschule Quelle zu übernehmen und aufrechtzuerhalten. Das unterscheide die Mittagsverpflegung in Quelle zukünftig auch weiterhin und wie bisher von der Mittagsverpflegung an den übrigen Schulen in Bielefeld. Das Vergabeverfahren sei abgeschlossen. Lesen Sie auch: Neue Lern- und Testformate: Bielefelder Schule geht ganz neue Wege

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