Neue Hoffnung für Familien: Kinderärztin in der Bielefelder Altstadt nimmt noch Neugeborene auf

Bielefeld. &bdquo;Praxis zu verschenken“: Nach dem &bdquo;NW“-Bericht hat Andrea Wozniak jetzt &bdquo;in letzter Minute“ noch eine Nachfolgerin für das Lebenswerk ihres verstorbenen Vaters Andrzej Wozniak gefunden. Zum 1. Juni hat Lilian Theiler die alteingesessene Kinderarztpraxis in Top-Lage in der Bielefelder Altstadt und einem Patientenstamm von etwa 1.400 Mädchen und Jungen übernommen. &bdquo;Du kannst alles schaffen – mit der passenden Unterstützung klappt das“: Diese Zuversicht wolle sie ihren Töchtern vorleben, sagt die dreifache Mutter. Die Stadt Bielefeld sei in Bezug auf die Praxisübernahme allerdings überhaupt nicht hilfreich. &bdquo;Anders als in anderen Kommunen gibt es hier keine Gründerzuschüsse für Mediziner“, sagt die 39-Jährige. Sie habe bei verschiedenen Bielefelder Ämtern, wie dem Jugend-, dem Gesundheitsamt oder der Gleichstellungsstelle nachgefragt. Praxisniederlassungen werden in Bielefeld nicht gefördert &bdquo;Man sagte mir, dass man sich stadtintern abgestimmt habe: Praxisniederlassungen sollen grundsätzlich nicht gefördert werden“, berichtet sie. Für Theiler ist das ein fatales Signal: &bdquo;Gerade in einer Stadt, in der viele Familien verzweifelt einen Kinderarzt suchen, wäre ein stärkeres Engagement dringend nötig.“ Neupatienten finden kaum Termine, verzweifelte Eltern fahren bis nach Osnabrück oder Höxter, um ihre Babys untersuchen zu lassen. &bdquo;Und dann wird beklagt, dass wichtige Impfungen und U-Untersuchungen nicht durchgeführt wurden“, ergänzt Andrea Wozniak, die im Herbst zum zweiten Mal Mutter wird. Lesen Sie auch: Fall fürs Jugendamt: Viele Kinder bekommen in OWL keine Vorsorge-Untersuchungen Die 32-Jährige hat ihren im Oktober 2024 schwer erkrankten und Ende Februar verstorbenen Vater in der Praxis unterstützt und sie in den vergangenen Monaten dank des Einsatzes mehrerer Kollegen &bdquo;mühselig am Laufen“ gehalten. Helle Räume, Toplage, geräumig, mit moderner Einrichtung – und kostenlos zu haben: Da sich niemand als Nachfolger für die Kinderarztpraxis, die ihr Vater über 30 Jahre lang geführt hat, finden ließ, ging seine Tochter diesen selbstlosen Schritt. Mehr dazu: Nachfolger dringend gesucht: Bielefelderin verschenkt Kinderarztpraxis ihres Vaters Unzuverlässige Kinder-Betreuung macht Familien das Leben schwer Trotzdem sei sie &bdquo;absolut nicht überrannt“ worden nach dem entsprechenden &bdquo;NW“-Bericht. Weil Bielefeld mit Kinderarztpraxen offiziell überversorgt ist, hätte die KV den Sitz ganz einziehen können, wenn sich kein Nachfolger gefunden hätte, ergänzt Andrea Wozniak. Und das, obwohl die Bielefelder Kinderarztpraxen, wie immer wieder berichtet, am Limit sind. Umso glücklicher seien alle, dass Theiler den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt hat und die Praxis an der Obernstraße 26 erhalten bleibt. &bdquo;Mit drei kleinen Kindern ist der Schritt in die Selbstständigkeit nicht gerade einfach, aber ich wollte es zumindest erwägen – und dann ging alles ganz schnell“, berichtet sie. Ein symbolischer Kaufpreis wurde vereinbart und die Übernahme bei der KV beantragt. Die Fachärztin hat in Marburg studiert und ihre Ausbildung zur Kinderärztin 2012 in Bethel begonnen und dort unter anderem auch mehrere Jahre in der Kinderchirurgie gearbeitet. Nach sechs Jahren im Weserbergland, wo Theiler in einer großen Kinderarztpraxis als angestellte Ärztin gearbeitet hat, kam die Familie vergangenes Jahr nach Bielefeld zurück. Ihr Mann ist Kardiologe, hat sich ebenfalls kürzlich niedergelassen und arbeitet im &bdquo;Medizinischen Versorgungszentrum Kardiologie im Gundlach-Carré“. Weitere Medizinische Fachangestellte wird noch gesucht Die familiäre Logistik sei wie bei vielen Familien eine Herausforderung: &bdquo;Die Schulen und die Kita unserer Töchter (9, 7 und 3 Jahre alt) sind zwar in Innenstadtnähe – aber angesichts oft unzuverlässiger Betreuung ist es dennoch schwer.“ Selbst ein 45-Stunden-Kitaplatz reiche nicht aus, betont sie. &bdquo;Ohne zusätzliche Kinderbetreuung wäre das nicht möglich.“ In der Praxis unterstützt sie ein &bdquo;junges, fröhliches und flexibles Team“, wie sie betont. &bdquo;Ich suche jetzt eine ärztliche Kollegin oder einen Kollegen, mit dem ich die Praxis teilen kann“, sagt sie. Auch Andrea Wozniak bleibt langfristig an Bord. Zwei neue Mitarbeiterinnen wurden bereits eingestellt. Eine weitere Medizinische Fachangestellte (MFA) wird noch gesucht. &bdquo;Man kann sich hier sehr wohlfühlen, und unsere Patienten sind sehr dankbar, dass es weitergeht“, erzählt Theiler, die bereits seit Ende April als Vertretungsärztin in der Praxis Wozniak eingesprungen ist. So habe sie sich schon einen ganz guten Überblick über die Patienten verschaffen können. Und es gibt eine gute Nachricht für junge Eltern in Bielefeld: Die Praxis nimmt wieder einige Neugeborene auf – allerdings ausschließlich aus dem Stadtgebiet.

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