Bielefelder stürzt zwischen Stadtbahn-Waggons: Ist ein 24-Jähriger Täter oder Retter?

Bielefeld. Es war einfach nur großes Glück, dass nichts Schlimmeres passiert ist: Im Januar war ein junger Mann an einer Stadtbahnhaltestelle zwischen die Waggons der anfahrenden Bahn geraten. Verantwortlich hierfür soll ein 24-jähriger Bielefelder gewesen sein, der sich nun wegen des Verdachts des versuchten Totschlags vor Gericht verantworten muss. Der Vorwurf: Er soll während einer Auseinandersetzung auf dem schmalen Bahnsteig seinen Kontrahenten Richtung Gleisbett gestoßen haben. Es war ein Riesenschreck für zahlreiche Fahrgäste der Stadtbahnlinie 2: An der Haltestelle Landgericht am Niederwall beobachteten sie am 21. Januar aus der stehenden Bahn heraus gegen 11.40 Uhr eine körperliche Auseinandersetzung zweier Männer. Die Bahn fuhr gerade wieder in Richtung Jahnplatz an, als einer der beiden Beteiligten zwischen den Triebwagen und einen daran gekuppelten Waggon geriet. Fahrgäste betätigten den Notstopp, die Wagen vom Typ Vamos kamen etwa 150 Meter weiter zum Stehen. Nun muss sich der 24-jährige Bielefelder wegen des Verdachts des versuchten Totschlags vor einer Schwurgerichtskammer verantworten. Die Staatsanwaltschaft geht derzeit von folgendem Geschehen aus: Am Tattag traf der nun angeklagte Ljubinko L. an der Haltestelle am Landgericht auf den zwei Jahre jüngeren Elijah B. (Namen aller Betroffenen geändert) und ging auf den ihm bekannten Mann zu. Es gab zunächst einen verbalen Streit. Als Elijah B. in die mittlerweile eingefahrene Bahn einsteigen wollte, soll er von L. einen Faustschlag auf seinen Hinterkopf bekommen haben. B. habe sich daraufhin umgedreht, und es sei zu einer Schlägerei zwischen den beiden jungen Männern gekommen. Lesen Sie auch: Bielefelder nach Stadtbahn-Stoß in Untersuchungshaft Staatsanwaltschaft: &bdquo;Tod billigend in Kauf genommen“ Als die Bahn anfuhr, soll Ljubinko L. laut Anklage seinen Kontrahenten bewusst in Richtung Gleisbett geschubst haben. Der 22-Jährige geriet in den 50 Zentimeter breiten Spalt zwischen dem Triebwagen und einem Waggon der Bahn. Glücklicherweise gelangte er schnell wieder aus seiner lebensbedrohlichen Lage – wie genau, das muss die X. Große Strafkammer des Landgerichts unter dem Vorsitz von Richter Christoph Meiring in den kommenden Verhandlungstagen herausfinden. Die Staatsanwaltschaft geht derzeit davon aus, dass L. den Tod von Elijah B. entweder gewollt oder aber zumindest billigend in Kauf genommen habe. Der 24-Jährige war mit ein paar Schrammen am Bein davongekommen. Zum Prozessauftakt erklärten die beiden Verteidiger Alexander Klemme und David Volke nun, dass ihr Mandant zunächst schweigen werde. Allerdings werde am kommenden Verhandlungstag eine schriftliche Erklärung erfolgen. Doch hatte Ljubinko L. bereits im Ermittlungsverfahren in einer richterlichen Vernehmung seine Sicht der Dinge dargestellt. Demnach sei er an jenem Morgen an der Haltestelle auf den ihm bekannten R. gestoßen, mit dem er &bdquo;Stress hatte“. Es sei zu einem Streitgespräch gekommen, in dem es um Geld gegangen sei. Dann seien, so L. in der Vernehmung vom 10. März, Elijah B. und dessen Freundin auf dem Bahnsteig erschienen. Die junge Frau habe gesagt, dass sie &bdquo;voll auf Acid“ seien. Auch mit B. habe es ein Streitgespräch gegeben, weil dieser seinem Bruder Geld geschuldet habe, so der Angeklagte in seiner damaligen Aussage. Mehr zum Thema: Lebensgefährlicher Streit an Stadtbahn – Bielefelder klemmt plötzlich zwischen Waggons War der Angeklagte der Retter? Schließlich habe sich B. umgedreht und zugeschlagen. In der folgenden kurzen Auseinandersetzung &bdquo;habe ich Elijah an der stehenden Bahn fixiert“, sagte der 24-Jährige im März, als plötzlich beide von R. geschubst worden seien. Dabei will der Angeklagte bäuchlings auf dem Bahnsteig gelandet sein, während B. zwischen die Waggons der anfahrenden Bahn geriet. &bdquo;Ich zog Elijah an seinem Shirt oder seiner Jacke aus dem Gleisbett. Wir umarmten uns. Eine Zeugin wollte die Polizei rufen. Ich hatte nichts dagegen“, so die nun in der Verhandlung verlesene Aussage des Angeklagten im Ermittlungsverfahren. Die hinzugerufenen Beamten nahmen den geringfügig vorbestraften L. noch am Tatort fest, seither sitzt er in Untersuchungshaft. Der Prozess wird am 18. Juni fortgesetzt. News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den kostenlosen Whatsapp-Kanal der NW-Bielefeld

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