Überleben massiv bedroht: Der Bielefelder Wald wird sich komplett verändern

Bielefeld. Wer mit offenen Augen durch den Bielefelder Wald geht, wird erkennen, dass dieser sich seit 2018 gewaltig gewandelt hat: Orkantief Friederike ist drüber weggezogen, die Dürrejahre bis 2022 haben selbst bei den Buchen ihren Tribut gezollt, der Borkenkäfer hat die Fichten dahingerafft. Jetzt bedroht auch noch ein Pilz aus Asien unsere Eschen. Der Wald, der in Bielefeld rund 22 Prozent des Stadtgebietes bedeckt, braucht Hilfe. Vor allem, weil er viele wichtige Aufgaben erfüllen muss. Ein Naturwaldkonzept soll den Stadtwald fit machen für die Zukunft. Umgerechnet sind es rund 7.000 Fußballfelder, die von Wald bedeckt sind, um im fußballverrückten Bielefeld im Bild zu bleiben. Von den 5.000 Hektar befinden sich 1.864 Hektar im Besitz der Stadt, 567 Hektar gehören den Stadtwerken – also knapp die Hälfte. Der Rest ist Privatwald. Mit dem jetzt erarbeiteten Naturwaldkonzept steigt Bielefeld nach den Worten von Jürgen Albrecht im bundesweiten Vergleich in die 1. Liga auf. Etwas, das Arminia Bielefeld in der neuen Saison erst noch schaffen muss. Albrecht ist Vorsitzender des Naturschutzbundes und als Vertreter der Bielefelder Naturschutzverbände bei der Vorstellung des Entwurfes, der noch politisch abgesegnet werden muss, dabei. Denn das 124-seitige Werk geht auf eine bereits 2013 von den Naturschutzverbänden angestoßene Initiative zurück. Damals ging es den Naturschützern nach dem langwierigen Streit um den Strothbachwald im Bielefelder Süden um verbindliche Leitlinien im Hinblick auf den Schutz der Biodiversität. Polarisierende Meinung: Der deutsche Wald kann dem Klima nicht mehr helfen Zwei Jahre Arbeit stecken im neuen Naturwaldkonzept Der jetzt nach zwei Jahren Arbeit vorgelegte Entwurf des Naturwaldkonzeptes ist ein umfassender, vielfältigerer Blick darauf, wie sich der urbane Wald verändern wird und verändern muss, um angesichts der klimatischen Veränderungen resilient zu sein. Stichworte sind dabei zum Beispiel die Biodiversität, die sich aktuell in der Krise befindet, Wasserschutz, CO2-Speicherung, Freizeit und Erholung, Jagd, Waldpädagogik, Urwaldzellen und vieles mehr. Die Holznutzung soll, zumindest im städtischen Wald, in den Hintergrund treten. Umweltdezernent Martin Adamski betont, dass der Umweltbetrieb (UWB) bereits seit Jahren auf diesen Gebieten &bdquo;vorzeigbar arbeitet“. Das Naturwaldkonzept sei eine Weiterentwicklung. Ein Masterplan, der einen zielgerichteten Rahmen setzt, wie es Thomas Finke vom UWB bezeichnet. In der extra eingerichteten Arbeitsgruppe mit den Vertretern aus Umweltamt, UWB, den Naturschutzverbänden, den Stadtwerken, dem Regionalforstamt und auch den Vertretern der Privatwaldbesitzer &bdquo;haben wir Perspektiven kennengelernt, die wir bislang so nicht kannten“, schildert Finke. &bdquo;Das war ein großer Gewinn.“ Die Hoffnung aller Beteiligten ist, dass sich auch die Privatwaldbesitzer diesem Konzept anschließen oder annähern. .responsive23-OTpvaQtk5uMi9XZs-choro-durchschnittliche-jaehrliche { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-OTpvaQtk5uMi9XZs-choro-durchschnittliche-jaehrliche { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-OTpvaQtk5uMi9XZs-choro-durchschnittliche-jaehrliche { padding-top: 142.86%; } } Alles unter einen Hut zu bringen, dazu hat Volker Dubbel maßgeblich beigetragen. Der Professor für Waldschutz und Waldbautechnik ist als externer Berater im April 2024 von der Stadt Bielefeld hinzugezogen worden. Ihm ist es wichtig, den Wald in der Klimazukunft zu denken. &bdquo;Die natürlichen Waldgesellschaften werden in 100 Jahren nicht mehr die sein, die wir heute haben.“ Ohne weitere Klimaschutzmaßnahmen könnte die Jahresmitteltemperatur bis Ende des Jahrhunderts um bis zu 4,4 Grad Celsius steigen. Dann läge der Durchschnitt in der Region nicht bei 9,5 Grad Celsius, sondern bei nahezu 14 Grad. Auch interessant: Bielefelder Unternehmen pflanzt eigenen Klimawald Streitpunkt darüber, wie viele fremdländische Arten kommen sollen Nach den Worten von Dubbel sind die Strukturvielfalt des Waldes und dessen Biodiversität der Schlüssel für die Zukunft des Waldes. In diesem Sinne müsse der urbane Wald in Bielefeld in den nächsten Jahrzehnten umgestaltet werden. Auf dem Weg zu einem naturnahen Laubmischwald mit einem Grundgerüst aus alten Bäumen sollen in erster Linie trockenheitstolerante heimische Arten gepflanzt werden, wie Zerreiche, Traubeneiche, Esskastanie oder die lindenblättrige Birke. Zudem soll es viel Totholz und Wildnisbereiche geben, die sich selbst überlassen werden. &bdquo;Insgesamt zehn Prozent des städtischen Waldes sollen Wildnisentwicklungsflächen werden“, sagt Adamski. Wo diese liegen sollen, müsse noch entwickelt werden. Was der Bielefeld auf alle Fälle dringend braucht, ist eine Waldinventur. Die Letzte hat 1989/1990 stattgefunden. Es braucht diese Strukturzahlen dringend, denn der Bielefelder Stadtwald soll im Zuge des Naturwaldkonzeptes auch FSC-zertifiziert werden. Das Label steht für ein internationales System zur Sicherung einer nachhaltigen Waldwirtschaft. Bielefeld liege schon jetzt über FSC-Standard, sagt Anne Rosenland, Teamleiterin Forsten beim UWB. Aber das Zertifikat und dessen regelmäßige Überprüfung setze den Standard, der dann auf lange Sicht Bestand habe, betont Jürgen Albrecht. Unabhängig von handelnden Personen. Das Naturwaldkonzept wird am Dienstag, 3. Juni, ab 15 Uhr im großen Ratssaal in einer Informationsveranstaltung der Politik vorgestellt. Danach geht es in die Beratung in die einzelnen Gremien, auch in alle Bezirksvertretungen. &bdquo;Unser Ziel ist es, das Naturwaldkonzept noch vor den Sommerferien zu verabschieden“, sagt Dezernent Martin Adamski.

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