Komödie am Klosterplatz

Bielefelder Komödie kokettiert mit dem Thema Pflege: weiße Windeln statt „Weiße Turnschuhe“

Ein Lustspiel über Pflegestufe vier zeigt die Komödie am Klosterplatz. Die 84-jährige „Sportskanone“ Jochen Busse mimt einen pflegebedürftigen alten Mann.

Jochen Busse (v.l.) muss so tun, als wäre er pflegebedürftig.Claus Thull-Emden, Susanne Eisenkolb und Dirk Emmert können es nicht fassen. Ein Frontalanfgriff auf das Zwerchfell.?Foto: Heimo Stefula | © Heimo Stefula

Heimo Stefula
01.06.2025 | 01.06.2025, 19:08

Bielefeld. Günther spielt einen 75-Jährigen in dem Stück „Weiße Turnschuhe“. Tatsächlich aber hat Günther 84 Lenze auf dem Buckel, denn Günther wird verkörpert von Jochen Busse in der Komödie am Klosterplatz und das sollte man sich mal in seinem Hinterstübchen abspeichern. Günther ist topfit, er fliegt geradezu in die fünfte Etage seiner Wohnung, er joggt, er hat ein Abo im Fitnessstudio und in seinem Schlafzimmer eine Sprossenwand und einen Schwebebalken, er konsumiert keinen Kaffee, sondern nur gesunde Smoothies. „Hin und wieder eine attraktive Frau und guten Alkohol trinken“, so badet Günther in seinem Jungbrunnen. Das Leben kann so schön sein.

Doch da kommt ihm die bucklige Verwandtschaft in die Quere, Sohnemann Kai hat die Familienimmobilie in der Prinzregentenstraße verzockt und schon ist die Altersvorsorge für den knackigen Günther nur noch Schall und Rauch. Weder er, noch der Nachbar Max aus dem Erdgeschoss verstehen das und Kai hat keine Zeit für lange Erklärungen. Denn Sylvia Weber ist im Anmarsch. Sylvia wer?

Um die Versorgung für seinen Daddy aufrecht halten zu können, hat Kai Pflegestufe vier für seinen Erzeuger beantragt, dieser aber ist fit wie ein Turnschuh. Und muss nun so tun, als ob er pflegebedürftig sei. Das ist die Herausforderung für Jochen Busse: Er muss eine „autoeruptive Simulierungsinfektion“ vortäuschen, damit Frau Weber von der bayerischen Krankenkasse die Pflegestufe genehmigt. Nur dann kann Junior Kai wieder einigermaßen ruhig schlafen.

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Erfolgreiche Spielzeit: 190 Vorstellungen und 36.000 Besucherinnen und Besucher

Der Schwebebalken wird versteckt, die weißen Turnschuhe auf dem Regal werden ausgetauscht mit weißen Windeln, Günther sabbert fortan das Sofa voll und bewegt sich, wenn überhaupt, gebrechlich und gebückt – alles nur zur Tarnung! Natürlich fliegt die Sache auf, Frau Weber kennt den Günther vom Spinning im Fitnessstudio. Aber dann geht der Spaß erst richtig los.

Günther (Jochen Busse) muss sogar ein Augenleiden vorzäuschen. Sein Sohn Kai (Claus Thull-Emden) zwingt ihn dazu. - © Heimo Stefula
Günther (Jochen Busse) muss sogar ein Augenleiden vorzäuschen. Sein Sohn Kai (Claus Thull-Emden) zwingt ihn dazu. | © Heimo Stefula

Jochen Busse spielt den Günther mit einem derart trockenen Humor, dass die Bühne staubt. „Er verkörpert den Günther seit etwa drei Jahren“, erzählt der Komödienintendant und Autor von „Weiße Turnschuhe“, René Heinersdorff nach der ausverkauften Premiere. Und Susanne Eisenkolb als Sylvia Weber und Dirk Emmert als Nachbar Max sind ganz neu im Ensemble. „Ursprünglich hab’ ich die Geschichte für Klaus Wilcke geschrieben“, sagt Heinersdorff. Wilcke hatte Anfang der 1970er Jahre großen Erfolg mit der ZDF-Vorabendserie „Percy Stuart“.

Es ist immer wieder beachtlich, wie diese Silberrücken der Fernsehunterhaltung derart einschlagen beim Bielefelder Publikum in der Komödie. Ob Jochen Busse, Hugo Egon Balder („Aufguss“), Richy Müller („Rain Man“) oder Tom Gerhardt („Hausmeister Krause“). Die alten Männer haben es noch drauf.

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Das bestätigen auch die Zuschauerzahlen des Lustspielhauses am Klosterplatz: „In der zurückliegenden Spielzeit hatten wir bei 190 Vorstellungen 36.000 Besucherinnen und Besucher“, rechnet Theaterleiterin Simone Weiß vor. Somit waren rein rechnerisch zahlreiche Vorstellungen in den beiden Sälen ausverkauft.

„Weiße Turnschuhe“ („Heute sagt man Sneakers dazu“, korrigiert Jochen Busse) wird bis zum 22. Juni noch ein Dutzend Mal aufgeführt – immer Donnerstag bis Sonntag. Dann ist Sommerpause und dann startet die Komödie am Klosterplatz Anfang September mit der Meat Loaf-Story „Heaven can wait“. Tickets gibt es (schon jetzt) online unter www.komoedie-am-klosterplatz.de.

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