Komödie am Klosterplatz

TV-Star auf Bielefelder Bühne: Beliebter „Tatort“-Kommissar spielt „Rain Man“

Richy Müller verkörpert in der Komödie am Klosterplatz den Autisten Raymond Babbitt aus dem 80er-Kinohit „Rain Man“. Warum der Schauspieler trotzdem noch nicht viel von Bielefeld gesehen hat.

Schauspieler Richy Müller hat nicht viel Zeit, um sie in Bielefeld zu genießen. Aber auf dem Alten Markt findet man ihn schon bisweilen. | © dpa

Heimo Stefula
27.03.2025 | 27.03.2025, 08:38

Bielefeld. Beobachtet man, mit welcher Hingabe, Präzision und physischer Anstrengung der fast 70-jährige Schauspieler Richy Müller die Rolle des Autisten Raymond Babbitt in „Rain Man“ verkörpert, kann man ins Staunen kommen. Jedes fast krampfartige Zittern der Hände sitzt, jede bewusst falsche Satzbetonung ist einstudiert, jeder fragende, manchmal hilflos wirkende Blick in Richtung seines Bühnenbruders Charlie wirkt ernst gemeint – volle Konzentration bis zum Anschlag.

„Aber es ist nur eine Rolle“, sagt Müller, der nach den Vorstellungen in der Komödie am Klosterplatz (wird aufgeführt noch bis Sonntag, 6. April, Donnerstag bis Sonntag) zwar etwas matt, aber entspannt im Sinne des Wortes und wie ausgewechselt aus dem Backstagebereich kommt. Nichts ist dann mehr übrig von dieser tragikomischen, irrwitzigen und mitunter bemitleidenswerten Figur, die er darstellt. Richy Müller ruht in sich selbst.

Das tut er auch, wenn er an den Aufführungswochenenden in Bielefeld auf dem Alten Markt sitzt, einen Kaffee schlürft und Leute beobachtet. Und diese Leute beobachten und erkennen ihn, den „Rain Man“, den Stuttgarter „Tatort“-Kommissar Thorsten Lannert und - vor allem die älteren Passanten - den kleinen Straßengauner Richy aus dem WDR-Dreiteiler „Die große Flatter“, entstanden Ende der 1970er Jahre. Ein Film, der lange einen festen Platz in den Lehrplänen der weiterführenden Schulen in Deutschland innehatte.

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Richy Müller in Bielefeld: „Ich bin Philantrop“

In der Bielefelder Komödie zu sehen: Richy Müller als Autist Raymond Babbitt in "Rain Man". - © Heimo Stefula
In der Bielefelder Komödie zu sehen: Richy Müller als Autist Raymond Babbitt in "Rain Man". | © Heimo Stefula

Berührungsängste mit den Leuten hat Richy Müller nicht, im Gegenteil. Er führt gerne kurze Gespräche mit ihnen und nimmt sich die Zeit für das mittlerweile obligatorische Selfie. „Ich bin Philantrop“, sagt Richy Müller und das erklärt einiges. Müller trägt auch keine Sonnenbrillen als Camouflage-Utensil, um nicht erkannt zu werden. „Ich mag das nicht, wenn etwas auf meiner Nase sitzt“, sagt er.

„Die große Flatter“ war seinerzeit das, was man einen Straßenfeger nennt – „27 Millionen Zuschauer hatten wir“, das weiß Richy Müller noch heute. Jeder zweite Westdeutsche saß damals folglich vor dem Röhrenfernseher, ein bundesweites Lagerfeuer, um das sich alle versammelten. Für Richy war der Straßenfeger ein „Gamechanger“, nicht nur, weil seine Karriere nach der Ausstrahlung in andere Sphären stieg. Angebote für Derrick, Traumschiff, Tatort (als Mordkomplize) folgten stante pede.

NW-Event-Portal: Tickets und Termine für „Rain Man“

Ein Gamechanger auch, weil er fortan nur noch Richy genannt wurde - bis heute. Sogar seine Familie, Freunde und die Gattin daheim am Chiemsee nennen ihn so und nicht, wie er eigentlich heißt, Hans-Jürgen. Seit über zwanzig Jahren wohnt er am größten bayerischen See, vorher lebt der gebürtige Mannheimer in Berlin - einige Jahre sogar in einer Wohngemeinschaft mit dem Schauspiel-Kollegen Jürgen Vogel.

Kommissar Lannert mit seinem Porsche-Dienstwagen

Den Raymond Babbitt hat er bislang an die 350 Mal verkörpert - seit 2013, den Kommissar Lannert spielt er seit 2008, insgesamt sind 33 Folgen mit ihm und seinem Dienstwagen, einem schokobraunen Porsche 911 Targa, ausgestrahlt worden.

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Diesen Porsche fährt er privat auch – es ist der gleiche, nicht derselbe. „Exakt dieses Modell - nur zwei Jahre jünger - hat ein Freund zufällig in den USA entdeckt und ich wollte es unbedingt haben, also hab’ ich das Auto importiert“, verrät Richy Müller, der ein Faible hat für schnelle Autos und Autorennen.

Nach der Vorstellung in Bielefeld heimwärts nach Bayern

So verwundert es nicht, dass er mit eben diesem schnellen „Filmdouble“ nach den Sonntagsvorstellungen in der Komödie heimwärts nach Bayern rauscht und so verwundert es auch nicht, dass er von Bielefeld nicht allzu viel gesehen hat. So schrecklich viel Zeit hat er also nicht zwischen Chiemsee und Komödie, muss er sich doch vor den Aufführungen schon ein bisschen auf seine schwierige Rolle fokussieren - auch wenn er sie schon Hunderte Male eingenommen hat.

Müller feiert im Frühherbst seinen runden Geburtstag, die Frage sei also naheliegend, wie lange er noch aktiv als Schauspieler, sei es als Tatort-Kommissar, sei es, als Autist Raymond noch machen wolle. „Nun, ganz einfach, so lange es mir Spaß macht ... und es macht mir Spaß und fit bin ich auch!“