Vier Bücher mit Bielefeld-Bezug

Bielefeld. Lesend den Frühling genießen, das wird möglich mit vier Büchern, die einen Bezug zu Bielefeld haben. Drei von ihnen wurden in hiesigen Verlagen verlegt und bieten ein weites Spektrum an Leseerlebnissen an – von politisch bis poetisch. Auch eine Bielefelder Autorin, die in einem Berliner Verlag publiziert hat, ist dabei. Sie hat sechs Frauenleben im Exil von Los Angeles während der Nazizeit nachgespürt. Und ein Bielefelder Autor leuchtet die Männer in der Bibel für uns heute aus. Hier sind unsere Tipps für den Bielefelder Lesefrühling: Fake News rund um Rudi Dutschke Ein heißes Eisen packt der Bielefelder Aisthesis Verlag an und veröffentlicht mit &bdquo;Rudi Dutschke und der Bombenkoffer“ ein Buch, das mit einer Fake-News-Geschichte aus der Zeit der 68er-Revolte aufräumt, die seit Jahren durch die Geschichtsschreibung zur Studentenbewegung geistert und dabei immer wieder als Beleg für Dutschkes angebliche Gewaltbereitschaft herhalten muss. Die Geschichte geht so: Dutschke, der charismatische Anführer des Sozialistischen Deutschen Studentenbunds (SDS), reist in Begleitung des Exil-Iraners Bahman Nirumand mit einer Bombe im Fluggepäck von Berlin nach Frankfurt. Von dort geht es mit dem Bombenkoffer weiter ins Saarland, wo Dutschke am Ende seiner Mission vom Liedermacher Franz Josef Degenhardt an einem Anschlag auf einen dortigen Rundfunkmast des US-amerikanischen Militärrundfunks (AFN) gehindert wird. Lesen Sie auch: Fünf Bücher mit Bielefeld-Bezug &bdquo;Der Clou“, laut Aisthesis-Verleger Detlev Kopp: &bdquo;Niemand hat je untersucht, ob die Geschichte so auch wirklich zugetragen hat.“ Das ist nun vorbei, dank des Journalisten und Historikers, Michael Kuderna. Dessen akribische Recherchen belegen: alles Fake. Nicht mal den Funkmast gab es an der angegebenen Stelle. Nachzulesen ist die Räuberpistole in dem Buch &bdquo;Rudi Dutschke und der Bombenkoffer – Fake Fake News aus der 68er-Revolte?“. Ein akribisch recherchiertes Werk, das sich dennoch unterhaltsam liest. Ein Lehrstück in Sachen Fake News und ein Appell, &bdquo;mit größtmöglicher Distanz an historische Fragestellungen heranzugehen“ und &bdquo;die Dekonstruktion eines drastischen Falls von Fake News“, wie der Autor treffend schreibt. Sehr lesenswert, nicht nur für ehemals Studentenbewegte. Michael Kuderna: &bdquo;&bdquo;Rudi Dutschke und der Bombenkoffer – Fake Fake News aus der 68er-Revolte?“, 200 S., Aisthesis Verlag, Bielefeld, 20 Euro. Männer in der Bibel neu entdeckt Alexander Gruber, ehemaliger Chefdramaturg des Bielefelder Theaters, ist auch mit seinen 88 Jahren ein weiterhin fleißiger Autor. Allein neun Bände hat er in seiner Reihe &bdquo;Tiermärchen vieler Völker“ seit 2015 vorgelegt. Und auch biblische Stoffe haben es Gruber immer wieder angetan. So publizierte er 2022 den inspirierend zu lesenden Band &bdquo;Mit der Sonne bekleidet - Frauen in der Bibel“ beim Bielefelder Pendragon Verlag. Lesen Sie auch: Tiermärchen: Alexander Gruber entführt mit seinem dritten Band in die Welt des Orients Was liegt da näher, als dem nun das Buch &bdquo;Von Adam an – Männer in der Bibel“ folgen zu lassen. Ein Buch für alle, die Lust daran haben, die Grundlage unsere abendländische Kultur anhand von klug und wunderbar anregend erzählten Texten näher zu ergründen und die Männer in der Bibel auf eine neue Art vorgestellt zu bekommen. Und danach mal wieder ins Original schauen. Auch dazu stiftet das Buch an. Alexander Gruber: &bdquo;Von Adam an – Männer in der Bibel“, 162 S., Pendragon Verlag, Bielefeld, 15 Euro. Sechs Frauenleben in &bdquo;New Weimar“ Marta Feuchtwanger, Nelly Kröger-Mann, Alma Mahler-Werfel, Katia Mann, Salka Viertel und Helene Weigel eint gleich mehreres: Sie sind Frauen berühmter Männer, sie mussten vor den Nazis fliehen, fanden Zuflucht in Los Angeles, bauten sich und ihren Familien dort ein neues Zuhause auf, unterstützen ihre Männer bei ihrer Arbeit und waren teils auch selbst beruflich sehr erfolgreich. Vom Leben der sechs Frauen im Exil im &bdquo;New Weimar“ genannten Los Angeles – und welche Rolle dabei im Speziellen der Salon von Salka Viertel im Stadtteil Pacific Palisades spielte –, davon erzählt die in Bielefeld lebende ehemalige Lehrerin und Autorin Ursel Braun in ihrem kleinen, aber fein aufgemachten Buch &bdquo;Exil im Paradies – Von Marta Feuchtwanger bis Helene Weigel“. Ein mit leichter Hand erzähltes Werk vom vielschichtigen Leben im Exil, das uns diese sechs außergewöhnlichen Frauenleben sehr lebendig vor Augen treten lässt. Unbedingt lesenswert. Ursel Braun: &bdquo;Exil im Paradies – Von Marta Feuchtwanger bis Helene Weigel“, 144 S., Ebersbach&Simon Verlag, Berlin, 20 Euro. Lesenswert auch nach 206 Jahren Sollte man einen vor 206 Jahren geschriebenen Roman heute noch lesen? Unbedingt. Denn &bdquo;Mathilda“ – von der englischen Autorin Mary Shelley (1797–1851) im Jahr 1819 in Italien verfasst – versteht es, die heutige Leserin, den heutigen Leser immer noch zu fesseln. Darum geht es in dem zweiten Buch von Mary Shelly, der mit ihrem Roman &bdquo;Frankenstein“ einst der wegweisende Roman der &bdquo;Schwarzen Romantik“ gelang: Die junge Mathilda wächst nach dem Tod ihrer Mutter einsam und ohne Zuwendung auf. Erst als ihr Vater aus seinem selbst auferlegten Exil zurückkehrt, wagt sie, auf Glück zu hoffen. Doch nach wenigen gemeinsamen Wochen legt sich ein Schatten über die Beziehung der beiden, und Mathilda droht in einen noch tieferen Abgrund zu stürzen Lesen Sie auch: Mit Optimismus durch die Krise Und was macht die Erzählung nun so lesenswert? Da ist zum einen die klare Sprache, die besticht, da ist die erhabene Natur, die sie einfängt, und da ist zum anderen vor allem die Verzweiflung dieser jungen Frau, die von Satz zu Satz immer greifbarer wird, einen immer tiefer hineinzieht in den Text, und einen das Buch einfach nicht wieder aus der Hand legen lässt. Literaturkritikerin Sigrid Löffler spricht von einer &bdquo;Grundstimmung empfindsamer Schwermut“, die den Text imprägniere. Stimmt. Es ist daher eine gute Tat, dass Pendragon-Verleger Günther Butkus dieses packende Werk den heutigen Leserinnen und Lesern in einer zudem noch schön aufgemachten Neuausgabe wieder zugänglich gemacht hat. Mary Shelley: &bdquo;Mathilda“. Roman. 156 S., Pendragon Verlag, Bielefeld, 22 Euro. 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