„Am Ende ist es dunkel“: Bielefelderin erblindet und wagt beruflichen Neustart

Bielefeld. &bdquo;Bis vor fünf Jahren hatte ich einen gradlinigen Lebensweg“, erzählt Sarina Schlink. &bdquo;Und ich habe mit einer Diagnose gelebt, die ich verdrängt habe.“ Noch im letzten Jahr arbeitete die Bielefelderin im Bereich Marketing und Design – wohlwissend, dass sie den Computerbildschirm irgendwann nicht mehr sehen können würde. Heute ist sie gesetzlich blind, der Schreibtischjob keine Option mehr. Aufgeben kam für sie jedoch nicht infrage: Mit 43 Jahren lässt sich Schlink nun zur Massagetherapeutin ausbilden. Ihre Diagnose erhielt die gebürtige Detmolderin schon vor 21 Jahren. Knapp ein Jahr habe es damals gedauert, bis die Ärzte ihr die lebensverändernden Worte mitteilten: Schlink hat eine degenerative Netzhauterkrankung – die sogenannte Zapfen-Stäbchen-Dystrophie – bei der die Zapfen in den Augen nach und nach absterben. Menschen mit dieser Krankheit verlieren mit der Zeit ihr Sehvermögen. &bdquo;Erst wird alles unscharf, dann gehen die Farben, und am Ende ist es ganz dunkel“, erklärt die Bielefelderin. Derzeit hat sie noch etwa drei Prozent Sehkraft. Jobsuche gestaltete sich schwer Nachdem Schlink ihren Job im Marketing-Bereich aufgeben musste, habe die Bielefelderin vor einer Wahl gestanden, erzählt sie: &bdquo;Stecke in den Kopf in den Sand oder übernehme ich das Ruder?“ Natürlich habe es auch Phasen gegeben, in denen sie sich zurückgezogen habe, gibt die geborene Detmolderin zu. &bdquo;Aber ich bin nicht der Typ dafür.“ Lesen Sie auch: Millionen-Investition für behinderte Menschen in Bielefeld löst hitzige Debatte aus Über Beratungsstellen probierte sie sich in der Physiotherapie aus. &bdquo;Physiotherapie und Massage sind doch prädestiniert“, sagt sie. Schlink bewarb sich bei verschiedenen Betrieben auf eine Ausbildung – jedoch erfolglos. &bdquo;Die Türen sind nicht gerade offen“, sagt die zweifache Mutter. &bdquo;Wie viele Anträge ich machen musste – und dann noch mit Sehbehinderung.“ Eine blinde Auszubildende habe sich jedoch keine der Firmen vorstellen können. Besonders geschmerzt habe aber die Absage eines großen Arbeitgebers, der eigentlich viel mit Menschen mit Behinderungen arbeitet, sagt sie. .responsive23-UynUM31y4GvMhugU-map-kunst-der-beruehrung { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-UynUM31y4GvMhugU-map-kunst-der-beruehrung { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-UynUM31y4GvMhugU-map-kunst-der-beruehrung { padding-top: 142.86%; } } &bdquo;Hätte ich nicht Eigeninitiative gezeigt, wäre ich immer noch nicht hier“, sagt sie. Erfolg hatte Schlink schließlich bei Anke Wittmann. Sie ist Life-Coach, Trainerin und Unternehmerberaterin in Bielefeld und arbeitet mit dem Wellness- und Beauty-Spa &bdquo;Kunst der Berührung“ in der Bielefelder Altstadt zusammen. &bdquo;Sie hatte ganz dick den Button Ausbildung’ auf ihrer Website“, sagt die 43-Jährige. &bdquo;Und sie war bereit, zu reden.“ Prüfung im Juni Seit März wird die geborene Detmolderin zur Massagetherapeutin ausgebildet. Dazu gehören theoretische Inhalte wie Körperkunde, der Aufbau von Muskeln und dem Skelett, aber auch, bei welchen Krankheitsbildern man nicht massieren darf. Wegen ihrer Sehbehinderung setzt Schlinks Ausbilderin auf einen hohen Praxisteil. Erste Massagen übte die Bielefelderin an Freiwilligen, später ging es dann in den Betrieb. &bdquo;Bei der ersten Kundin bin ich gestorben vor Nervosität“, gibt Schlink zu. &bdquo;Aber sobald ich an der Liege stehe, ist es so, als hätte ich nie etwas anderes gemacht.“ Besonders ihr sensibler Tastsinn komme ihr während der Arbeit zugute, sagt sie. Was andere erst anschauen müssen, kann sie erfühlen. Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Sarina Schlink (@viel.mehr.als.blind) Im Juni steht ihre finale Prüfung an, danach darf Schlink sich &bdquo;zertifizierte Wellness- und Massagetherapeutin“ nennen. Trotz ihrer Blindheit müsse sie dabei auch eine Theorieprüfung bestehen. Bei der wird sie jedoch Unterstützung von ihrer Ausbilderin erhalten, erzählt die Bielefelderin. Sie werde ihr die Fragen vorlesen. &bdquo;Und ich mache dann das Kreuz.“ Bielefelderin ist aktiv in Selbstverteidigungsgruppe Schlinks Ziel war es, einen Beruf zu finden, den sie bis zum Renteneintritt machen kann. Bei Anke Wittmann erlernt sie ihn gerade. In ihrer Freizeit engagiert sich die zweifache Mutter aber auch für andere Betroffene: Sie assistiert in einer Selbstverteidigungsgruppe für Sehbehinderte und freut sich über jeden Fortschritt ihrer Schützlinge. Lesen Sie auch: Neues Förderschulzentrum für mehr als 110 Millionen Euro entsteht in Bielefeld Die Bielefelderin will anderen Betroffenen zeigen, dass das Leben auch nach der Erblindung weitergeht. &bdquo;Im Prinzip können wir alles, was gesunde Menschen können, nur auf anderen Wegen“, sagt die 43-Jährige. &bdquo;Ich hab viele Höhen und Tiefen durch und bin froh, nicht aufgegeben zu haben.“

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