Warm anziehen! Fünf unbequeme Wahrheiten zur Wärmeplanung in Bielefeld

Bielefeld. Die meisten Bielefelderinnen und Bielefelder können sich schon mal warm anziehen. Ab 2045 darf nicht mehr mit Öl und Gas geheizt werden. Doch ob bis dahin alle eine alternative Heizmöglichkeit haben, das darf mit einem dicken Fragezeichen versehen werden. Da hilft auch die beste Wärmeplanung nichts. Die erste unbequeme Wahrheit: Derzeit werden noch rund 80 Prozent aller Gebäude in Bielefeld mit Gas oder Öl beheizt. Lediglich in der Innenstadt sind 18 Prozent ans Fernwärmenetz angeschlossen. Etwa 40 Prozent der Gebäude sind den schlechtesten Effizienzklassen F bis H zugeordnet. Das hat eine Bestandsanalyse der Stadt ergeben. Es besteht also erheblicher Umstellungs- und Sanierungsbedarf. Wie es in 20 Jahren gelingen soll, diese Defizite abzuarbeiten, ist völlig offen. Welche Kosten kämen da auf die Hausbesitzer zu? Und welche Handwerker sollten diese Mammutaufgabe eigentlich erledigen? Heute muss sich ja schon Wochen gedulden, wer nur seine vorhandene Gasheizung warten lassen will. Die zweite unbequeme Wahrheit: Wer nicht im engeren Stadtbereich lebt, darf sich nicht darauf trügen, dass mal eine Fernwärmeleitung an sein Haus gelegt wird. Er (oder sie) muss sich selbst um eine Lösung kümmern. Mehr als die Hälfte des Bielefelder Stadtgebietes eignet sich gar nicht erst für die Einrichtung eines zentral gesteuerten Wärmenetzes. Bleibt als Alternative die Wärmepumpe, Erdwärme, die Pellet-Heizung oder Solarthermie. Gerade Ältere wird die Umrüstung finanziell hart treffen – trotz aller Zuschüsse. Wer in Rente geht, hat dafür gesorgt, dass das eigene Häuschen möglichst schuldenfrei und für die Jahre des Ruhestands gut in Schuss ist. Große finanzielle Sprünge sind aber nicht mehr drin. Zum Thema: Wärmeplanung in Bielefeld: Das wollen Bürger jetzt übers Heizen wissen Stromnetze für Zuwachs von Wärmepumpen nicht geeignet .responsive23-iGkyxVu5UjqrIy3h-donut-waermemix-in-bielefeld { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-iGkyxVu5UjqrIy3h-donut-waermemix-in-bielefeld { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-iGkyxVu5UjqrIy3h-donut-waermemix-in-bielefeld { padding-top: 142.86%; } } Die dritte unbequeme Wahrheit: Die Stromnetze sind bislang für den flächendeckenden Einsatz von Wärmepumpen überhaupt nicht geeignet. Es gibt auch einen entscheidenden Unterschied zwischen der Wärmepumpe und der E-Mobilität. Ist’s mal richtig kalt wie in den vergangenen Wochen, liefen in der gesamten Stadt alle Wärmepumpen gleichzeitig. Das hielte das Stromnetz, so wie es jetzt ist, nicht aus. Das E-Auto laden hingegen nicht alle zur gleichen Zeit, sondern gern mal nachts, wenn der Strombedarf nicht ganz so hoch ist. Die vierte unbequeme Wahrheit: Fernwärme-Leitungsbau ist ein teures Vergnügen. Und wann Fernwärmeleitungen wo gelegt werden, steht ebenfalls noch nicht fest. Die Kosten sind schließlich immens, liegen bei 3.500 bis 5.000 Euro pro Meter. Für 50 Meter Fernwärmeleitung können locker mal drei Monate Bauzeit angesetzt werden. Schon in diesem Jahr ächzt Bielefeld unter 8.000 Baustellen. Die Gebiete, die sich für Fernwärme eignen, in den kommenden beiden Jahrzehnten komplett zu erschließen, ist eine Mammutaufgabe. Und kommt dann noch ein Anschluss- und Benutzungszwang, sind die Kunden den Preisvorstellungen des Versorgers auf ewig ausgeliefert. Auch interessant: Was die Stadt beim Heizungswechsel für die Bielefelder Stadtteile plant Der Weg sollte das Ziel sein Die fünfte unbequeme Wahrheit: Wer sich jetzt noch schnell eine neue Gasheizung hat einbauen lassen, kann diesen Schritt womöglich später teuer bezahlen. Der CO2-Preis wird weiter steigen. Der neue europäische Emissionshandel für den Gebäudesektor und den Straßenverkehr startet ab 2027. Der CO2-Preis bildet sich künftig auf einem freien Handelsmarkt. Wie viel es dann kostet, eine Tonne Kohlendioxid auszustoßen, bestimmen Angebot und Nachfrage. Und nun? Klare Sache: Am Klimawandel gibt es nichts zu deuteln. Die Stadt Bielefeld und die Stadtwerke haben gut vorgelegt. Die Menschen wissen dank der Wärmeplanung, was vor ihrer Haustür geht und was nicht. Doch der Plan, dass bis 2045 die letzten Gas- und Ölheizungen abgestellt werden, ist genauso unrealistisch wie, dass Bielefeld 2040 klimaneutral ist. Vielmehr ist der Weg das Ziel. Denn die Gefahr ist groß, dass mancher sonst von der Wärmewende schlicht überfordert wird. Wie denken Sie darüber? Ich freue mich auf Ihre Meinung unter michael.schlaeger@nw.de News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den kostenlosen Whatsapp-Kanal der NW-Bielefeld

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