100 Jahre EK-Gruppe in Bielefeld: Wie Händler in der Krise auf Solidarität setzen

Bielefeld. Die Zwanzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts werden gern als &bdquo;Goldene Zwanziger“ verklärt – doch für viele Deutsche waren es schwierige Zeiten. Erst zerstörte 1923 die durch Kriegsschulden und Reparationspflichten angeheizte galoppierende Inflation mit unfassbaren Teuerungsraten viele deutsche Geldvermögen und stürzte Haushalte in Sorgen und Nöte. Dann folgte 1929 eine Weltwirtschaftskrise, die auch Deutschland erfasste und hier zu Massenarbeitslosigkeit führte. &bdquo;In dieser Lage haben sich 1925 drei Bielefelder Eisenwaren- und Kolonialwarenhändler zusammengetan, um gemeinsam Waren einzukaufen“, erinnert Vorstandschef Martin Richrath an die Gründung der EK-Gruppe: &bdquo;Es gab kein fertiges Konzept, es ging um Solidarität und gegenseitige Hilfe.“ Aus kleinsten Anfängen beim Einkauf von Emaille- und Keramikprodukten ist eine der größten genossenschaftlich organisierten Verbundgruppen Europas für den Facheinzelhandel entstanden. 2025 feiert die EK-Gruppe ihr 100-jähriges Bestehen. Aus dem ersten Einkaufsverband namens EWELI wurde 1972 die EK Großeinkauf eG und 2005 die EK-Servicegroup. Ein Meilenstein der Entwicklung war 2015 die Übernahme der niederländischen Verbundgruppe Euretco. Zentrallager und Fuhrpark verloren an Bedeutung &bdquo;Durch die Fusion haben wir die Zahl unserer Mitglieder beinahe verdoppelt“, sagt Richrath im Rückblick. Es war die richtige Antwort auf einen allmählichen Mitgliederschwund, der durch anhaltende Konzentrationsprozesse und manchmal auch Nachfolgeprobleme bedingt ist. Zu ihren Mitgliedern zählt die EK-Gruppe heute 3.800 Händler mit rund 7.500 Geschäften in europaweit elf Ländern. Der Außenumsatz aller Mitglieder wird auf mehr als 4,5 Milliarden Euro geschätzt. Das Ende der Fahnenstange soll damit aber nicht erreicht sein: &bdquo;Wir wollen in allen Bereichen organisch und anorganisch – also durch Zukäufe – weiter wachsen“, kündigt Richrath an. Immer häufiger gebe es in der Branche Gespräche, um Kooperationsmöglichkeiten auszuloten. Der 52-jährige Richrath war 2016 nach der Übernahme der im niederländischen Hoevelaken (bei Amersfort) ansässigen Euretco, wo er bis dahin der Finanzchef war, zur EK-Gruppe gekommen. Anfang 2023 löste er den langjährigen EK-Chef Franz-Josef Hasebrink ab, der 2002 den Vorstandsvorsitz eingenommen hatte. Unter Hasebrinks Führung war das Geschäftsmodell deutlich verändert worden. Das große Zentrallager, wo zeitweilig Waren im Wert von 100 Millionen D-Mark vorrätig waren, wurde aufgelöst, und auch der enorme eigene Fuhrpark mit bis zu 115 Zugmaschinen wurde abgebaut. Waren für Bielefelder Unternehmen spontan zu beschaffen &bdquo;Die Verfügbarkeit von Waren hatte ihre Problematik verloren, durch technischen Fortschritt war fast alles kurzfristig zu beschaffen“, erinnert sich Richrath an goldene Zeiten. Erst in der Corona-Pandemie sei die Warenverfügbarkeit zeitweilig wieder ein Engpassfaktor geworden. Heute gibt es noch ein kleines Lager mit Produkten, die niemals fehlen sollen, &bdquo;weiße T-Shirts und schwarze Socken zum Beispiel“, sagt Richrath schmunzelnd. Ein wichtiger Faktor ist auch weiterhin die Größe des Einkaufsvolumens für günstige Preiskonditionen. Der Fokus wurde in den folgenden Jahren verstärkt auf die Internationalisierung gelegt. Die EK-Gruppe wuchs über die Grenzen hinaus, und die Strukturen wurden damit auch komplexer. Die Organisation bietet heute 21 verschiedene Konzepte für sechs strategische Geschäftsfelder: Home (Haushaltswaren, Geräte und Spielwaren), Fashion (Mode), Living (Möbel), DIY (Heimwerken), Sport (Sportartikel/Intersport) und Books (Bücher). Das Ziel lautet, für fast jeden Betriebstyp im Facheinzelhandel das richtige Sortiment zu bieten, vor allem im mittel- bis hochpreisigen Segment: &bdquo;Wir konkurrieren nicht mit 1-Euro-Läden“. Und die richtige Beratung, etwa für Aufbau und Pflege einer Internetpräsenz. Das Jahr 2024 war erneut schwierig Das Jahr 2024 war erneut schwierig, der EK-Umsatz blieb hinter dem Umsatz des Jahres 2023 in Höhe von rund 2,2 Milliarden Euro (Großhandelsumsatz plus zentralregulierter Umsatz) zurück. Dabei hatte schon 2023 einen Umsatzrückgang um 8,8 Prozent gebracht. Die Einbußen waren in Deutschland prozentual stärker als in den Niederlanden, in Frankreich habe es sogar leichte Zuwächse gegeben. Und immerhin, es sei in der Gruppe ein positives operatives Ergebnis verbucht worden. Die Probleme mit Konsumzurückhaltung und Preiskampf treffen freilich die ganze Branche. Die Inflation hat die Kosten erhöht und den Wettbewerb verschärft. IT und Warenwirtschaft für den Onlinehandel gelten als besonders personal- und kostenintensiv. Umso wichtiger, davon sind Martin Richrath und sein Team überzeugt, seien für mittelständische Fachhändler in dieser Lage Kooperationen und Serviceorientierung, wie die EK-Gruppe sie biete. Ähnlich, wie einst in den Gründungsjahren.

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