Nach einem Jahr Leerstand: Was wird aus der Britensiedlung im Musikerviertel?

Bielefeld. Ungewöhnlich friedlich sieht es aus in der &bdquo;Britensiedlung“ im Bielefelder Musikerviertel. Kein Verkehr stört die beschauliche Ruhe. Am Straßenrand parken kaum Autos. Die Gärten und Vorgärten wirken aufgeräumt und monoton. Die ganze Siedlung ist verlassen. 20 Einfamilienhäuser und 16 Doppelhaushälften, die sich mit ihren meist großzügigen Gärten an drei parallel zum Teutoburger Wald verlaufenden Straßen aneinanderreihen, sind unbewohnt: oben die Johannes-Brahms-Straße, in der Mitte die Joseph-Haydn-Straße, darunter die Johann-Sebastian-Bach-Straße. Die letzten britischen Soldaten und Offiziere sind hier Ende 2019, vor gut fünf Jahren ausgezogen. Eine gespenstische Situation. Oder? &bdquo;Uns stört der Leerstand nicht“, sagt eine Anwohnerin, die dem Reporter die Tür öffnet, ein Baby auf dem Arm. &bdquo;Aber natürlich würden wir uns wünschen, wenn in der Nachbarschaft möglichst bald Familien mit anderen Kindern einziehen würden“, fügt sie an. Eine ältere Dame wundert sich ebenfalls mehr, als dass sie sich ärgert: &bdquo;Dass die Häuser so lange leer stehen, obwohl Wohnraum doch so dringend benötigt wird!“, sagt sie achselzuckend. Und ein Mann, der seinen Hund durch die Straßen führt, fragt sich, ob die Bausubstanz nicht Schaden nimmt durch den langen Leerstand – zum Beispiel durch eindringende Feuchtigkeit. Der lange Leerstand ist nur durch eine knapp einjährige Phase unterbrochen worden, in der einige der Häuser als Zwischenstation für Flüchtlinge genutzt wurden. Sehr zum Missfallen von mehr als 100 Anwohnern, die sich in einem offenen Brief gemeinsam über herumfliegenden Müll, Lärmbelästigungen und Kriminalität beschwerten. Das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) schloss die Notunterkunft, in der zeitweise mehr als 400 Flüchtlinge lebten, plangemäß im Januar 2024. Wachpersonal dreht im Musikerviertel seine Runden Wachpersonal vom Sicherheitsunternehmen ADS sorgt nun dafür, dass die Häuser nicht verwüstet oder besetzt werden. &bdquo;Wir machen täglich Rundgänge und gehen in die Häuser hinein – auch in die Obergeschosse“, versichert ein Wächter. Aber wie geht es weiter? Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) erklärte zuletzt im Dezember, nachdem ein einzelnes Einfamilienhaus an der Joseph-Haydn-Straße 1 für nur 325.000 Euro versteigert worden war, dass sie beabsichtige, jene Häuser im Musikerviertel, bei denen es in den bisher laufenden Verhandlungen nicht zum Verkauf kommt, &bdquo;im ersten Halbjahr 2025 erneut am offenen Immobilienmarkt anzubieten“. Bei den Verkaufsverfahren habe sich gezeigt, &bdquo;dass es scheinbar zunehmend Probleme bei der Finanzierung auf der Käuferseite gibt, was sich in ausbleibenden bzw. zurückgezogenen Geboten und längeren Verkaufsverfahren darstellt.“ Abgeschlossene Vertragsverhandlungen oder Verkäufe habe es bis dato nicht gegeben. Dabei dürfte das Finanzierungsproblem nur ein Teil der Wahrheit sein: Angesichts enormer Sanierungskosten in Höhe von jeweils mehreren Hunderttausend Euro, die schon wegen des mangelhaften energetischen Zustands der Häuser erwartbar sind, dürften potenzielle Käufer wohl völlig andere Preisvorstellungen als die BImA haben. Das zeigte eben auch die Versteigerung, die 325.000 Euro für ein Haus erbrachte, das die BImA ursprünglich für mehr als 700.000 Euro versilbern wollte. Die Preisforderungen könnten also deutlich sinken. .responsive23-kV98yhgAtSlG4oWZ-map-traumimmobilie-im-musikerviertel { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-kV98yhgAtSlG4oWZ-map-traumimmobilie-im-musikerviertel { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-kV98yhgAtSlG4oWZ-map-traumimmobilie-im-musikerviertel { padding-top: 142.86%; } } Klagen über &bdquo;Geistersiedlung“ in Münster Bei den meisten anderen ehemaligen &bdquo;Britenhäusern“ hat die Bundesanstalt vor einiger Zeit umgeschwenkt. Einen Großteil der früheren Soldatenwohnungen will die BImA jetzt selbst sanieren und vorrangig an Bundesbedienstete vermieten, zum Beispiel Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Bundeswehr oder der Bundespolizei. Das gilt für mehrere Bielefelder Standorte wie in Heepen oder Stieghorst genauso wie für Häuser in Paderborn oder Münster. Die lahme Entscheidungsfindung für die Verwertung der Britenhäuser hatte der Bundesbehörde zuvor deftige Kritik eingebrockt, weil der Hickhack allerorten zu jahrelangen Leerständen führte. In Münster etwa wetterte eine Zeitung im Mai 2024 über eine &bdquo;Geistersiedlung am Angelsachsenweg“: &bdquo;Vor elf Jahren verließen die letzten britischen Soldaten Münster“, stellte der Autor fest. &bdquo;Seitdem gammeln 39 Soldatenwohnungen am Angelsachsenweg vor sich hin.“ Als ein Problem wurde in Münster der Denkmalschutz für die Häuser identifiziert, der einen Abriss verbietet – genau wie in Bielefeld. Die Häuser in Münster würden &bdquo;allesamt saniert“, betont die BImA auf Nachfrage. Ein Verkauf sei nicht vorgesehen, bis zur Fertigstellung könne es aber noch &bdquo;einen längeren Zeitraum“ dauern. Denkmalschutz wurde zähneknirschend akzeptiert Wie in Münster hat die BImA wohl auch in Bielefeld den Denkmalschutz für einen Teil der Britenhäuser zähneknirschend akzeptiert, ebenso wie die von der Stadt erlassene Erhaltungs- und Gestaltungssatzung, obwohl beides &bdquo;in nicht unerheblichem Maße das Eigentumsrecht beschränken“ (und mithin den erzielbaren Kaufpreis reduzieren) würde, wie die Behörde klagt. Auf der anderen Seite ist in der Bielefelder Politik wohl eine Aufweichung der &bdquo;noch sehr jungen Satzungen“ bisher kein Thema, wie aus dem Rathaus zu hören ist. Bis 2026 will die BImA nach früheren Aussagen die Britenhäuser rund um die Joseph-Haydn-Straße verkauft haben, danach werden die fälligen Sanierungen einige Zeit in Anspruch nehmen. Sprich: Es dauert noch. In direkter Nachbarschaft schwärt unterdessen auch der Leerstand des im Sommer 2024 aufgegebenen Altenheims Wilhelm-Augusta-Stifts. Im östlichen Musikerviertel gibt es also allerhand zu tun.

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