Statt Abriss: Saniertes Bielefelder Haus lässt jetzt die ganze Straße aufblühen

Bielefeld. Bleichstraße: nicht die gefragteste Wohngegend in der Stadt. Lohnt es sich da, in ein Zwölf-Parteien-Haus, Baujahr 1959, zu investieren? Viele hätten ihnen zum Abriss geraten, berichtet Lisa Beckmann, die selbst in Spenge auf dem Land lebt und die Immobilie von ihrem Großonkel geerbt hat. &bdquo;Und ob“, macht Klaus Beck, ein befreundeter Architekt aus Bielefeld, ihr Mut. Es hat sich gelohnt: Das Haus ist nicht wiederzuerkennen, lässt die Straße aufblühen und belegte jetzt in der Kategorie &bdquo;Gewerblich bewirtschaftete Gebäude“ den ersten Platz beim Bielefelder Klimaschutzpreis. Ein besonderes Augenmerk bei der Sanierung hat Beck auf den Einsatz nachwachsender und wiederverwendbarer Materialien gelegt. Fassaden, Dächer und Kellerdecken wurden entsprechend gedämmt, Fenster und Türen ausgetauscht und die Wohnungen an die Fernwärme angeschlossen. Besonders sind die &bdquo;klimaangepasste Vorgartengestaltung“ und Details wie Brut- und Nisthilfen für Vögel im Giebelbereich. News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den kostenlosen Whatsapp-Kanal der NW Bielefeld Geringere Nebenkosten für Mieter an der Bleichstraße &bdquo;In keinem Bereich sind Maßnahmen für den Klimaschutz so wirksam wie bei der energetischen Ertüchtigung von älteren Bestandsgebäuden“, sagt Beck. Wohnungsbaugesellschaften übernähmen da zunehmend Verantwortung, private Eigentümer aber &bdquo;viel zu wenig“. Mit Ausnahme des Austauschs der Fenster und Türen in den 1970er-Jahren sei auch bei den jetzt sanierten, insgesamt zwölf Wohnungen mit jeweils 54 oder 66 Quadratmetern Wohnfläche nichts verändert worden. &bdquo;Das dreigeschossige Gebäude ist ein typisches Beispiel für den umfangreichen Wohnungsbau der Nachkriegszeit, solche Gebäude sind in allen Städten Deutschlands weit verbreitet“, sagt Beck. Fernwärmeanschluss, neue Fenster und Türen mit Dreifachverglasung, Wärmedämmung aller Fassadenflächen, der obersten Geschossdecke zum unbeheizten Dachraum sowie der Kellerdecke: Der Energiebedarf und für Heizung und Warmwasser und der CO?-Ausstoß seien durch die Sanierung um etwa zwei Drittel reduziert worden – und somit auch die Nebenkosten für die Mieter. Lesen Sie auch: Altes Bielefelder Fischgeschäft wird zu innovativem Architekturbüro Niststeine für Vögel, Verstecke für Fledermäuse Lisa Beckmann und ihrem Ehemann David, gelernter Landschaftsgärtner und Biologe, war es außerdem wichtig, Baustoffe mit geringer grauer Energie und auf nachwachsender Rohstoffbasis zu verwenden, die architektonische Qualität und den Wohnkomfort zu steigern. &bdquo;Die eingesetzten Materialien sind weitgehend rückbaufähig, da mechanische Verbindungen anstelle von Verklebungen gewählt wurden“, berichtet Beck. Die Dämmkonstruktion sei im Gegensatz zu üblichen Wärmedämmverbundsystemen vollständig demontierbar, alle Komponenten bis auf die Putzflächen nach Rückbau vollständig wiederverwendbar. Böden und Balkonbrüstungen der Wohnungen seien aus massivem Holz. Ein Kubikmeter davon wiederum speichere eine Tonne CO?. Noch ein ökologisches Bauprojekt: Bielefelder macht modernen Bauernhaus-Traum wahr &bdquo;Aber auch das Umfeld zu verschönern und dabei den Artenschutz zu fördern, war uns ein Anliegen“, sagt Lisa Beckmann. In die Fassade wurden sogenannte Niststeine eingebaut, die bereits im Folgejahr nach der Umsetzung durch Vogelarten besiedelt worden seien. &bdquo;Die Holzverschalungen bieten darüber hinaus Versteckmöglichkeiten für Fledermäuse und zukünftig auch Lebensräume für Wildbienen und andere Insekten“, ergänzt David Beckmann. Die ehemalige Rasenfläche vor dem Haus zur Bleichstraße hin wurde durch &bdquo;Pflanzen mit sehr langem Blütenzeitraum und minimalem Pflegeaufwand“ ersetzt, &bdquo;die den zukünftigen Herausforderungen des Klimawandels im innerstädtischen Bereich gewachsen sind“. Vor allem ältere Menschen blieben stehen und erfreuten sich daran. Und es werde kaum noch Müll in den Vorgarten hingeworfen: Anscheinend sensibilisiere die Gestaltung die Leute doch, ergänzt Lisa Beckmann. &bdquo;Think global, act local“: Unter diesem Motto setzte das Paar bei Planung und Umsetzung zudem auf Büros und Firmen aus Bielefeld und nächster Umgebung. Klimaschutz könne für alle Beteiligten ein Gewinn sein, sind sich Bauherr und Architekt einig. Und einen positiven Effekt auf die ganze Straße haben.

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