Gegen den Abwärtstrend: Bielefelder Apotheke sichert ihren Fortbestand

Stieghorst. Es sind noch ein paar Tage, die Rainer Schwöppe hinter dem Tresen der Aesculap-Apotheke stehen wird. Und doch enden die Verkaufs- und Beratungsgespräche schon seit einiger Zeit mit Worten des Abschieds und guten Wünschen. Denn mit dem Jahreswechsel gibt es auch im Ladenzentrum Stieghorst einen bedeutenden Wechsel: Nach mehr als drei Jahrzehnten wird der Apotheker Ende Dezember letztmals die Tür zu seinen Geschäftsräumen abschließen und sich in den Ruhestand verabschieden. Die gute Nachricht für die zahlreichen Stammkunden, Pflegeeinrichtungen und Arztpraxen in Stieghorst ist aber, dass die Tür am 2. Januar wieder aufgeschlossen werden wird – was in Zeiten des Apothekensterbens in Bielefeld keine Selbstverständlichkeit ist. Zana Murad übernimmt die Aesculap-Apotheke, in der er in den vergangenen Tagen bereits zugegen war, um die Kunden und die insgesamt 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besser kennenzulernen. Er freut sich auf die Aufgabe. &bdquo;Die Apotheke ist super aufgestellt“, sagt der 28-Jährige, der zwar &bdquo;der Neue“ ist, sich aber keineswegs auf unbekanntem Terrain bewegt. Denn erste Kontakte zur Apotheke und Rainer Schwöppe hatte er bereits während seines Pharmazie-Studiums geknüpft. &bdquo;Ich hatte mich damals hier für ein Praktikum beworben“, erinnert er sich. Aus dem Praktikum wurde nichts, man fand aber einen Draht zueinander. &bdquo;Wir haben uns hin und wieder getroffen und uns über betriebliche Dinge unterhalten“, sagt Schwöppe. Bei Zana Murad klingt das deutlich angetaner und dankbarer: &bdquo;Ich hatte Glück, Rainer Schwöppe kennengelernt zu haben. Er hat mir viel beigebracht und mir oft unter die Arme gegriffen. Was er macht, ist nicht selbstverständlich.“ Bei einem dieser Treffen – der Jung-Apotheker war zwischenzeitlich Filialleiter der Busch-Apotheke an der Russheide geworden – reifte dann der Gedanke, dass Murad die Aesculap-Apotheke übernehmen könnte. Hohe Kosten, knappes Personal, viel Bürokratie Dass ein Apotheker einen Nachfolger gefunden hat, ist in Bielefeld zuletzt oft zur Ausnahme von der Regel geworden. Hohe Kosten, knappes Personal, viel Bürokratie und die Konkurrenz aus dem Internet machen es für viele Pharmazeuten unattraktiv, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. In den vergangenen zehn Jahren sank die Zahl der Apotheken in Bielefeld von 80 auf 63, was einem Rückgang von mehr als einem Fünftel entspricht. Dass es an der Schneidemühler Straße weitergeht, hängt mit mehreren Faktoren zusammen. &bdquo;Der Standort hier ist sehr gut, es lohnt sich“, sagt Zana Murad. Das Ladenzentrum habe zwar nicht mehr die Strahlkraft, die es vor Jahren mal hatte, funktioniere aber noch immer gut. Lesen Sie auch: Diese Bielefelder stemmen sich gegen das Apothekensterben Zudem hat Rainer Schwöppe beim Personal verstärkt auf Teilzeitkräfte gesetzt, was sich jetzt in Zeiten knapper Kräfte auszahlt. &bdquo;Natürlich ist es leichter, mit Vollzeitkräften zu planen“, sagt der Apotheker. Die seien derzeit aber nur schwer zu bekommen, weshalb er häufiger den &bdquo;Kompromiss“ Teilzeit eingegangen sei. &bdquo;Man ist so aber auch flexibler, wenn mal jemand krankheitsbedingt ausfällt“, sagt Schwöppe. &bdquo;Es ist ein Geben und Nehmen.“ Und letztlich war auch die gute Verbindung zwischen dem Apotheker und seinem Nachfolger ein entscheidender Faktor: &bdquo;Er hat mir beim Kauf ein sehr faires Angebot gemacht“, sagt Murad. Mit der Übernahme wird somit eine durchaus erfolgreiche Unternehmensgeschichte weitergeschrieben. Gegründet wurde die Aesculap Apotheke 1971 von der Apothekerin Ruth Töpler im damals noch brandneuen Stieghorster Ladenzentrum. Während sich in den folgenden Jahrzehnten das Gesicht des Zentrums deutlich änderte, blieb die Apotheke eine verlässliche Konstante. 1993 übernahm Rainer Schwöppe dann die Geschäfte, im Februar 2018 feierte er sein 25-Jähriges. Am 2. Januar wären es dann 32 Jahre geworden – stattdessen feiert der Apotheker dann den zweiten Tag seines verdienten Ruhestandes. Viele Pläne für den Ruhestand Langweilig wird es ihm voraussichtlich nicht werden. &bdquo;Ich habe eigentlich viele Hobbys gepflegt“, sagt der 65-Jährige. &bdquo;Allerdings war bis jetzt eigentlich immer der Betrieb wichtiger.“ Nun rückt die Familie an die erste Stelle, dicht gefolgt von Wanderungen, Sport, Reisen und mehreren Ehrenämtern. Lesen Sie auch: Medikamentenmangel und Apothekensterben in Bielefeld: Apotheker schlagen Alarm Und einen lang gehegten Wunsch will er sich auch noch erfüllen: &bdquo;Ich möchte noch eine Sprache lernen: Spanisch“, verrät Rainer Schwöppe. Als Apotheker im Ruhestand hat er dort vielleicht neben der Zeit auch einen weiteren Startvorteil: &bdquo;Ich habe ja mal Latein gelernt – das ist dann sicher nützlich.“

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