Von Sexclips bis Gewaltvideos: Kinder werden virtuell allein gelassen

Bielefeld. Er werde seinen Kindern TikTok verbieten, sagt mein 15-jähriger Sohn. Die meisten Inhalte dort seien &bdquo;der größte Mist“. Gleichzeitig aber schimpft er über das pauschale Handyverbot, das jetzt an seiner Schule eingeführt wurde. Auch für die Kurzfilme und Präsentationen, die sie aktuell in einem Wahlfach produzieren sollen, dürften sie es nicht einsetzen. Und die von der Stadt versprochenen Schüler-iPads lassen weiter auf sich warten. Und nun? Eine einfache Lösung gibt es da definitiv nicht, ein kluger Umgang ist gefragt. Aber es ist nicht allein die Aufgabe von Schule, Kinder für eine Zukunft, in der digitale Medien und Künstliche Intelligenz eine immer größere Rolle einnehmen, fit zu machen. Hier sind die Eltern, die oft dazu neigen, einen großen Teil des Erziehungsauftrags an Kitas und Schulen abzuwälzen, gefragt. Denn wir sind es, die unseren Kindern Smartphones kaufen – und das immer früher, mittlerweile nicht selten schon zum Start in die Grundschule. Kinder in der realen Welt überbehütet, virtuell allein gelassen Doch während viele ihre Kinder in der realen Welt überbehüten, sie als Elterntaxis – und auch in anderen Bereichen – gern vor jedem unbequemen Weg bewahren und per Smartwatch tracken, lassen sie sie in der virtuellen Welt häufig allein. Das kritisiert auch Silke Müller, Schulleiterin in Niedersachsen und seit 2021 erste Digitalbotschafterin ihres Landes. In ihrem 2023 erschienen Buch &bdquo;Wir verlieren unsre Kinder – Gewalt, Missbrauch, Rassismus: Der verstörende Alltag im Klassen-Chat“ beschreibt sie die alarmierende Dimension: Neunjährige, die Bilder von Suiziden, von Kriegsverbrechen oder bestialischen Tierquälereien auf ihren Handys sehen, verschickt im Klassenchat oder auf Social Media geteilt. Die Eltern seien oft ahnungslos. Der Hintergrund: Vater geschockt: Bielefelder Grundschüler gucken Sex-Szenen auf dem Handy Oder manchmal auch einfach ausgelaugt vom anstrengenden Alltag. Müller appelliert an Eltern und Politik, nicht länger wegzusehen, sondern &bdquo;endlich die Brisanz und Gefahr, die von sozialen Netzwerken für Kinder, Jugendliche und letztlich auch für die Gesellschaft“ ausgehen, zu erkennen. Ja, unbedingt: Denn Kinder haben das Recht, unbeschwert, glücklich und beschützt aufzuwachsen – im realen Leben und in der digitalen Welt. Was also tun, wenn alle in der Klasse ein Handy haben? Australien macht’s vor und setzt das Nutzungsalter für TikTok und Co. auf 16 Jahre. Wenn hier wenigstens einfach alle Eltern mitziehen und frühestens zur weiterführenden Schule dem Smartphonewunsch nachkommen würden, wäre schon einiges gewonnen. Und sich dann mit einer Welt beschäftigen, die sie vielleicht am liebsten so nicht hätten, aber auch nur begrenzt beeinflussen können. Im Gespräch bleiben über die reale Lebenswelt ihrer Kinder, die sich zu großen Teilen aus Likes, Kurznachrichten, Selfies, Swipen und Ähnlichem definiert. Das neueste Smartphone unterm Weihnachtsbaum Gewaltvideos, Hassbotschaften, pornografische Darstellungen, mehr als fragwürdige Challenges: Bei dem, was durchs Netz flimmert, sind Eltern mehr denn je gefragt, ihren Kindern Werte wie Anstand, Moral und Mitmenschlichkeit zu vermitteln. Nur so kann es gelingen, zu einem gesünderen Umgang mit den digitalen Medien zu finden. Dazu gehören auch digitale Auszeiten. Und so Zeit für ein anderes Miteinander. Der Schultag ohne Handy kann dazu beitragen. Aber die durchaus zahlreichen konstruktiven Möglichkeiten, die digitale Geräte auch bieten – sei es als Kamera, als Gestaltungs- oder Präsentationstool oder Übersetzer – sollten Schülern nicht verwehrt werden. Im Gegenteil. Zum Thema: Die meisten Kinder ab zehn Jahren haben ein Smartphone Wenn jetzt unter so manchem Weihnachtsbaum für die Kinder das neueste Smartphone liegt, ist das Christkind hoffentlich auf jeden Fall so klug, den Eltern gleich ein passendes Buch mit hilfreichen Tipps und Ratschlägen für die anspruchsvolle und wichtige Medienerziehung dazuzulegen. Denn es gilt nicht nur, seine und auch andere Kinder vor schlimmen Inhalten und Gefahren im Netz zu beschützen. Die exzessive Nutzung von TikTok und Co. fördert zudem eine Abhängigkeit von digitalen Medien, die sich negativ auf die soziale Interaktion, schulische Leistungen und das allgemeine Wohlbefinden der Kinder auswirken kann. Smartphones für Kinder: Das sollten Eltern wissen Fernseher, Smartphone und Laptop: &bdquo;Eltern müssen Zugang und Zeiten klar regeln“ Elektrosmog, Brandrisiko und Co.: So gefährlich sind Smartphones wirklich Verunsicherte Eltern: Wie lange dürfen Kinder ans Smartphone? Was tun, wenn Kinder mediensüchtig sind

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