Interessante Begegnungen beim Blick hinter Bielefelder Knastmauern

Bielefeld. Graue, hohe Mauern, schwere Türen und eine triste beklemmende Atmosphäre. Das ist wohl ein Bild, das viele Menschen mit &bdquo;Knast“ verbinden. Auf den ersten Blick scheint die Justizvollzugsanstalt (JVA) Brackwede genau diesem zu entsprechen. Jetzt aber zeigten die JVA und ihre Insassen bei der Knastkulturwoche eine ganz andere Seite von sich. Felix R. (Name geändert), der wegen eines Gewaltverbrechens in der JVA inhaftiert ist, hat eine sternförmige Skulptur aus Kalkstein geschaffen und in drei Farben bemalt. Jede dieser Farben hat eine besondere Bedeutung für ihn. Rot stehe für die Liebe zu seiner Familie, Grün für den Frieden, den er mit seiner aktuellen Situation geschlossen habe und &bdquo;Gelb ist eine Warnung für mich – dass ich so etwas nie wieder mache“, erklärt der junge Mann. In derselben Projektgruppe arbeitete auch Valery Harder mit. Er wurde zu zehn Jahren Haft verurteilt, weil er 2022 seine Frau erstach. Jetzt fertigte er eine Skulptur in Form einer Friedenstaube, die sich von einem schweren Sockel erhebt. &bdquo;Der steht für die viele Zerstörung in der Welt, die ganzen Kriege“, sagt Harder. Auch sein altes Leben, das er zerstört habe, sehe er in dem schweren Sockel repräsentiert. Die Taube bilde dazu den positiven Gegensatz, stelle die Hoffnung auf eine bessere Zukunft dar. &bdquo;Auch wenn das vielleicht unwahrscheinlich ist“, fügt er hinzu. Kreativer Weg in eine bessere Zukunft Auf eine bessere Zukunft hoffen viele in der JVA. Das heißt für sie vor allem: Nicht wieder straffällig werden. Eine gelungene Resozialisierung schaffen. Dafür seien Kulturangebote und Gemeinschaft sehr wichtig, sagt Leoni Kuhnle. Man würde es vielleicht für ungewöhnlich halten, doch viele der Insassen seien sehr gut für Kunst zugänglich und über die Woche hinweg äußerst motiviert bei der Sache gewesen. &bdquo;Wir malen und backen total gerne, besonders in der Gruppe war das toll“, bestätigte ein Häftling, der anonym bleiben will. Kuhnle leitet seit zwei Jahren die Organisation der Knastkulturwoche in der JVA Brackwede und möchte dabei eine aktiv gelebte Gemeinschaft in den Fokus rücken. &bdquo;Weibliche und männliche Gefangene stehen hier zusammen mit externen Besuchern, essen, trinken, lachen. Das ist doch toll“, sagt sie. News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den kostenlosen Whatsapp-Kanal der NW Bielefeld Was für Außenstehende normal wirkt, ist in der JVA eine absolute Ausnahme, die speziell beantragt werden musste. Denn Männer und Frauen sind im geschlossenen Vollzug streng getrennt. Sie würden sich so gut wie nie begegnen, sagt Kuhnle. Auch große Menschengruppen seien viele Gefangene nicht mehr gewohnt. &bdquo;Ich bin total reizüberflutet und überfordert“, sagt ein Häftling, der anonym bleiben möchte. Zu Beginn der Veranstaltung habe er sich fast wieder in seine einsame Zelle zurückgewünscht. Auch deshalb seien Veranstaltungen wie diese so wichtig, sagt Kuhnle. Sie stellten ein Stück Normalität dar, das die Insassen in der JVA gar nicht mehr kennen würden und mit dem sie erst wieder lernen müssten, richtig umzugehen. Die landesweite Knastkulturwoche stand in diesem Jahr unter dem Motto &bdquo;Sichtbar sein“. Es ginge darum, einen Teil der Gesellschaft sichtbar zu machen, der sonst ungesehen und teilweise missverstanden bliebe, sagt der langjährige Leiter der JVA, Uwe Nelle-Cornelsen, der dieses Jahr als Vertreter des Justizministeriums anwesend war. Wertschätzung hilft bei der Resozialisierung &bdquo;Wertschätzung durch Wahrnehmung“ spiele eine zentrale Rolle bei der Resozialisierung der Insassen, erklärt er. Deshalb sollen die Gefangenen die Möglichkeit bekommen, sich durch ihre Kunstwerke und Backwaren darzustellen und für die Öffentlichkeit sichtbar zu machen. Das Feedback für solche Projekte sei insgesamt äußerst positiv. Gefangene und Mitarbeiter der JVA berichten gleichermaßen über eine positivere Grundstimmung im Knast, ein höheres Gemeinschaftsgefühl. &bdquo;Es ist schön, zeigen zu können, dass wir auch tolle Sachen machen können“, sagt einer der Gefangenen, der in der Backgruppe mitgemacht hat. Sie sind stolz, &bdquo;dass es den Leuten schmeckt“, dass ihre Arbeit wertgeschätzt wird. Erfahrungen wie diese würden den Selbstwert der Gefangenen stärken und seien deshalb zentral für eine erfolgreiche Resozialisierung, betont Kuhnle. Lesen Sie auch: &bdquo;Warum morden Sie?“: Opfer und Täter kommen in Bielefeld an einen Tisch

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