Rote Zahlen: Was Bielefelds neuester Klinik noch alles fehlt

Bielefeld. Ein Jahr ist die Kinderklinik Bethel am Start - ein Leuchtturmprojekt, die größte Investition Bethels, 100 Millionen Euro, zu zwei Dritteln aus Spenden finanziert. Aber schon 2021 beim Richtfest merkte Klinikdirektor Eckard Hamelmann an: “Eine Kinderklinik kann kein Gewinnbringer sein.“ Heute bestätigt sich das. Die Klinik schreibt rote Zahlen. Wie hoch, das sei kaum zu beziffern, weil sie ins EvKB eingebunden, eng verzahnt ist. Doch es gibt Anlaufschwierigkeiten. Das bestätigen Hamelmann und Geschäftsführer Thorsten Kaatze. Beide reagieren damit auf Hinweise aus dem Umfeld der Klinik. Behauptet wird, dass die Bettenauslastung nur bei gut 50 Prozent liege, dass einer von zwei OP-Sälen gar nicht genutzt werde und dass die Klinik &bdquo;überdimensioniert“ sei. Kritik von innen, die wehtut. Vor allem Hamelmann, dessen Herzblut in der Klinik steckt. Er wehrt sich: &bdquo;Die Bettenauslastung liegt zwischen 60 und 80 Prozent, Ziel sind 80.“ Bis Ende 2025 glaube er, das zu erreichen. Er warnt vor vorschnellen Urteilen, einiges müsse bedacht werden. So seien von den 181 Betten fast 20 Prozent Betten für Eltern und besondere Infektionslagen. Doch sie würden mitgezählt. Unterm Strich seien derzeit nur etwa 25 Betten aus dem System genommen. &bdquo;Dramatische Ambulantisierung“ hat Klinik kalt erwischt Dass die 80 Prozent noch nicht erreicht werden, liege unter anderem an einer &bdquo;dramatischen Ambulantisierung“. Als die Klinik geplant wurde, sei das so heftig nicht zu erwarten gewesen. &bdquo;Viele Untersuchungen und Indikationen, die noch vor wenigen Jahren stationär stattfanden, sollen jetzt ambulant oder teilstationär durchgeführt werden.“ Nicht immer sei das medizinisch gesehen ideal. Die ausführliche Diagnostik leide. .responsive23-WFqBoHjslmus7oiw-map-lageplan-neutral-kinderklinikum { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-WFqBoHjslmus7oiw-map-lageplan-neutral-kinderklinikum { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-WFqBoHjslmus7oiw-map-lageplan-neutral-kinderklinikum { padding-top: 142.86%; } } Niedergelassene Ärzte gäben Kinder ab, die Klinik springe ein. Ambulant statt stationär - &bdquo;bei gleichen Kosten, gleichem Aufwand“, aber ohne Betten abrechnen zu können. Hier, wie so oft in der Klinikfinanzierung, mache die Politik Fehler. Er geht davon aus, &bdquo;dass bis zu 25 Prozent der pädiatrischen Fallzahlen von der Ambulantisierung betroffen sind.“ Heißt: Einer von vier Fällen, die noch vor wenigen Jahren einige Nächte in der Klinik blieben, falle heute weg. &bdquo;Das trifft uns hart.“ Gastroendoskopien seien dafür ein Beispiel. &bdquo;Wir verdienen bei ambulantisierten Fällen nur ein Drittel bis ein Viertel.“ Lesen Sie auch: Patienten irritiert: Neue Bielefelder Kinderklinik ohne Handyempfang Kaatze und er bestätigen, dass aktuell nur einer von zwei OP-Sälen genutzt wird. Hamelmann: &bdquo;Wir würden gerne beide bespielen, wir könnten den zweiten auch nutzen, das würden unsere Fallzahlen hergeben.“ Was ist das Problem? &bdquo;Der Fachkräftemangel, uns fehlt Personal in den Bereichen Pflege, OP-Pflege und OP.“ Ziel sei ursprünglich gewesen, einen OP-Saal ambulant und einen stationär zu nutzen; nun aber werde tageweise gewechselt zwischen ambulant und stationär. Zweiter OP-Saal soll bis Ende 2025 am Laufen sein Die Klinik geht aber davon aus, dass der zweite OP-Saal bis Ende 2025 genutzt werden kann. Das Kinderzentrum müsse sich etablieren, das dauere eben etwas. Kaatze stellt klar: &bdquo;Ohne zweiten OP ist die Klinik nicht wirtschaftlich zu betreiben.“ Doch die Attraktivität werde steigen: Neue Lehrstühle und Professuren kommen, die Vertretungsprofessur von Winfried Barthlen werde als Uni-Professur wiederbesetzt. Kaatze: &bdquo;Bis wir auch unsere Reserven auslasten, dauert es einfach etwas.“ Hamelmann: &bdquo;Wo Eltern heute noch nach Münster oder Hannover fahren, werden sie bald mit ihren Kindern zu uns kommen.“ Kaatze hebt hervor, dass die Klinik ganz bewusst und im Sinne Bethels viele besondere Leistungen erbringe: in der Kinderpsychologie, der Medizin für Kinder mit Handicap, bei chronisch erkrankten Kindern, in der großzügigen Kinderchirurgie und vielen weiteren, spezialisierten Gebieten. Hamelmann: &bdquo;Wir haben auch ganz bewusst eine hohe Intensivkapazität geschaffen.“ Es sei ein echter Leuchtturm, ein wertiger Aber eben auch einer, der es nur schwer zur schwarzen Null schaffen werde. Kaatze: &bdquo;Es ist ein kleines Krankenhaus im Krankenhaus, alle Fachdisziplinen müssen vorgehalten werden, aber mit viel höherem Aufwand.“ Mehr Personal, intensivere Diagnostik. Beispiel: Werde ein Zugang gelegt, brauche es bei einem Kind viermal mehr Personal. Kaatze: &bdquo;Und es gibt eben nicht nur das Kind, sondern auch noch die aufgeregten Eltern.“ Das sei aber allen bewusst gewesen, die Folge sei, dass das EvKB die Kinderklinik querfinanzieren müsse. Für Kinderkliniken sei das normal, der Blick auf den jährlichen Fehlbetrag alle Krankenhäuser in Deutschland von 1,252 Milliarden Euro aber zeige, dass die Luft dünner werde. Die Bundespolitik müsse reagieren. Profitieren würde die Klinik von der angestrebten Konzentration, als Top-Anbieter könnte sie andere Kinderklinik-Schließungen abfedern und dadurch wirtschaftlicher werden. Lesen Sie auch: Neues MRT für Bielefelder Kinderklinik – schnellere Termine auch für Erwachsene Kritik an der Politik: Schuld an Finanzlage der Kliniken Kaatze stellt klar: &bdquo;Wir ziehen uns nicht aus defizitären Bereichen heraus.“ Ambulante Fälle, die in stationären Strukturen behandelt würden, müssten &bdquo;ausfinanziert werden“, appeliert er an die Politik. Hamelmann ergänzt: &bdquo;Es muss jetzt mal klar von der Gesellschaft gesagt werden, was es ihr wert ist, Kinder gut zu behandeln.“ Trotz aller Schwierigkeiten werden beide richtig sauer, wenn das Wort &bdquo;überdimensioniert“ fällt. Das sei Unsinn, die Klinik sei keine Fehlplanung, sondern mit Blick in die Zukunft geplant - als hochwertiger Leuchtturm.

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