
Bielefeld. Der Mensch ist und bleibt ein Spielkind. Das klingt nach beinahe entlastender Erkenntnis angesichts weltweiter Krisen – am Wochenende fand sie auf der 28. „Spielewelt“ in der Ravensberger Spinnerei ihre Bestätigung. Drangvolle Enge, Besucher aus allen Altersgruppen, eine bunte, lockere Atmosphäre, Spaß und Fachsimpelei – so kann man die jährliche Spiele-Präsentation des Bielefelder Vereins „Spielwiese“ und der VHS auf den Punkt bringen.
Sie ist Händler-Messe, Flohmarkt und Tauschbörse, Quali zur Deutschen „Catan“-Meisterschaft, „Monopoly“-Wettbewerb und Spieleparcours in einem. Dazu gab’s einige Besonderheiten: Die Universität Bielefeld mit Laborschule und Rußheideschule unterhielten einen Infostand zur Brettspielpädagogik. Nach dem Motto „Lernen durch Spielen“ ging es um den hilfreichen Einsatz von Spielen in der Pädagogik.
In der ersten Etage präsentierte „Spielwiese“-Vereinsmitglied Isabel Hagemann Spiele für Blinde und Sehbehinderte – bekannte und auch neue. Sie selbst ist von fortschreitender Sehbehinderung betroffen, hat deshalb Spiele für die Personengruppe verändert und weiterentwickelt: „Ich möchte gesunde und beeinträchtigte Menschen zum gemeinsamen Erleben an den Tisch bringen“, erklärt sie.

„Der Trend geht zu kooperativen Spielen“
Im gleichen Raum, und auch erstmals dabei, hatte „Lileki“ Spiele und Spielekisten für Feste und Kindergeburtstage aufgebaut – zum Ausprobieren. Der Eindruck bestätigte sich beim Gang durch das weitläufige Areal über drei genutzte Etagen: Trotz steigender Bildschirm-Zeiten und Digitalisierung, trotz vieler Onlinespiele möchten die Menschen das Haptische und den Gemeinsinn, die analoge Brettspiele bieten, nicht missen.
Lesen Sie auch: Siedler-von-Catan-Erfinder Klaus Teuber gestorben
Michael Speckmann kann das bestätigen. Der Hauptorganisator der „Spielewelt“ war am Sonntag sehr zufrieden mit Stimmung und Besucherzahl, auf mehr als 3.000 schätzte er diese für beide Tage. Inhaltlich: „Wir beobachten einen Trend zu kooperativen Spielen“, so Speckmann. Auch wendeten sich die Leute drängenden Zeit-Themen zu – Ökologie und Nachhaltigkeit, Politik und Geschichte seien beliebte Spielinhalte. So etwa das Spiel des Jahres „Emission“, bei dem es um nichts weniger gehe, als die „Ökokatastrophe zu verhindern“.

Lokal-Matadore können ihre Ortskenntnisse erproben
Sogenannte „Serious Games“ wie etwa „Friedrich Ebert“ (Ostia), das die gleichnamige Stiftung in Auftrag gab und das im Erdgeschoss vorgestellt wurde, vermittelten Wissen zu dem berühmten Politiker, brächten Spaß, forderten heraus und sorgten für ein gutes Gruppenerlebnis. Der Branche bescheinigte Speckmann eine stabil „gute Auftragslage“. Im Raspi-Erdgeschoss fand ein kleiner Stapellauf statt. Der langjährige Spieleautor Dirk Hanneforth präsentierte erstmals öffentlich sein neues Bielefeld-Spiel „Bewundernswertes Bielefeld“, mit Fotos von Matthias Hauke. Passend zu Weihnachten können Lokalmatadore ihre Ortskenntnisse unter Beweis stellen.
Lesen Sie auch: Rund 1.000 unterschiedliche Spiele in der Raspi
Eine riesige Anzahl an Klassikern und Neuheiten, Chill-Areas und Probiertische, Glücksrad und Catering dürften kaum Wünsche offengelassen haben. Übrigens: Speckmanns persönlicher Spiele-Tipp ist das kompakte „Far Away“ von Kosmos, spielbar ab 10 Jahren mit zwei bis sechs Personen.