Bielefelder Politikerin vom eigenen Vater bedroht: Was wir aus dem Polit-Drama lernen können

Bielefeld. Fühlen Sie sich diese Woche auch so richtig durchgeschüttelt? Der Mittwoch begann damit, dass Donald Trump mit einer kaum erwarteten Wucht und Deutlichkeit ein zweites Mal die US-Wahl gewann. Er endete damit, dass in Berlin die Regierung gescheitert ist. Beinah drei Jahre lang hat die Ampelkoalition gestritten, sich immer wieder gerade noch im letzten Moment besonnen. Doch nun ist zerbrochen, was nie zusammengehörte, und eine Quälerei ist zu Ende gegangen, die das Land gelähmt hat. Schuldzuweisungen, Unterstellungen und Verdächtigungen haben das Ende der Ampelkoalition begleitet. Bundeskanzler Olaf Scholz warf Christian Lindner sogar vor, sein persönliches Vertrauen gebrochen zu haben. Dass Verkehrsminister Volker Wissing in seinem Amt bleibt und aus der FDP austrat, sahen viele Liberale als Verrat an. Dabei ist er wahrscheinlich einer der wenigen, die nach dem Debakel noch in den Spiegel schauen können, weil er sich treu geblieben ist und Verantwortung übernommen hat. Und auch in Bielefeld gab es ein Polit-Drama: Die Oberbürgermeister-Kandidatin der Bielefelder CDU, Christiana Bauer, wurde von ihrer Vergangenheit eingeholt. Ihr eigener Vater hatte ihr gedroht, sie zu verunglimpfen, sie zeigte ihn daraufhin wegen versuchter Erpressung an, er warf ihr im Gegenzug Amtsmissbrauch vor. Vater bietet &bdquo;brisante und pikante Details“ aus Bauers Jugend an Im Gegensatz zur Hauptstadt sind die Parteien in Bielefeld in dieser Causa sehr respektvoll miteinander umgegangen. Bauers Vater Wilhelm Wieser bot zunächst der Partei &bdquo;Die Linke“ und gegen Honorar auch Medien &bdquo;brisante und pikante Details“ aus Bauers Jugend an. Der Vorstand der Linkspartei hat sofort die CDU informiert und die Mail weitergeleitet. Lesen Sie auch: Eigener Vater bedroht Oberbürgermeister-Kandidatin der Bielefelder CDU Auch die anderen Parteien zeigten Respekt vor der Lebensleistung von Frau Bauer, als einem verbitterten, gescheiterten, alten Mann Glauben zu schenken, der sich nun als Lebenslüge zurechtgebastelt hat, dass seine erfolgreiche Tochter, deren elterliche Sorge ihm schon vor 18 Jahren entzogen worden war, allein an seiner Misere schuld sei. Und auch, dass Wieser Kapital aus seinen vermeintlich &bdquo;heißen“ Informationen schlagen wollte, zeigt seinen wahren Charakter. Auch die Bielefelder Medien haben in einem Schulterschluss die Forderungen Wiesers ausdrücklich abgelehnt und sind in der Berichterstattung sehr sensibel vorgegangen. Bielefelder CDU ist stolz auf ihre Vorsitzende Doch auf dem Tisch liegt nun Christiana Bauers Vergangenheit, die sie jetzt auf Druck offenbaren musste. Doch was ist eigentlich schlimm daran, wenn eine junge Frau trotz schrecklicher Kindheit durchstartet und es zur Staatsanwältin und Oberbürgermeister-Kandidatin bringt? &bdquo;Wir als CDU können stolz auf unsere Vorsitzende sein, die ihr Leben selbst in die Hand genommen und trotz aller Widrigkeiten etwas aus sich gemacht hat“, fand Vincenzo Copertino, Pressesprecher des Kreisverbandes, die richtigen Worte. Lesen Sie auch: Mit diesen Themen will Christiana Bauer Bielefelder Oberbürgermeisterin werden Eigentlich wird die CDU gemeinhin eher mit den Adjektiven wertkonservativ und liberal verbunden, sozial dagegen eher am Rande. Bildungsgerechtigkeit und die Chance, unabhängig davon, woher man kommt, welchen Bildungsgrad die Eltern haben und wie viel Geld die Familie auf dem Konto hat, seinen ganz eigenen selbstbestimmten Weg zu gehen, ist normalerweise das Thema der SPD. Aber auch das zeigt, dass in der Bielefelder Parteienlandschaft mehr Menschlichkeit vorherrscht als anderswo. Der innere Kreis der Christdemokraten wusste Bescheid In Zeiten, in denen Kandidaten für politische Ämter oder Chefposten in der Wirtschaft von Recherche-Teams auf vermeintlich dunkle Flecken in ihrer Vergangenheit überprüft werden, hätte sich auch die Bielefelder CDU überlegen können, ob sie mit dieser Kandidatin um das wichtigste Amt der Stadt ins Rennen geht. Doch der innere Kreis der Christdemokraten wusste Bescheid und hat die Kandidatur unterstützt. Man könnte Christiana Bauer nun vorhalten, dass sie spätestens im Juni nach der Anzeige gegen ihren Vater wegen versuchter Erpressung an die Öffentlichkeit hätte gehen müssen, um damit die Informationshoheit zu behalten und sich und ihre Partei vor Schaden zu bewahren. Aber das gibt sie selbst als Naivität zu – und schließlich handelt es sich bei dem mutmaßlichen Erpresser ja immer noch um ihren leiblichen Vater. News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den kostenlosen Whatsapp-Kanal der NW Bielefeld Auch parteiinternen Überlegungen, bewusst mit ihrer Vergangenheit an die Öffentlichkeit zu gehen, um die Gunst der Wähler mit einer Underdog-Geschichte zu erlangen, erteilte die 35-Jährige eine Abfuhr. Sie entschied sich, allein ihre bisherige und schon sehr beeindruckende Lebensleistung sprechen zu lassen – auch das ehrt sie.

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