Regierungskrise in Berlin: Bielefeld ist schon im Wahlkampfmodus

Bielefeld. &bdquo;Wir wussten alle, dass der Mittwoch entscheidend werden würde“, sagt die Bielefelder SPD-Bundestagsabgeordnete Wiebke Esdar. Dann am Abend die ersten Nachrichten aus dem Koalitionsausschuss in einschlägigen Whatsapp-Gruppen der Fraktion. Kanzler Olaf Scholz entlässt Finanzminister Christian Lindner (FDP). Die Ampelkoalition ist Geschichte. Esdar (SPD): &bdquo;Mit Lindner keine Zusammenarbeit mehr möglich“ &bdquo;Wer nicht zu Kompromissen bereit ist, kann nicht in einer Koalition bleiben. Es war mit Christian Lindner nicht mehr möglich, gemeinsam zum Wohle des Landes zu arbeiten“, sagt Esdar. Es gehe jetzt darum, Arbeitsplätze zu sichern, die Energiepreise zu senken, die Auto- und die Zuliefererindustrie zu unterstützen und im Sinne der eigenen Sicherheit der Ukraine das Überleben zu sichern. Lindner wolle stattdessen Sozialleistungen kürzen und damit den sozialen Zusammenhalt zerstören. Es sei richtig, noch die nötigen Gesetze zu verabschieden und dann geordnet in Neuwahlen zu gehen. Zu Wort meldet sich auch Ingo Nürnberger, OB-Kandidat und Bielefelder SPD-Vize: &bdquo;Christian Lindner und das Agieren der FDP war unserem Land nicht mehr zuzumuten. Der von der FDP provozierte Dauerstreit schadete auch der Demokratie. Vor allem aber brauchen unsere Bielefelder Unternehmen jetzt schnelle Entscheidungen, die ihnen den Rücken stärken.“ Bauer (CDU): &bdquo;Die Bürger sind restlos enttäuscht von der Ampel“ Die Parteien sind keine 24 Stunden nach dem Knall in Berlin auch in Bielefeld im Wahlkampfmodus. &bdquo;Die Vertrauensfrage muss sofort gestellt werden, nicht erst im Januar“, ist die CDU-Kreisvorsitzende Christiana Bauer gänzlich anderer Meinung als die Sozialdemokratin Esdar. Die Bürgerinnen und Bürger seien restlos enttäuscht von der Ampelregierung in Berlin, meint Bauer, die auch OB-Kandidatin ihrer Partei ist. &bdquo;Deutschland braucht einen Neuanfang. Ich bin bereit dafür“, ergänzt die frisch gekürte CDU-Bundestagskandidatin Katharina Kotulla, die Esdar das Direktmandat im Wahlkreis Bielefeld-Werther abnehmen möchte. Die Bielefelder FDP begrüßt, &bdquo;dass der Finanzminister dieser falschen Politik entgegengetreten ist.“ So formuliert es der Kreisvorsitzende Jan Maik Schlifter. &bdquo;Kanzler und Rot-Grün sollten jetzt zumindest das Format haben, umgehend und ohne Klammern am Amt Neuwahlen zu ermöglichen.“ Die Liberalen freuten sich auf den Wahlkampf und seien aus dem Stand kampagnenfähig. Ein Kandidat werde kurzfristig benannt. &bdquo;Wie in Bielefeld fehlen SPD und Grünen auch in Berlin Mut, Konzept und Wille, um den Wirtschaftsstandort wieder auf Vordermann zu bringen“, stichelt Schlifter. Dass seine Partei derzeit in Umfragen unter fünf Prozent liegt, sieht er her als zusätzliche Herausforderung. Schlifter (FDP): &bdquo;SPD und Grünen fehlen Mut und Willen“ &bdquo;Egoismen und auch eine sehr destruktive Herangehensweise“ hätten dazu geführt, dass eine Einigung auf den Haushalt für 2025 nicht möglich gewesen sei, zeigte sich Bielefelds grüne Bundestagsabgeordnete Britta Haßelmann schon am Mittwochabend in Berlin tief enttäuscht. &bdquo;Da hat ein Finanzminister seine Arbeit nicht gemacht“, sagt sie mit Blick auf Lindner. Das mache sie &bdquo;wütend“ angesichts der Lage, in der sich Deutschland befinde, so die Co-Fraktionsvorsitzende im Bundestag. Dominic Hallau, Ratsfraktionschef in Bielefeld und grüner OB-Kandidat warnt davor, jetzt in einem hektischen Aktionismus zu Neuwahlen zu kommen. Der von Scholz und Robert Habeck vorgeschlagene Weg sei der richtige. Dass Habeck der richtige Kanzlerkandidat seiner Partei sei – daran lässt er keinen Zweifel. Lesen Sie auch: Lindners Verhalten spaltet Gemüter in NRW und OWL Onur Ocak ist der Vorsitzende der Partei &bdquo;Die Linke“ in Bielefeld. Er hofft, dass die vorgezogene Bundestagswahl auch seiner zuletzt arg gerupften Partei neuen Aufschwung geben wird. Angst vor einer Konkurrenz durch das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hat er nicht: &bdquo;Mir ist nicht bekannt, dass das Bündnis in Bielefeld schon Strukturen aufgebaut hätte.“ Seine Partei habe in diesen Tagen mit einem Haustür-“Vorwahlkampf“ beginnen wollen. &bdquo;Jetzt wird es ein Haustür-Wahlkampf.“ Auch Kandidaten für den Bundestag und das OB-Amt will die Partei zügig benennen. Die AfD habe bereits Info-Stände angemeldet, sagt deren Bundestagskandidat Maximilian Kneller. Die Forderung der CDU nach einer raschen Vertrauensfrage bezeichnet er dagegen als &bdquo;typischen Merz-Aktionismus“. IHK warnt vor wirtschaftspolitischem Stillstand &bdquo;Die politische Unsicherheit und fehlende Verlässlichkeit belasten die Unternehmen in Ostwestfalen schon seit geraumer Zeit, bremsen die wirtschaftliche Entwicklung und hemmen insbesondere langfristige strategische Entscheidungen“, äußert sich IHK-Präsident Jörn Wahl-Schwentker zur Regierungskrise in Berlin. Die Wirtschaft benötige jetzt ein klares Aufbruchsignal, es dürfe nicht zu einem wirtschaftspolitischen Stillstand kommen. Ursprünglich war vorgesehen, dass die Bundestagswahl parallel zur möglichen OB-Stichwahl am 28. September kommenden Jahres stattfinden sollte. Der erste OB-Wahlgang, die Ratswahl und die Wahl zu den Bezirksvertretungen sind zwei Wochen zuvor, am 14. September angesetzt. Jetzt dürfte die Kommunalwahl mehr von lokalen Themen bestimmt sein. News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den kostenlosen Whatsapp-Kanal der NW Bielefeld

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