Frau aus Bielefelder Drogenszene vergewaltigt? Angeklagter wird freigesprochen

Bielefeld. Wäre er verurteilt worden, so hätte Semih U. (Namen aller Betroffenen geändert) die kommenden Jahre sehr wahrscheinlich im Gefängnis verbracht. Der 36 Jahre alte Bielefelder war angeklagt, im Mai im Bereich der Paulusstraße eine Frau vergewaltigt und misshandelt zu haben. Dieser Vorwurf ließ sich vor dem Amtsgericht nun jedoch nicht mehr aufrechterhalten. Die Staatsanwaltschaft ging zunächst von folgendem Geschehen aus: In der Nacht auf den 10. Mai traf Semih U. im Bereich der Stadtbahnhaltestelle am Hauptbahnhof, der sogenannten Tüte, auf die ihm zuvor unbekannte Ella H. (28). Die Frau wollte Drogen kaufen, hatte dafür jedoch kein Geld. Der alkoholisierte Angeklagte kaufte ihr Kokain, das Ella H. sodann durch eine Pfeife konsumierte. Im Anschluss begab sie sich mit Semih U. in einen Grünstreifen im Bereich der Paulusstraße, um ihm dort als Gegenleistung für das Drogengeld Sex anzubieten. Doch wurde der Mann im Lauf des zunächst einvernehmlichen Geschlechtsverkehrs derart aggressiv, dass Ella H. Schmerzen erlitt und sich in der Folge lautstark wehrte. Mehrfach soll der 36-Jährige die Frau geschlagen und mit einem Unterarm derart gegen den Nacken der bäuchlings auf dem Boden liegenden Frau gedrückt haben, dass sie Probleme beim Atmen bekam. Schließlich wurde ein Mann auf den Lärm aufmerksam und verständigte die Polizei. Zwei Beamte zogen Semih U. von der Frau runter, legten ihm Handschellen an und brachten ihn in den Gewahrsam. Seither saß er in Untersuchungshaft. Angeklagter weist Vorwürfe zurück In der Verhandlung vor dem Schöffengericht unter dem Vorsitz von Richterin Tina Rüdiger erklärte Verteidiger Ali Senol namens seines Mandanten, dass dieser die Vorwürfe in Gänze zurückweise. Richtig sei, dass U. vor dem fraglichen Geschehen mit Freunden ordentlich dem Alkohol zugesprochen habe. Lesen Sie auch: 24 Stunden an der &bdquo;Bielefelder Tüte“: So ist es wirklich am Drogen-Hotspot Gegen 2 Uhr habe er sich auf dem Heimweg befunden, als ihm am Willy-Brandt-Platz zwei Frauen und ein Mann, die er allesamt nicht gekannt habe, entgegengekommen seien. Eine der Frauen – Ella H. – habe ihm für 100 Euro Sex angeboten. Er sei darauf eingegangen, woraufhin H. ihrem männlichen Begleiter 20 Euro in die Hand gedrückt und von diesem Kokain bekommen habe. Der Mann und die Begleiterin von Ella H. seien davongegangen, Ella H. habe ihn an der Hand genommen und in Richtung eines Grünstreifens an der Paulusstraße gezogen. &bdquo;Dabei war sie sehr laut, manchmal schrie sie auch“, hieß es in der Erklärung. Auch beim anschließenden Sex sei die 28-Jährige sehr laut gewesen: &bdquo;Das war mir unangenehm, wir waren mitten in einem Wohngebiet“, ließ U. seinen Verteidiger ausführen. Plötzlich sei ein Licht auf sie zugekommen: &bdquo;Ich erschrak und stützte mich auf sie. Sie sagte irgendwas. Dann wurde ich grob angefasst und hochgezogen.“ Erst da habe er erkannt, so U., dass es sich um Polizei handelte: &bdquo;Ich bekam Handschellen angelegt und kam in eine Zelle.“ Angeklagter Bielefelder wird freigesprochen Die Vernehmungen der beiden Polizeibeamten vor dem Schöffengericht vermochten die Version des Angeklagten zumindest nicht gänzlich zu erschüttern. So gaben die Beamten zu Protokoll, der Einsatz sei erfolgt, weil ein Zeuge eine mutmaßlich betrunkene Person habe schreien hören. Lautes Schreien hätten sie nicht mehr gehört, so die Polizisten vor Gericht. Lesen Sie auch: Millionen Klicks auf Tiktok: Bielefelder Obdachlose spricht in Videos über ihr Leben Einer der Beamten führte aus, dass Ella H. beim Eintreffen der Polizei geäußert habe: &bdquo;Der hat mich vergewaltigt. Er wollte mich ersticken.“ Sein Kollege sagte, dass die Frau jedoch nicht so aufgebracht gewirkt habe, wie er es vielleicht bei einer vorangegangenen Vergewaltigung erwarten würde. Und auf explizite Nachfrage von Verteidiger Senol führte der Polizist weiter aus, dass Semih U. &bdquo;etwas perplex wirkte, dass jetzt auf einmal Polizei da war“. Die nachfolgende Vernehmung von Ella H., die in nichtöffentlicher Verhandlung erfolgte, war nicht dazu geeignet, die Vorwürfe gegen den Angeklagten zu erhärten. Das Schöffengericht folgte schließlich den Anträgen von Staatsanwältin Jacqueline Deutzmann sowie Verteidiger Ali Senol und sprach den 36-Jährigen frei. Für die erlittene Untersuchungshaft steht U. nun eine Entschädigung zu.

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