Überraschende Wendung: Neuer Betreiber für Bielefelder Heroinpraxis

Bielefeld. Nicht der Düsseldorfer Mediziner Christian Plattner und die Medikusgruppe, sondern der Bielefelder Arzt Robert Morkel wird die Diamorphinpraxis in der früheren Hauptpost am Hauptbahnhof betreiben. Die überraschende Wendung wurde am Dienstag im Sozialausschuss des Bielefelder Rates bekannt gegeben. Am Betreiberkonzept und der der dazu geschlossenen Kooperationsvereinbarung wird sich nichts ändern. Nur der Eröffnungstermin verschiebt sich. Nicht mehr in diesem Herbst, sondern wohl erst im April soll die Praxis öffnen. Diamorphin ist pharmazeutisch hergestelltes Heroin. Es kann an Süchtige abgegeben werden, die mindestens 23 Jahre alt sind und bei denen Therapien und das Ersatzmittel Methadon nicht mehr helfen. Wie vereinbart, soll die Zahl der Patientinnen und Patienten der Diamorphin-Ambulanz auf 120 beschränkt werden. Nur maximal zehn Prozent der Plätze dürfen an Nicht-Bielefelder vergeben werden. Vereinbart wurde außerdem, dass die vorgeschriebene psychosoziale Beratung der Abhängigen durch den Bielefelder Verein Drogenberatung in der Praxis erfolgen soll. Klinischer Kooperationspartner ist das Evangelische Klinikum Bethel (EvKB). Morkel mit Erfahrungen in der Substitutionstherapie Dass sich Plattner von dem geplanten Engagement in Bielefeld zurückzieht, hat einen ganz persönlichen Grund. &bdquo;Ich werde zum dritten Mal Vater, möchte meine privaten Prioritäten anders setzen“, sagte er am Dienstag bei der Vorstellung seines Nachfolgers. Robert Morkel sollte eigentlich als angestellter Arzt die Leitung der Bielefelder Ambulanz übernehmen. Jetzt will er die Praxis eigenverantwortlich führen. &bdquo;Für mich ein Glücksfall“, so Plattner. Morkel (41) ist Facharzt für Neurologie, verheiratet und ebenfalls dreifacher Vater. Zurzeit arbeitet er noch als Oberarzt bei Bethel regional , kümmert sich im Bielefelder Süden um Patienten mit Suchterkrankungen und hat bereits vielfältige Erfahrungen in der Substitutionstherapie, also etwa im Umgang mit Methadon, gesammelt. Für die jetzt getroffene Entscheidung gibt es auch Lob vom künftigen Kooperationspartner, dem Verein Drogenberatung. Morkel sei in Bielefeld vernetzt, kenne sich aus im Hilfesystem. &bdquo;Wir sehen viele Synergieeffekte“, sagte Jan-Gert Hein, Geschäftsführer der Drogenberatung. Und auch Co-Geschäftsführerin Verena Küpperbusch sprach von einem &bdquo;guten Weg“, der zur Qualitätssicherung beitrage. Ähnlich äußerte sich auch Martin Driessen, Direktor der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie am EvKB. Morkel sei kein Unbekannter, stehe für eine hochwertige Arbeit. Arzt Plattner: Gute Lösung in Bielefeld gefunden Bielefelds Sozialdezernent Ingo Nürnberger betonte, Ziel bleibe es, dass die Praxis keine übermäßige Sogwirkung aus der Region haben dürfe. &bdquo;Bielefeld kann nicht alle Last für die Kommunen in OWL übernehmen.“ Allerdings werde auch darüber nachgedacht, ähnlich wie bei der Diamorphin-Praxis, eine Öffnung des Drogenhilfezentrums an der Borsigstraße für Auswärtige zu erlauben – in einem ebenfalls auf zehn Prozent der Klienten begrenzten Umfang. Als der Düsseldorfer Arzt Christian Plattner und seine Medikus-Gruppe im Sommer 2022 ankündigten, in Bielefeld eine Diamorphin-Praxis zu eröffnen, war der Aufschrei groß. 300 bis 400 Abhängige aus der ganzen Region wollte Plattner in seiner in der ehemaligen Hauptpost an der Nahariyastraße geplanten Praxis behandeln. Viele fürchteten einen Abhängigen-Tourismus an einem Standort, in dessen Nachbarschaft sich schon jetzt mit dem Stadtbahnzugang Tüte am Hauptbahnhof einer der größten Drogenumschlagplätze Bielefelds befindet. Das wurde durch die Kooperationsvereinbarung begrenzt. News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den kostenlosen Whatsapp-Kanal der NW Bielefeld Plattner und der Zusammenschluss der Medikus-Gruppe hatten auch in anderen Städten, in denen sie eine Diamorphin-Praxis an den Start bringen wollten, Widerstand erlebt. Bielefeld sei da keine Ausnahme gewesen, so der Mediziner. &bdquo;Aber in Bielefeld ist jetzt eine wirklich gute Lösung gefunden worden.“

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