Herr Wenzel, ist die Zeit von Fridays for Future in Bielefeld vorbei?

Herr Wenzel, bei der letzten großen Demonstration am 20. September 2024, zu der die Klimaschutzbewegung &bdquo;Fridays for Future“ weltweit aufgerufen hat, kamen in Bielefeld nur etwa 500 der erwarteten 1.000 Teilnehmer zusammen. Sind sie enttäuscht? Pascal Wenzel: Nein, enttäuscht bin ich nicht. Es ist ein bundesweiter Trend, dass immer weniger Menschen für den Klimaschutz auf die Straße gehen. Es gilt auch die andere Seite zu betrachten. Dafür, dass es uns schon so lange gibt, bewegen wir immer noch Hunderte. Die Polizei hatte am Ende übrigens 800 Teilnehmer gezählt. Sie waren von Anfang an in der Ortsgruppe Bielefeld aktiv und haben als Achtklässler viel organisiert. Jetzt sind Sie in Vollzeit als Zugbegleiter berufstätig und in den Harz gezogen. Hier ist nur noch ihr Zweitwohnsitz im Elternhaus. Geht es vielen Ihrer damaligen Mitstreiter ähnlich? Bei den meisten ist das so. Wir merken, dass das Kernteam gerade extrem schrumpft. Wir waren zu Beginn 2019 im wöchentlichen Plenum über 30 Leute. Jetzt sind es vielleicht noch vier bis sieben. Viele wohnen und arbeiten nicht mehr in der Stadt. Das wirkt sich unmittelbar auf die Entwicklung von Strategien und die Organisation von Demonstrationen aus. Immer weniger Demos im Jahr Zur Strategie gehört auch die Ansprache von Schülervertretungen. Durch fehlendes Personal hat auch die Häufigkeit der Kundgebungen abgenommen. In der Anfangszeit gab es jede Woche kleine Aktionen. Dann sind Flashmobs und Fahrraddemos gewachsen. Seit Corona organisieren wir noch etwa drei bis vier größere Demonstrationen pro Jahr. Einen neuen Termin gibt es aber noch nicht. Immer weniger junge Leute sind auf den Demonstrationen. Ist die Zeit von Fridays for Future vorbei? Nein, aber die Struktur hat sich gewandelt. Schulklassen und Kindertagesstätten sind immer noch unsere wichtigste Zielgruppe. Der Schülerstreik soll der Kern bleiben. Aber es schließen sich auch ältere Gruppierungen wie &bdquo;Parents for Future“, &bdquo;Students for Future“ und &bdquo;Omas gegen Rechts“ unseren Demonstrationen an. Dass sich ein Querschnitt aus der gesamten Gesellschaft beteiligt, werten wir als sehr positiv. Lesen Sie auch: Fridays For Future: Immer weniger junge Menschen bei Bielefelder Demonstrationen Wenn sich auf den Demonstrationen auch andere Gruppierungen beispielsweise gegen Rechtsextremismus beimischen, geht dann der eigentliche Fokus verloren? Das konnte ich bislang nicht beobachten. Ich würde nicht sagen, dass die Organisation unterwandert wird. Die anderen Gruppierungen legen ihren Fokus bei unserer Aktion dann auf Klimathemen. Es ist auch ein grundsätzliches Problem, dass Klimaaktivisten deformiert und teilweise als kriminell dargestellt werden. Der Hass gegen die Klimabewegung von Rechts ist zu spüren. Auch ich wurde nach einer Kundgebung schon tätlich angegriffen. Wie soll es weitergehen und die Ortsgruppe wieder an aktiven Mitgliedern gewinnen? Es ist schwer geworden, neue Mitstreiter zu begeistern und Treffen zu organisieren. Dennoch wollen wir wieder mehr werben und die Leute mobilisieren. Von den Klimaklebern distanzieren wir uns. Sie unterstützen zwar dasselbe Ziel, wir sind aber mit dem Vorgehen nicht einverstanden. Das verstärkt nur den Hass gegen die Klimabewegung. Leider werden alle in einen Topf geworfen, die sich für das Klima einsetzen. Um welche Themen wird es gehen, welche Ziele und Forderungen haben Sie konkret für Bielefeld? Wir werden uns auf Bundesthemen fokussieren. Hierbei funktioniert der gemeinsame Austausch noch recht gut. Die Klimaneutralität bis 2030 und die damit verbundene Verkehrswende bleibt unser oberstes Ziel. Auch die energetische Planung spielt eine Rolle. Dächer müssen begrünt, die erneuerbaren Energien ausgebaut und die Menschen dafür begeistert werden. Wir können damit einen großen Schritt nach vorne machen und als Kommune eine Vorreiterrolle einnehmen. Leider ist die Verwaltung in vielen Dingen noch zu langsam. Daher muss der öffentliche Druck steigen. Sind die Ziele realistisch bis 2030 zu schaffen? Es passiert schon viel. Der Ausbau schreitet voran. Die Stadtwerke liefert nur noch Strom aus erneuerbaren Energien an ihre Kunden. Trotzdem ist es eine sehr kurze Zeit für noch viele bevorstehende Schritte.

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