Gegengift zur Radikalisierung: Darum öffnen die Bielefelder Moscheen ihre Türen

Bielefeld. Es war für Muslime schon einmal deutlich einfacher und friedlicher, in Bielefeld zu leben. Daran kann sich Kadir Yüca noch gut erinnern. &bdquo;Als ich ein Kind und ein Jugendlicher war, gab es noch reichlich Anfeindungen, ,Kümmeltürke und so“, erinnert sich der Vorsitzende der islamischen Gemeinde Merkez Camii. &bdquo;Dann war das irgendwann für lange Zeit fast völlig verschwunden – bis es seit der Flüchtlingskrise wieder mehr geworden ist.“ Eine gefährliche Mischung aus Angst, Vorurteilen und Unwissen sorgten in den vergangenen Jahren dafür, dass die rund 50.000 in Bielefeld lebenden und im Bündnis Islamischer Gemeinden (BIG) organisierten Muslime spürbar häufiger mit Argwohn, teilweise mit offener Ablehnung oder gar Feindseligkeit betrachtet werden. Trotzdem und gerade deswegen öffnen die Gemeinden am 3. Oktober zum &bdquo;Tag der offenen Moscheen“ wieder ihre Türen, um mit Offenheit und Transparenz für ein besseres Miteinander zu werben. Muslime als Teil von Deutschland Der Tag der Deutschen Einheit sei für die seit 1997 jährlich stattfindende Veranstaltung bewusst gewählt worden, betont Cihad Kefeli. &bdquo;Wir sind ein Teil von Deutschland“, sagt der Vorsitzende des BIG, der ebenfalls eine Verschlechterung des gesellschaftlichen Klimas wahrgenommen hat. Misstrauen werde geschürt, die Gewaltbereitschaft habe zugenommen. Neben dem Dauerthema Flüchtlinge hätten zuletzt der Konflikt in Nahost und auch der mutmaßlich islamistisch motivierte Messeranschlag in Solingen die Stimmung merklich eingetrübt. Die Mitglieder des 1973 gegründeten und seit 1993 an der Ernst-Rein-Straße ansässigen Merkez-Moscheevereins bekommen das ebenfalls zu spüren. Lesen Sie auch: &bdquo;Das macht Angst“: Bielefelder Muslime nach dem Solingen-Attentat Regelmäßig würden Beschimpfungen, Mettbrötchen oder anderer Unrat im Briefkasten oder auf dem Gelände der Moschee landen. &bdquo;Wenn dann auf den Zetteln noch so was wie Haud ab! steht, würde ich dem schon am liebsten sagen: Junge, melde dich bei mir, dann helfe ich dir erst mit der Rechtschreibung und danach unterhalten wir uns in Ruhe“, sagt Kadir Yüca. Beteiligung der Stadt Bielefeld ein wichtiges Zeichen Dass sie Islamhasser oder Rechtsextreme mit ihrem Tag der offenen Moschee erreichen werden, glauben die Organisatoren nicht. &bdquo;Die werden ohnehin nicht auftauchen“, sagt Cihad Kefeli. Kommen würden eher diejenigen, die dem Islam und den Menschen gegenüber schon offen seien, sich sonst aber vielleicht nicht trauen würden, in eine Moschee zu gehen. Mit dem besonderen Tag soll diese Hemmschwelle noch einmal gesenkt werden – zumal die Moscheen eigentlich immer von morgens bis spätabends für jeden geöffnet seien, wie Kadir Yüca betont: &bdquo;Man könnte das jeden Tag haben.“ Lesen Sie auch: Bedrohung: Bielefelder Moschee erhält beängstigende Botschaften über Lieferando Erstmals wird der Tag der offenen Moscheen in diesem Jahr direkt über den Teilhabefonds von der Stadt Bielefeld unterstützt, was für die Gemeinden ein wichtiges Zeichen ist. &bdquo;Man fühlt sich gehört, und man fühlt sich wertgeschätzt“, sagt Cihad Kefeli. Es sei wichtig, dass sich die Vertreter der Stadt und der Gemeinden auf Augenhöhe begegneten und auch bei kritischen Fragen austauschten. &bdquo;Man muss nicht immer einer Meinung sein“, sagt Kefeli. &bdquo;Aber es ist wichtig, dass man und im Kontakt bleibt.“ Dialogbereitschaft und Offenheit seien das Gegengift zu Radikalisierung und Extremismus. &bdquo;Es ist immer besser, wenn man miteinander und nicht übereinander redet.“ Bielefelder Moscheen öffnen ihre Türen Dieses Miteinander soll nun in besonderem Maße am Tag der offenen Moschee gepflegt und gefeiert werden. Die Merkez-Moschee in der Ernst-Rein-Straße 32 startet um 14 Uhr mit einem Vortrag des Islamwissenschaftlers Hakkı Aslan (Universität Münster). Parallel dazu öffnet die Fatih-Moschee in Jöllenbeck, Vilsendorfer Straße 43, ihre Türen. Um 16 Uhr schließt sich die Bosnische Moschee an der Ziegelstraße 67 an, wo Hauptimam Aldin Kusur sprechen wird. Lesen Sie auch: Unbekannte Täter fällen Gedenkbaum in Bielefeld – rassistischer Hintergrund? Darüber hinaus sind Besucher eingeladen, zwischen 11 und 17 Uhr das Islamische Zentrum Bielefeld an der August-Bebel-Straße 82 sowie die Brackweder Vatan-Moschee an der Windelsbleicher Straße 56 zu besichtigen. Die Sennestädter Beyazit-Moschee in der Rheinallee 119, die Yunus-Emre-Moschee in der Wörthstraße 2 (beide 14 bis 17 Uhr), Bielefeld Yeni Cami an der Herforder Straße 107, Bielefeld-Moschee an der Gaswerkstraße 21 (beide 14 bis 16 Uhr) und die Hicret-Moschee an der Windelsbleicher Straße 100 (11 bis 16 Uhr) öffnen ihre Türen ebenfalls für Besucher. Wer schon vorher einen Blick in die Merkez-Moschee werfen möchte, hat dazu bereits an diesem Wochenende Gelegenheit: Am Samstag und Sonntag findet jeweils von 12 bis 20 Uhr das Herbstfest mit vielen türkischen Spezialitäten statt.

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