Bielefelder Kunsthalle bekommt Werke weltberühmter Künstler geschenkt

Bielefeld. Oskar Schlemmer, Mary Bauermeister, Nam June Paik – die Liste liest sich ein Who is who der Kunst der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Arbeiten dieser und weiterer berühmter Künstlerinnen und Künstler durfte jetzt die Kunsthalle Bielefeld in Empfang nehmen. Sie sind eine Schenkung des renommierten Kölner Kunsthistorikers, Sammlers und zuletzt (bis 2011) Direktors der Kunsthalle Bremen, Wulf Herzogenrath. Sie werden in der aktuellen Schau Arbeiten aus der Sammlung der Kunsthalle gegenüber gestellt, etwa einem Werk von Andy Warhol aus seiner Serie &bdquo;Yarn Paintings“ von 1983. Warhol brachte hier fotomechanisch reproduzierte Garnmuster im Siebdruck auf die Leinwand und stellte seine abstrakten Werke denen der malenden Vorgänger ironisierend gegenüber. Wulf Herzogenrath: In Bielefeld aufgewachsener Kunstexperte Der in Bielefeld aufgewachsene Kunstexperte betreute 1977 für die Documenta 6 den Bereich Videokunst und wurde 1987 in das Leitungsteam der Documenta 8 berufen. Als Direktor des Kölnischen Kunstvereins habe er in den 1970er-Jahren dazu beigetragen, dass sich Videokunst als damals noch neues künstlerisches Medium in Deutschland etablieren konnte, so Kunsthallen-Direktorin Christina Végh. Die Schenkungen möchte er als Reverenz an seine Heimatstadt verstanden wissen. Sie geschahen aus Anlass seines 80. Geburtstags im März dieses Jahres und bringen der Kunsthalle Bielefeld eine bedeutende Erweiterung ihres Bestands an Avantgarde-Kunst ein. Kurt Kranz, Rune Mields, Georg Karl Pfahler, Ulrike Rosenbach sowie Peter August Böckstiegel sind weitere bekannte Namen dieser Schenkung. Kunst vom Bauhaus bis zur Video-Skulptur Einige davon fügen sich unter dem Titel &bdquo;Mehr als Malerei. Blick in die Sammlung #8“ in die aktuell in der Kunsthalle und im Herforder Marta parallel laufenden Schau &bdquo;Zwischen Pixel und Pigment. Hybride Malerei in postdigitalen Zeiten“ ein (bis 10. November). Gezeigt werden Glas- und Faltobjekte, Videoinstallationen, textile Bildwerke, Malerei jenseits tradierter bildnerischer Vorstellungen. Der Titel verweist auf Herzogenraths Publikation &bdquo;Mehr als Malerei“ von 1994, die Kunst vom Bauhaus bis zur Video-Skulptur beleuchtet. Lesen Sie auch: Marta Herford und Kunsthalle Bielefeld erkunden die Zukunft der Malerei Hocherfreut sind Christina Végh und Kuratorin Henrike Mund über die großzügige Schenkung, deren Wert sich kaum ermessen lässt. Végh: &bdquo;Unsere Sammlung hat einen bedeutenden Anteil an multimedialen Inhalten dazu bekommen.“ Und sie verweist auf Nam June Paiks (1932-2006) &bdquo;Höhlen-TV mit Kerzen“ von 1986, der anstelle des flimmernden Bildschirms mit schnell wechselnden Bildern nur den hohlen Kasten mit tropfenden Kerzen zeigt, die Zeit und Bewegung nahezu stillstehen lassen – Technologieeuphorie paart sich hier sehr früh mit Technikkritik. Oder Ulrike Rosenbachs (geb. 1943) Fotoreproduktion des Herakles’, Inbegriff von Stärke und Männlichkeit. In seinem Arm klemmt ein Monitor, darin ein Frauenkopf, der immer wieder das Wort &bdquo;Frau“ haucht. Rosenbach unterwandert die männliche Dominanz und setzt ihr weibliche Energie und ein weibliches Prinzip entgegen. Gesunder Zweifel als Ideal für die postfaschistische Welt Mary Bauermeisters (1934–2023) &bdquo;Glasklarer Kosmos“ (1988) entwickelt ihre Arbeit mit optischen Linsen so weiter, dass sie verschieden große Linsen in eine kreisrunde Glasskulptur einarbeitet, die mitten im Raum hängt. Hier werden Bild- und Realraum verschränkt, durch die Linsen wird die Wahrnehmung verschoben, sodass sich der Blick relativiert. Es entsteht ein neuer Kosmos hinter der sichtbaren Welt, mit der Bauermeister der postfaschistischen Gesellschaft den gesunden Zweifel als Ideal anbietet. Kombiniert werden die Arbeiten mit Werken aus der bestehenden Sammlung der Kunsthalle, sie treten in spannenden Dialog miteinander. Végh freut sich über die Gelegenheit, passende Werke mit Herzogenraths Sammlung zusammenbringen zu können und hofft, &bdquo;dass wir diese Sammlung nach einer Kunsthallen-Erweiterung häufiger zeigen können.“ Lesen Sie auch: Star-Architekt bekommt Zuschlag für Umbau der Kunsthalle Und noch etwas hatte der Sammler bei seinem Besuch in Bielefeld im Gepäck – ein dickes Kompendium &bdquo;Gastgeschenke“ mit Texten zu 160 Künstlerinnen und Künstlern. Sie liegen faksimiliert in der originalen Gestaltung vor, ergänzt durch 212 spontan entstandene Gästebucheinträge der jeweiligen Künstler – Skizzen, Collagen und Fotoarbeiten. Sie sind ein einmaliges Zeitzeugnis und eine persönliche Zeitreise Herzogenraths, erschienen im Alexander Verlag Berlin, erhältlich unter anderem in der Kunsthalle Bielefeld.

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