„Das Grün muss runter“: Bielefelder Künstlerin mit ungewöhnlichem Vorschlag für den Kesselbrink

Bielefeld. Ihr Atelier und ihren Lebensmittelpunkt hat die Künstlerin Raphaela Kula im Alten Ostbahnhof. Und für den Bielefelder Osten schlägt auch ihr Herz. Dort betreibt sie seit vielen Jahren sozio-kulturelle Quartiersarbeit mit Kindern in ihrem Projektraum an der Straße Auf dem Langen Kampe. Aber auch der Kesselbrink hat es ihr angetan, &bdquo;weil hier so viele Menschen mit so vielen verschiedenen sozialen und kulturellen Hintergründen zusammenkommen, schätze ich ihn ganz besonders“, betont sie im dritten Kesselbrinkgespräch über die Lage auf dem Platz und dessen Zukunft. Herz des Quartiers Deshalb nennt die 60-Jährige den Kesselbrink denn auch das &bdquo;Herz eines immer stärker aufblühenden, attraktiven Innenstadtquartiers“. Und das reicht für sie von Wilhelmstraßenquartier über den Kesselbrink, Tor 6, das neue Schlachthofviertel, den RaSpi-Park, das Kulturhaus Ostblock bis hin zum Ostbahnhof. &bdquo;Daher sollten wir diesen Raum auch zusammen denken und sein Herz, den Kesselbrink, auch besonders pflegen“, so Kula, die in Bielefeld Psychologie studiert hat. Transparenz statt Efeu Für den Platz hat sie einen Wunsch mitgebracht. &bdquo;Ginge es nach mir, dann würde ich den Grünen Würfel vom Efeu wieder befreien.“ Warum? &bdquo;Weil ein Gebäude samt Gastronomie die Menschen doch viel eher anlockt, wenn sie hineinschauen können und dann von innen nach draußen wieder auf den Platz, auf Bielefeld blicken können“, betont sie. Transparenz sei etwas sehr Schönes. &bdquo;Und die passt auch viel besser zum Kesselbrink, mit seiner Größe, seiner Weite, seiner Offenheit, die er mitten in der Stadt ausstrahlt.“ Der Platz ist zu sehr zugepflastert Daran würde sie auch nichts ändern wollen. &bdquo;Ich finde es sehr gut, dass hier alle Menschen ihre eigenen Ecken finden können“, sagt die gebürtige Detmolderin. &bdquo;Allerdings wäre es gut, wenn für mehr Schatten durch Bäume und überhaupt mehr Grün auf dem Platz gesorgt würde. Gerade in Zeiten des Klimawandels.“ In diesem Sinne sei der Platz deutlich ausbaufähig. Und schön wäre es auch, wenn er natürlich nicht so zugepflastert bliebe in seinem Zentrum. &bdquo;Das gefällt mir gar nicht, auch wenn ich den Markt selber hier schätze.“ Kriminalität und Gewalt sind gruselig Was das Thema Gewalt, Kriminalität sowie Drogenkonsum und Handel auf dem Platz angeht, ist auch Kula durchaus besorgt. &bdquo;Das gruselt mich schon und ist keinesfalls akzeptabel“, sagte sie, &bdquo;aber ich habe nicht den Eindruck, dass das hier eine Dimension angenommen hat, die nicht mehr zu kontrollieren ist.“ Auch sie sei der Meinung, dass es nicht ausreiche, allein den Kesselbrink bei diesen Themen zu betrachten. &bdquo;Wir haben generell ein Problem, dass Gewalt und Kriminalität in dieser Gesellschaft zunehmen und dass es in Bielefeld daher auch übergreifend zu lösen gilt. Nicht allein auf dem Kesselbrink“, sagt sie. Die Stadt Bielefeld interviewte die Menschen auf dem und rund um den Kesselbrink im Frühjahr 2022: Ein Fußballfeld im Käfig Auch sie plädiert - ähnlich wie Simon Böer und Georg Fortmeier in den Kesselbrinkgesprächen zuvor - dafür, nicht allein auf Ordnungsamt und Polizei zu setzen, sondern auf eine noch viel stärkere Bespielung des Platzes durch kontinuierliche Kultur- und Kunstaktionen, Events, weitere Sportmöglichkeiten wie ein Fußballfeld im Käfig und Konzerte, so dass der Platz sich dadurch verändert. &bdquo;Wie wäre es zum Beispiel mit einem mehrtägigen Kesselbrinkfestival?“, fragt sie. Offenes Jugendzentrum Zudem ist Kula der Meinung, dass ein offenes Jugendzentrum im Grünen Würfel dem Platz gut tun würde. Des Weiteren sollten weitere Streetworker eingesetzt werden, um sich um die Menschen kümmern zu können, die am Rande der Gesellschaft leben, die aber auch zu dem Platz dazugehörten. &bdquo;Wo sollen sie denn sonst hin in dieser Stadt?“, fragt Kula. Sie seien doch auch ein Teil unserer Stadt und Verdrängung eben keine wirkliche Lösung. Ein Platz für alle Menschen &bdquo;Gerade, dass sich hier auf dem Platz alle Milieus wiederfinden“, hält Kula für eine besondere Qualität des Kesselbrinks, den sie wie einen Melting Pot erlebe und der die Vielschichtigkeit der Bielefelder Stadtgesellschaft spiegele. Auch aus diesem Grunde gehe sie immer wieder mit intervenistischen und partizipativen Kunstkationen bewusst auf den Platz, um die Menschen aus diesen verschiedenen Milieus noch stärker zusammenzubringen. &bdquo;Ich erlebe die verschiedenen Gruppen dabei übrigens als erstaunlich offen“, sagt Kula, der es wichtig ist, &bdquo;dass der Kesselbrink so ein offener Platz für alle bleibt, ein Ort, wo sich die Menschen frei und ohne Eintritt treffen können.“ Eine der Gruppen, für die der Kesselbrink berühmt ist, ist die Skaterszene, die sich hier regelmäßig trifft: Anregung an die NW Gerade auch für Menschen, die eben keinen Garten, keinen Balkon haben, sei er ein wichtiger und gut erreichbarer Ort. Auch von daher sollten wir den Kesselbrink schätzen und noch viel stärker in unser Herz schließen, wirbt sie und hat zum Schluss auch in Richtung in NW auch noch eine Anregung: &bdquo;Wie wäre es denn, wenn das neue Medienhaus, das die NW zusammen mit Goldbeck am Rande des Kesselbrinks baut und Ende 2026 beziehen will, um eine Galerie ergänzt wird, so dass die Zeitung ein weiteres niederschwellig zugängliches künstlerisches Angebot zur Belebung des Platzes schafft?“ Einladung zu Let’s dance auf dem Kesselbrink Raphaela Kula startet an diesem Donnerstag, 18. Juli, 16 bis 18 Uhr, zusammen mit Yuri Birte Anderson, Jelena & Alexander Quaet-Faslem sowie Art at Work auf dem Kesselbrink erneut die Aktion &bdquo;Nice to meet you“. Unter dem Motto &bdquo;Let’s dance“ gehen die Künstlerinnen und Künstler in Abendgarderobe gekleidet, mit einem klassischen Instrument und einem Geschenk ausgestattet auf die Menschen auf dem Platz zu und fordern sie zu einem Tanz auf, um mit dieser &bdquo;freundlichen Kontaktaufnahme“ Begegnungen zu fördern und die Menschen auf dem Platz miteinander zu verbinden. Infos auf: www.atelier-ostbahnhof.de

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