Bielefelder bleibt auf Weihnachtsbaum sitzen – und verklagt die Stadt

Bielefeld. Ja, ist denn schon wieder Weihnachten, mochte ein Richter des Mindener Verwaltungsgerichts gedacht haben, als er diesen Fall auf den Tisch bekam: Ein Bielefelder Bürger hatte gegen die Stadt geklagt, weil sie ihm 2022 nicht wie zugesagt eine große Tanne abgenommen hatte. Die hätte eigentlich dem Jahnplatz, dem Alten Markt oder dem Platz vor dem Rathaus weihnachtlichen Glanz verleihen sollen. Doch daraus wurde nichts. Die zuvor gerade eingeführte Baumschutzsatzung war dagegen. Die alte Übereinkunft, wonach Bürger der Stadt ihre zu groß gewordenen Tannen überlassen konnten, galt nicht mehr. Stattdessen orderte die Kommune für 9.000 Euro drei Tannen aus einem Wald in Porta Westfalica. Die Transportkosten kamen noch obendrauf. Machte am Ende mehr als 16.000 Euro. Bielefeld hatte seine adventliche Posse. Der Kläger und mit ihm zwei weitere Bielefelder Gartenbesitzer blieben auf ihren Tannen sitzen. Das ärgerte ihn so, dass er juristische Schritte einleitete. Die endeten vor dem Verwaltungsgericht jetzt mit einem Vergleich. Muss Bielefeld die Tanne noch entfernen? Der wurde auf Anregung des Richters geschlossen, &bdquo;da nicht mit Sicherheit gesagt werden kann, ob schriftliche Dokumente aus dem Jahr 2021 existieren, die einen Anspruch des Klägers auf Entfernung der Tanne begründen und die vorliegende Klage keine Aussicht auf Erfolg hat“, teilt Gerichtssprecherin Amrei Stocksmeyer dazu mit. Einen Ausnahmetatbestand von der Bielefelder Baumschutzsatzung oder auch eine Befreiung davon mochte der Richter nämlich nicht feststellen. Die Stadt sichert dem Kläger jedoch nun eine Überprüfung zu, ob noch Vorgänge aus dem Jahr 2021 vorhanden sind, die darauf schließen lassen, dass zwischen der Stadt und ihm ein Vertrag darüber geschlossen wurde, wonach die Stadt auf ihre Kosten die Tanne auf dem Grundstück des Bürgers entfernt. &bdquo;Sollte ein entsprechender Vorgang auffindbar sein und sich daraus aus Sicht der Beklagten (der Stadt, d. Red.) ein entsprechender Anspruch herleiten, verpflichtet sich die Beklagte, dem Folge zu leisten und die Tanne zu entfernen“, heißt es weiter. Sollten sich Stadt und Bürger jedoch nicht verständigen können, &bdquo;bleibt es dem Kläger vorbehalten, eine Leistungsklage gestützt auf die Abmachung aus dem Jahr 2021 zu erheben.“ Für diesen Vergleich nimmt der Bürger seine aktuelle Klage gegen die Stadt zurück. &bdquo;Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben“, so das Gericht. Was die FDP kritisiert Rein juristisch betrachtet, wurde durch den Vergleich die Baumschutzsatzung der Stadt Bielefeld bestätigt. Die FDP appelliert jedoch an Oberbürgermeister Pit Clausen (SPD), auch auf die beiden anderen vertröstetem Bürger zuzugehen und eine Ausnahme von der Satzung zu ermöglichen. &bdquo;Dass die Verwaltung es überhaupt zu einem solchen Rechtsstreit gegen einen spendewilligen Bürger kommen lässt, der sich auf Zusagen seiner Stadt verlassen hat, ist bereits eine Peinlichkeit“, sagt FDP-Fraktionschefin Jasmin Wahl-Schwentker. &bdquo;Aber selbst dann noch auf das selbst gesetzte Recht zu beharren, dokumentiert bürgerfeindlichen Starrsinn. Hier ist jetzt der OB gefragt.“ Die Liberalen hätten nach Erlass der Baumschutzsatzung eigens eine von Rot-Grün-Rot abgelehnte Ausnahme beantragt, um die Tradition der Weihnachtsbaumspende aufrechtzuerhalten. Wahl-Schwentker: &bdquo;Die Grünen und die ihr unterstellte Umweltverwaltung haben über die Jahre den Pragmatismus verloren, den es einfach braucht. Dieses permanente Misstrauen und Gegeneinander schadet unserer Stadt.“ Im vergangenen Jahr war übrigens wieder eine Bielefelder Tanne auf dem Jahnplatz zu sehen. Die fiel allerdings nach Ansicht vieler verglichen mit früheren Prachtstücken ziemlich mickrig aus. Möglich war es, sie aufzustellen, weil sie aus dem Bielefelder Außenbereich stammte. Der fällt nicht unter die Regelungen der Baumschutzsatzung.

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