Unhaltbare Zustände: Bielefelder Tagesmütter schlagen Alarm

Bielefeld. Immer wieder Ausfälle, Personalnot, die Qualität bleibt auf der Strecke: Bei der Kitabetreuung liegt seit Monaten vieles im Argen. Viele Tagesmütter in der Stadt haben hingegen noch Plätze frei, berichtet Sonja Petrusch-Roebers vom Verein &bdquo;Tamubi“ (Tagesmutter Bielefeld). Aber die würden nicht genutzt, obwohl viele Eltern von sehr jungen Kindern das liebend gerne täten. Viele hätten von den Kitas, in die die Tageskinder aus den Kleingruppen dann spätestens als Dreijährige wechseln, für das jetzt im August startende Betreuungsjahr ebenfalls eine Zusage bekommen. Aber auch die Auskunft, dass man ihnen fürs kommende Jahr wiederum nichts garantieren könne, wenn sie den Platz nicht annähmen. &bdquo;Das verunsichert natürlich viele immens“, sagt Petrusch-Roebers. Ein besseres Miteinander wünschen sich die Tagesmütter da, im Sinne der Kinder. &bdquo;Es ist doch so schizophren: Wir haben noch Plätze frei, und Kitas sind total am Limit.“ Forderung: Angebote von Tagesmüttern und -vätern stärken Gerade die ganz Kleinen blieben auf der Strecke, wenn das Personal knapp und die Gruppen groß sind. Die Angebote von Tagesmüttern und -vätern zu stärken, fordert jetzt die Bielefelder FDP in einem aktuellen Antrag zu Notfallmaßnahmen zur Verbesserung der Kinderbetreuungssituation in der Stadt. Das würden sich auch Patricia Cuna Rodriguez und Melanie Theeßen, die an der Werther Straße 89 im Bielefelder Westen die Großtagespflege &bdquo;Stadtkinder“ betreiben, wünschen. Die Existenz der beiden Tagesmütter steht auf der Kippe. &bdquo;Wir mussten allen Familien kündigen und allen Neuanmeldungen absagen, weil wir zu Ende Juli hier rausmüssen wegen Eigenbedarf“, berichten sie. Lesen Sie auch: Aussetzen von Fördermitteln für den Kita-Ausbau: Das ist schlechter Stil Seit Monaten haben die beiden eine alternative Bleibe gesucht, neben Bewerbungen auf Mietangebote auch Vereine, Senioreneinrichtungen oder Gemeinden für Raumsharing oder ein Gemeinschaftsprojekt für alle Generationen angefragt. Davon könnten beide Seiten profitieren, &bdquo;und es ist zudem nachhaltig“. Mit am Tisch sitzen und Gemüse schnippeln fürs Mittagessen, gebraucht werden und sich vom Strahlen der Kleinen anstecken lassen statt Einsamkeit im Alter, ist zum Beispiel eine Vision. Mit ihrem Vorlese-Opa hätten die &bdquo;Stadtkinder“ da schon ganz tolle Erfahrungen gemacht. &bdquo;Da könnte ganz viel Gutes entstehen im Stadtteil“, sagt Theeßen. Aber alle Bemühungen blieben bisher ohne Erfolg - und vielfach ganz ohne irgendeine Rückmeldung. &bdquo;Wir suchen auf jeden Fall weiter“, sagen beide. Denn sie seien vom Konzept der individuellen Betreuung in kleinen Gruppen für die Allerkleinsten absolut überzeugt. Gerade auch, weil Kinder immer früher und für eine immer längere Zeit in die Betreuung gegeben würden. &bdquo;Es ist wirklich ein Skandal, dass das hier an der Raumsituation scheitert“, sagt Mutter Mira Schneider. Der Bedarf an Kinderbetreuung im Bielefelder Westen sei groß, viele Eltern hätten Problem, vor Ort etwas zu finden. Mangel an Kita-Plätzen bringt Eltern zur Verzweiflung &bdquo;Auch unsere städtische Fachberatung Kindertagespflege merkt, dass es immer schwerer wird, geeignete Räume für Kindertagespflege zu finden“, sagt Sozialdezernent Ingo Nürnberger. Informationen über frei werdende Räumlichkeiten würden weitergegeben. &bdquo;Zusätzlich haben wir im Frühjahr dieses Jahres mit sieben Baugesellschaften Kontakt aufgenommen, um hier mögliche Räume für die Bielefelder Kindertagespflegepersonen zu akquirieren“, ergänzt er. Vielerorts, nicht nur in Bielefeld, bringt der Mangel an Kita-Plätzen die Eltern zur Verzweiflung – gleichzeitig nähme aber sowohl Nachfrage nach als auch Angebot von Kindertagespflegepersonen ab, sagt auch Heiko Krause, Chef des Bundesverbands Tagespflege. Die Anzahl der Kindertagespflegeplätze in Bielefeld habe sich etwas verringert, so Nürnberger. Gründe seien Umzüge, zu hohe Kosten, berufliche Umorientierung und andere persönliche Gründe. Die Anzahl der Großtagespflegestellen hab sich von 36 im Jahr 2022 auf 40 im Jahr 2023 erhöht. Lesen Sie auch: Das sind die schönsten Ausflüge mit Kindern in Ostwestfalen-Lippe Die Kindertagespflege sei die zweite wichtige Säule der Kindertagesbetreuung neben den Kindertageseinrichtungen, ergänzt Nürnberger. Sie sei kein &bdquo;vorübergehender Lückenbüßer“ für Betreuungsengpässe in Kitas, sondern ein eigenständiger Teil unserer Versorgungslandschaft, vorgesehen und konzipiert als Betreuungsangebot jeweils für eine kleine Gruppe von Kindern im Alter von einem oder zwei Jahren. Zahl der Kinder unter drei Jahren in Bielefeld wieder rückläufig Die Zahl der Kinder unter drei Jahren sei in Bielefeld und auch andernorts seit wenigen Jahren wieder rückläufig. In Bielefeld gäbe es aktuell etwa 850 Kindertagespflegeplätze, von denen aktuell cirka 800 belegt seien. Zumindest ein starker Ausbau der Kindertagespflege erscheine aktuell nicht angezeigt, &bdquo;da ja in nächster Zeit auch in Kitas neue U3-Plätze dazukommen werden“, ergänzt Nürnberger. &bdquo;Wir haben auf jeden Fall noch Plätze frei“, sagt Sonja Petrusch-Roebers. Kontaktaufnahme für Interessenten über info@tamubi.de.

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