Bekannt von Wahlplakaten: Bielefelder EU-Kandidat tritt ein aussterbendes Amt an

Bielefeld. Ingo Stucke ist stadtbekannt. Er war wochenlang auf großflächigen Plakaten überall in Bielefeld zu sehen, weil er sich als Kandidat der NRW-SPD für die Belange der Ostwestfalen im Europaparlament einsetzen wollte. Daraus wurde zwar nichts. Doch der 52-Jährige hat auch in seiner Heimatstadt genug zu tun. Im Juli tritt er seinen nächsten Job an - als Sozialpfarrer für ganz Bielefeld. Ohne ein paar Tage Pause zum Durchatmen? &bdquo;Ja“, meint er und lacht. &bdquo;Es geht in einem Schwung weiter.“ Er verlässt seinen bisherigen Sprengel in unruhigen Zeiten - aber auch ruhigen Gewissens. Lesen Sie auch: Diese EU-Kandidaten kommen aus Bielefeld Elf Jahre lang hat Stucke die Brackweder Bartholomäusgemeinde betreut. Im &bdquo;Florida von Bielefeld“ gebe es nicht nur viel Sonne, sondern auch viele Seniorinnen und Senioren - und eine lebendige Gemeinde, erzählt er ein wenig wehmütig. Als einer der letzten Pfarrer hat er Ältere an hohen Geburtstagen noch persönlich besucht. Im Monat kamen bis zu 80 Feiern zusammen, schätzt er. Dass es das künftig noch geben werde, bezweifelt er. In seine Amtszeit fällt die für seine Gemeinde schmerzliche Schließung des Gustav-Münter-Gemeindehauses am Stadtring; für das mit Bethel immerhin ein kirchlicher Nachnutzer gefunden werden konnte, meint Stucke. Die kirchlichen Gruppen dort zogen ins Bartholomäus-Gemeindehaus neben der Kirche, für das das durchaus von Vorteil war, sagt der Pfarrer. &bdquo;Es gibt keine bessere Bestandssicherung für ein Gebäude, als wenn es ausgelastet ist.“ Nur noch eine Kirchengemeinde im Bielefelder Süden Seine Nachfolge im Stadtbezirk ist mit der Queller Pfarrerin Claudia Boge-Grothaus ab September und bis dahin mit Pfarrer Frieder Osing gesichert. Doch es kündigen sich bereits weitere gravierende Änderungen an. &bdquo;Zum 1. Januar 2026 wird es im gesamten Bielefelder Süden nur noch eine Kirchengemeinde geben“, berichtet Stucke. Die Vereinigung sei auf einem guten Weg, und letztlich kehre man damit zur alten Form zurück: &bdquo;Früher waren wir auch eine einzige Gemeinde im Süden.“ Erst nach dem Zweiten Weltkrieg seien Quelle, Ummeln, Senne und Sennestadt selbstständig geworden. Bielefelds neuer Sozialpfarrer wird erst einmal weiter im Brackweder Pfarrhaus wohnen, auch wenn sein Dienstsitz ab Montag in Bielefeld sein wird: im Schatten der Kirche, an der Straßenbahnen und die meisten örtlichen Buslinie halten, im Winkel von Haupt- und Bodelschwinghstraße, die als Pass-Straße über den Teutoburger Wald den Bielefelder Süden mit dem Osten und Norden verbindet. &bdquo;Am Ende führen alle Wege zur Brackweder Kirche“, meint Stucke schmunzelnd. Sie sei auch das einzige Gebäude im Süden der Stadt, das im Dunklen angestrahlt werde. Als Nachfolger von Matthias Blomeier tritt Ingo Stucke in große Fußstapfen. Seine neue Aufgabe sei auch reizvoll, weil der Kirchenkreis Bielefeld eine der wenigen überhaupt sei, der noch einen Sozialpfarrer habe. &bdquo;Anderswo wurden die alle wegrationalisiert.“ Bewährtes wie die Vesperkirche und das Weihnachtsessen für Arme und Einsame (&bdquo;Bahnhof Bethlehem“) werde er fortführen, für Arme und Kranke, für Verzweifelte und Obdachlose da sein. Wichtig sind ihm aber auch Menschen im Kirchenasyl. Sich &bdquo;auch gegen den Zeitgeist“ für Fremde und Verfolge einzusetzen sei ein Kernpunkt des Christentums, betont er. Lesen Sie auch: Bielefelder Vesperkirche zum vierten Mal gestartet Lesen Sie auch: Schutzsuchender in Bielefeld trotz Kirchenasyls auf offener Straße verhaftet In den nächsten Wochen will sich der neue Bielefelder Sozialpfarrer in den Ortsgemeinden umhören, Wünsche und Bedürfnisse ausloten. Stucke: &bdquo;Alle gucken immer nur auf Kesselbrink und Tüte in der Innenstadt. Ich will auch auf Tisch und Tafel außerhalb sehen.“

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