Statt Briten-Häuser: Komplett neues Bielefelder Wohnquartier entstanden

Bielefeld. Einen besseren Raum hätte Sabine Kubitza wohl kaum finden können, um das Bauprojekt Sperberstraße offiziell einzuweihen: Die Geschäftsführerin der Bielefelder Gesellschaft für Wohnen und Immobilienleistungen (BGW) hatte in den Gemeinschaftsraum des neuen Quartiers geladen, um zusammen mit Vertretern der Politik, der Verwaltung und den beteiligten Büros und Betrieben den nahenden Abschluss der Bauarbeiten zu feiern. Denn schließlich ist die Entwicklung des Areals ein Gemeinschaftsprojekt, das die BGW zusammen mit der Stadt und der Bundesbehörde für Immobilienaufgaben (BImA) gestemmt hat. &bdquo;Es ist ein besonderes Projekt“, sagt Kubitza mit hörbarem Stolz. Und: &bdquo;Es ist auch etwas Besonderes geworden.“ Streit um Neubau oder Erhalt der Briten-Häuser 88 Wohnungen sind seit dem Baubeginn im Sommer 2022 entstanden, die Hälfte davon mit öffentlicher Förderung. Dass die acht modernen Gebäude unweit der Kreuzung Oldentruper Straße/Otto-Brenner-Straße entstehen konnten, war lange Zeit umstritten: Auf dem rund 11.000 Quadratmeter großen Grundstück standen bis Anfang 2021 44 Reihenhäuser und vier Doppelhaushälften, die in den 50er-Jahren errichtet wurden und seit dem Abzug der britischen Rheinarmee 2016 leer standen. Lange wurde in Bielefeld darum gerungen, ob die in die Jahre gekommenen Häuser Neubauten weichen oder ob sie einfach schnell neu vermietet werden sollten. Nach zähem Ringen in den politischen Gremien und nicht minder zähen Verhandlungen mit der BImA fiel der Entschluss zum Abriss. &bdquo;Wenn ich mich jetzt hier umschaue, bin ich froh, dass die Entscheidung so getroffen wurde“, sagt Sabine Kubitza. Oberbürgermeister Pit Clausen (SPD) teilt diese Ansicht. &bdquo;Es ist ein gelungenes Projekt, für das wir uns alle hier gegenseitig auf die Schulter klopfen können.“ Gleichzeitig äußerte er aber seine Sorge, dass es ähnliche Projekte zur Zeit und vor allem in der Zukunft sehr schwer haben würden – und dass es vom Abschied der Briten bis zum Einzug der ersten Neumieter mehr als sieben Jahre gedauert hätte. Das kritisiert Bürgermeister Clausen an dem Projekt Seine Kritik macht Clausen an drei Punkten fest. Zum einen habe das BImA-Gesetz das Projekt ausgebremst, weil die Behörde unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit hart um den Kaufpreis verhandelt habe. Hier müsse die Schaffung von Wohnraum vor dem möglichst hohen Gewinn für den Bund Vorrang bekommen, was eine Aufgabe für den Gesetzgeber in Berlin wäre. In Bielefeld habe wiederum die politische Diskussion für Verzögerungen gesorgt. Die Variante &bdquo;Quick and Dirty“ mit dem sofortigen Wiederbezug der Häuser habe er verworfen, als Sabine Kubitza ihm in einem Gespräch sagte, dass die Britenhäuser nicht das Niveau der BGW seien. &bdquo;Sie sagten: Das stellen wir unseren Mietern nicht zur Verfügung“, erinnert sich Clausen. &bdquo;Da hat es bei mir Klick gemacht.“ Denn die betagten, auch energetisch aus einem anderen Jahrhundert stammenden Häuser wären aller Wahrscheinlichkeit nach zwar schnell bezogen worden, aber wohl auch langfristig ein Sanierungsfall geblieben. &bdquo;So haben wir jetzt statt Quick and Dirty schön und solide.“ Dafür waren letztlich aber auch Fördergelder notwendig, die – als dritter Punkt – ebenfalls erst eingeholt werden mussten. Dies habe ebenfalls viel Zeit und Mühe gekostet, weshalb er trotz des freudigen Anlasses der Einweihung mit Sorge auf zukünftige Bauprojekte schaue – etwa auf die wenige Meter stadteinwärts liegenden Rochdale-Kaserne. &bdquo;Wir brauchen dringend andere Rahmenbedingungen“, fordert Clausen. Betreutes und rollstuhlgerechtes Wohnen Christa Reicher vom für die Planung verantwortlichen Büro Reicher Haase Assoziierte (Aachen) dankte dem Oberbürgermeister für seine deutlichen Worte. Eigentlich sollte der Abriss von bestehenden Gebäuden die Ausnahme sein, in diesem Fall sei der Schritt aber der richtige gewesen. &bdquo;So ist es nicht nur ein Wohnprojekt, sondern ein richtiges Quartier geworden“, so die Architektin. Die Mischung mit Wohnungen von 44 bis 123 Quadratmetern, Angeboten für betreutes und rollstuhlgerechtes Wohnen, ein neuer Spielplatz und einer für das Klima nützliche Dachbegrünung würden insgesamt nicht nur für die Bewohner selbst, sondern auch für die gesamte Umgebung Mehrwerte schaffen. &bdquo;Es ist eine gebaute Gemeinschaft“, sagt Reicher. &bdquo;Und es ist immer schön zu sehen, wenn aus einem Plan eine echte Nachbarschaft wird.“ Bis diese komplett ist, wird es noch einige Wochen dauern. Die ersten Mieter sind bereits eingezogen, während an den letzten Reihenhäusern noch gebaut wird. Auch die Außenanlagen und der Spielplatz sind noch nicht fertiggestellt. In den kommenden Tagen beginnt der Endausbau der Straße, voraussichtlich im August soll dann alles fertig sein. Insgesamt wurden 25 Millionen Euro investiert.

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