Bielefelder Politikerinnen werden im Netz aufs Übelste beleidigt

Bielefeld. Der Ton im Internet wird rauer. Das erfährt Britta Hasselmann, Abgeordnete des Deutschen Bundestages für die Grünen, täglich: &bdquo;Früher hatte ich den Eindruck, dass Menschen in positiven Sinne auf Beiträge in den sozialen Netzwerken reagieren, das hat sich verändert.“ Hetze verbreitet sich seit einigen Jahren rasant im Netz. Das Gleichgewicht zwischen respektvoller Diskussionskultur und menschenverachtender Hassrede ist aus den Fugen geraten. &bdquo;Hate Speech“-Kommentare regieren das Netz. Besonders in den sozialen Netzwerken finden sich vermehrt Kommentare, die die Grenzen der freien Meinungsäußerung schon lange überschritten haben. Häufig werden Politikerinnen und Politiker zur Zielscheibe diffamierender Äußerungen, wobei die Tonalität der verbalen Angriffe, je nach Geschlecht, variiert. Frauen, die sich politisch engagieren, werden häufig durch sexistische Formulierungen angegangen. Polizeisprecherin rät, Beweise zu sichern für eine spätere Anzeige Im Jahr 2019 hatte die Bundestagsabgeordnete beleidigende und diffamierende Hate Speech Äußerungen zur Anzeige gebracht und für die Freigabe der Täter-Daten geklagt. Das Berliner Kammergericht sah Kommentare wie &bdquo;Gehirn-Amputiert“, &bdquo;Pädophilen-Trulla“ oder weitere, heftigere sexistische Beleidigungen unter der &bdquo;freien Meinungsäußerung“ verortet. Künast stritt sich jahrelang durch die Instanzen und erhielt am 2. Februar 2022 vom Bundesverfassungsgericht recht. Wie beschwerlich und kleinteilig der Kampf gegen Hate-Speech-Kommentare in den sozialen Netzwerken ist, wissen auch Bielefelder Politikerinnen. Christina Osei, Landtagsabgeordnete (Grüne), erlebte ihren ersten &bdquo;Shit Storm“ auf Twitter (heute &bdquo;X“), als Kommunalpolitikerin im Bielefelder Rat. &bdquo;Plötzlich tauchten dort überall Fotos von mir auf, die immer wieder geteilt und mit verunglimpfenden Kommentaren versehen waren.“ Politikerin erhielt Sicherheitsschulungen durch den Staatsschutz Für Osei, die einen offen Umgang mit den sozialen Medien pflegte und gerne in Kontakt mit Menschen kam, führte dieses Erlebnis zur schmerzvollen Erkenntnis: &bdquo;Du darfst dein Herz nicht mehr auf der Zunge tragen.“ Mit Einzug ins Landesparlament erhielt die Politikerin Sicherheitsschulungen durch den Staatsschutz und die gemeinnützige Organisation Hate Aid. Wiebke Esdar, Bielefelder Politikerin und Bundestagsabgeordnete (SPD), nutzt ihren Instagram-Account, um ihre politische Arbeit zu vermitteln: &bdquo;Ich zeige, wo ich thematisch unterwegs bin.“ Angriffe, wie &bdquo;Du bist doch dumm“ oder &bdquo;Du hast keine Ahnung“, seien seltener gegen sie persönlich gerichtet. &bdquo;Meistens geht es eher gegen die Partei“, so Esdar, die einräumt: &bdquo;Weil es schnell unsachlich wird, spitze ich meine Positionierung bei Social Media nicht zu.“ Sie habe nach der Geburt ihres Sohnes ihre Social-Media-Aktivitäten noch einmal überprüft und ein Gefühl dafür bekommen, &bdquo;wo ich mich öffentlich lieber zurückhalte“. Verstärkt wurde diese selbstauferlegte Zurückhaltung über das Bekanntwerden eines Datenlecks. Ein V-Mann in der rechten Szene habe, trotz Adresssperre damit geprahlt, dass man wisse, wo sie wohne. Brutale Äußerungen gegen Britta Haßelmann Äußerungen wie: &bdquo;Verrecke du Mistvieh“ oder &bdquo;Die Alte gehört an den Galgen“ gehören zu den harmloseren Kommentaren in den Social-Media-Profilen der Bielefelderin Britta Haßelmann. Es existieren weitaus brutalere Äußerungen, denen die Politikerin keine Plattform bieten will: &bdquo;Ich habe mich entschieden, dass ich nicht öffentlich mit diesen Beispielen umgehe, weil ich nicht möchte, dass diejenigen sich dann auch noch bestärkt oder ermutigt fühlen, wenn sie von ihren beleidigenden, herablassenden Äußerungen lesen.“ Haßelmann weiß, dass in hohem Maße Frauen sexualisierter, digitaler Gewalt ausgesetzt sind, sowie Menschen, die sich kommunalpolitisch oder ehrenamtlich engagieren. Ihr persönlicher Umgang reicht von: &bdquo;Konsequent blocken, melden beim Provider, bis Anzeigen, wenn mir jemand Gewalt androht“, wissend, dass sie sich &bdquo;in einer privilegierten Situation befinde, weil ich über die Mittel und Wege verfüge, um mich wehren zu können“. Neben der Unterstützung durch Hate Aid soll Betroffenen zukünftig durch das &bdquo;digitale Gewaltschutzgesetz“ der Weg erleichtert werden, gegen Hassrede im Netz vorzugehen, auch mit verbesserten Auskunftsrechten, um Täter zu identifizieren. Anonymität und hohe Reichweite machen es Tätern leicht, Hassrede im Internet zu verteilen, weiß Sonja Rehmert. Zwar sieht die Polizeibeamtin den Einzelnen nicht in der Pflicht, gegen Hate Speech im Netz selbst einzuschreiten, aber: &bdquo;Man kann schon erwarten, wenn ich beobachte, wo jemand zu Schaden kommt oder eine Straftat geschieht, sollte ich den Notruf wählen oder es zur Anzeige bringen. Das ist eine Bürgerpflicht.“

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