Vor Gericht: Apotheker aus Bielefeld soll Kundendaten missbraucht haben

Bielefeld. Mit seiner Ablehnung eines Hochbahnsteigs an der Hauptstraße war der Angeklagte nicht allein - zahlreiche Brackweder hatten sich gegen die zu erwartende Großbaustelle ausgesprochen. Doch ging der Betreiber einer Apotheke aus Sicht der Staatsanwaltschaft bei seiner Überzeugungsarbeit eindeutig zu weit: Derzeit muss er sich wegen des Verdachts der Urkundenfälschung vor dem hiesigen Amtsgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft geht derzeit von folgendem Geschehen aus: Am 4. September 2017 überreichte der Apotheker gemeinsam mit einem Mitstreiter im Bezirksamt Brackwede Unterschriftenlisten für ein Bürgerbegehren zur Verhinderung des geplanten Hochbahnsteigs. Doch waren etliche dieser Signaturen auf unredliche Art und Weise zustande gekommen: Der Angeklagte soll einem jungen Mann stapelweise Arztrezepte, die Kunden bei ihm eingelöst hatten, übergeben haben, damit dieser die Daten in die Unterschriftenliste eintrage. Aufgeflogen war die ganze Sache, weil ein Mitreisender auf einer Zugfahrt bemerkt hatte, dass der heute 29 Jahre alte Norman V. (Name geändert) dort anhand von Arztrezepten Daten in eine leere Unterschriftenliste eintrug. Der Zeuge wurde stutzig, fotografierte den Vorgang und erstattete Anzeige. Der Apotheker soll den jungen Mann instrumentalisiert haben 2021 verurteilte das Amtsgericht Norman V., der damals noch Student war, wegen gemeinschaftlicher Urkundenfälschung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 20 Euro. Im Juni des Folgejahrs stellte das Landgericht das Verfahren in zweiter Instanz gegen eine Geldauflage wegen geringer Schuld ein - denn der 29-Jährige war offenbar instrumentalisiert worden. In jener Verhandlung hatte der Student den Apotheker schwer belastet. Der nun angeklagte Apotheker schweigt bislang vor dem Schöffengericht zu dem Vorwurf. Und so muss das Gericht insbesondere drei Fragen beantworten: Hat der Angeklagte die Unterschriftenlisten eingereicht? Enthalten diese gefälschte Unterschriften? Und falls ja: Hat der Angeklagte die Sache initiiert und für dieses Vorhaben Kundendaten missbraucht? Dass der Apotheker die Listen mit eingereicht hat, dürfte nach der entsprechenden Aussage seines damaligen ebenfalls im Bezirksamt anwesenden Mitstreiters wohl feststehen. Ebenso, dass zahlreiche Unterschriften gefälscht sein dürften. Sämtliche vom Gericht zu diesem Punkt geladene Zeugen gaben an, die Listen nicht zu kennen. Darüber hinaus handle es sich weder um die Handschrift noch die Unterschriften der Befragten. Eine überraschende Aussage Somit kam der Vernehmung von Norman V. eine große Bedeutung zu. In Begleitung und nach Rücksprache mit seinem Zeugenbeistand, Rechtsanwalt Martin Mauntel, berichtete V., zur Tatzeit bereits seit Jahren mit einer der Töchter des Angeklagten liiert gewesen zu sein, sei bei der Familie ein und aus gegangen. Er habe daher selbstredend auch dessen Abneigung gegen den Hochbahnsteig gekannt. Auch von der Unterschriftensammlung habe er gewusst. Ihm sei dann angetragen worden, gegen ein Entgelt die Daten in die Listen handschriftlich einzutragen. Er sei damals davon ausgegangen, dass alles seine Richtigkeit habe, so der Zeuge. Die Unterschriften habe er jedoch nicht gefälscht: &bdquo;So etwas hätte ich niemals getan.“ Doch mochte sich V. nicht mehr so richtig festlegen, was und ob überhaupt irgendetwas mit dem Angeklagten abgesprochen gewesen sei. Und auch, wer ihm die Listen und Rezepte ausgehändigt hatte, mochte V. zunächst nicht konkret sagen: &bdquo;Es war eine dritte Person.“ Erst nachdem ihm seitens des Gerichts und der Staatsanwaltschaft versichert worden war, dass niemals gegen eine dritte Person ermittelt worden und die Tat somit verjährt sei, gab V. deren Identität Preis: Die Unterlagen soll ihm sein Bruder übergeben haben - der damals mit einer anderen Tochter des Angeklagten befreundet war. Der Prozess wird am 25. April fortgesetzt.

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