Bielefelder Schüler gehen auf die Barrikaden: „Das macht uns alle krank“

Bielefeld. Lehrer, die selbst nicht mehr können, ständig fehlen oder wenig echtes Verständnis hätten für die Schüler, enormer Leistungsdruck, große Ungerechtigkeit, in die Jahre gekommene Schulgebäude und Unterrichtsstoff, der einfach nicht mehr zu Lebensrealität passt: &bdquo;So geht’s echt nicht mehr“, sagen Manuel Bisevac (17), Schüler der Q1 am Ratsgymnasium, Naghan Kheder (16) aus dem Jahrgang 10 des Helmholtz-Gymnasiums und Romy Finke (15), Klasse 9, Gesamtschule Quelle. Damit’s besser wird, engagieren sie sich bei der Bezirksschülervertretung und rufen am 13. März mit anderen landesweit zum Bildungsprotest auf. Ihre Forderungen: &bdquo;Renovierung und Modernisierung der Schulen, ein Bildungsvermögen zur Verbesserung des Bildungsstandortes, Bemühung zur Verbesserung der Lehrkräfteanzahl, Reduzierung von Stress und Leistungsdruck, Schaffung von Ausgleichsmöglichkeiten von der Schule, Mitbestimmen bei allen schulspezifischen Entscheidungen in der Stadt und eine ständige Vertretung in den Gremien der Bildungsregion.“ Studie: Fast jeder zweite Schüler leidet unter starkem Stress Ganz besonders wichtig sei den Bielefelder Schülervertretern aber auch das Thema &bdquo;Mentale Gesundheit“ und Chancengleichheit, sagt Manuel. Laut einer Studie der Krankenkasse DAK leide fast jeder zweite Schüler unter starkem Stress, ein Drittel habe Kopf- oder Rückenschmerzen und Schlafprobleme. &bdquo;Wir Schüler müssen einfach immer nur funktionieren und alle Aufgaben erledigen, kaum einer nimmt Rücksicht darauf, wie es uns geht“, sagt Romy. Eigentlich sollten doch die Schüler und ihr Wohlbefinden in der Schule im Mittelpunkt stehen. Darum gehe es aber kaum. Im Vordergrund ständen Tests und Klassenarbeiten – und möglichst gute Zensuren. Unabhängig davon, ob Fachlehrer wochenlang fehlten und ganz viel Unterricht ausfalle. Es fehle an Zeit und Personal, um individuell auf die unterschiedlichen Schüler und ihre Probleme einzugehen und sie individuell zu fördern. Dabei gebe es viele Ansätze, die es den Schülern leichter machen würden. &bdquo;Wie zum Beispiel die Wahlmöglichkeit, ob ich schwerpunktmäßig, je nach meinen Neigungen und Fähigkeiten, schriftlich oder mündlich benotet werden möchte, so wie am Oberstufenkolleg“, sagt Manuel. Mit dem Thema Chancengleichheit, über alle Schulformen hinweg, sehe es ebenfalls absolut nicht gut aus, kritisieren die drei. &bdquo;Laut Pisa-Auswertung erreichen nur etwa 15 Prozent der Schüler, deren Eltern kein Abitur haben, selbst das Abi“, sagt Naghan. Das sei ungerecht und müsse sich dringend ändern. Dringend notwendige Voraussetzung für eine bessere, individuelle Förderung seien kleinere Klassen und einfach mehr Lehrer, &bdquo;die nicht selbst unter Dauerstress leiden, sondern sich wirklich für die Schüler interessieren“. Es gebe einige wirklich tolle Lehrer, sagen die drei. Aber davon gebe es viel zu wenig. Demo am Mittwoch, 13. März, um 15 Uhr am Bielefelder Rathaus Frustrierend sei, dass viele Schülervertretungen in den Schulen nicht ernst genommen würden, ergänzt Romy. &bdquo;Da engagiert man sich, wird aber eher belächelt, und es wird dann doch einfach etwas ganz anderes über unsere Köpfe hinweg entschieden.“ Vieles an Unterrichtsinhalten sei überhaupt nicht mehr zeitgemäß, sagen die Schülervertreter. Klar, Gedichtanalysen gehörten auch dazu, &bdquo;aber nicht mehr unbedingt gefühlt in jedem Schuljahr“, sagt Naghan. Steuern, Haushaltskunde, kluge Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI): &bdquo;Schule müsste viel besser auf das Leben vorbereiten“, sagt die 16-Jährige. Schulen müssten da mehr Freiheiten haben, auch was das Thema Berufsorientierung angeht. &bdquo;Da sollte man in jedem Schuljahr immer wieder zwischendurch die Möglichkeit haben, Berufsbilder kennenzulernen“, sagt Naghan. &bdquo;Schulen müssten auch noch besser über mögliche Unterstützung, wie beispielsweise über tolle Stipendienprogramme, die es gibt, informieren“, ergänzt Romy. Zudem müssten die Schulgebäude viel eher zu Orten werden, an denen man sich wirklich wohlfühlen kann. Das sei auch ein ganz wichtiger Faktor, um gut lernen zu können. Die drei und ihre Mitstreiter aus der Bielefelder Bezirksschülervertretung hoffen, dass ganz viele Schüler ihrem Aufruf zum Bildungsprotest folgen: am Mittwoch, 13. März, um 15 Uhr am Rathaus. &bdquo;Wir wollen einfach darauf aufmerksam machen, dass ganz viel im Argen ist und sich dringend etwas tun muss“, ergänzt Manuel.

Meistgelesen