Leserbriefe: Umsetzung der Verkehrswende bereitet Bielefeldern großes Kopfzerbrechen

Bielefeld. Die Verkehrsprojekte in Bielefeld polarisieren zunehmend. Dabei würde ein bisschen mehr Pragmatismus manche Probleme lösen, heißt es im Wochenendkommentar auf nw.de vom 24. Februar. Viele Bürger sehen sich durch die Art und Weise der Planung bevormundet. Unser Redakteur Michael Schläger schrieb dazu: &bdquo;Aktuell gibt es in Bielefeld Auseinandersetzungen um gleich sechs größere Verkehrsprojekte. Jüngstes Beispiel sind die Pläne für eine Fahrradstraße aus der Innenstadt zur Uni, wodurch nach dem Vorschlag der Verwaltung die Kurt-Schumacher-Straße zur Einbahnstraße werden könnte. Zoff gibt es auch um die Umgestaltung der Heeper Straße und das Mammutprojekt einer Erneuerung der Herforder Straße vom Willy-Brandt-Platz bis zur Stadtgrenze. (...) Die Rezepte für den rigorosen Kurswechsel in der Verkehrsplanung sind immer wieder die gleichen: Breitere Radwege, weniger Fahrspuren für Autos und das Streichen von Parkplätzen. Die Unterstützung in weiten Teilen der Bevölkerung hält mit diesem Veränderungswillen jedoch nicht mit. Viele fragen sich schlicht, wo sie ihr Auto noch abstellen können, fürchten immer größere Umwege oder noch mehr Staus. Und so wächst die Polarisierung.“ Einige Leser gehen mit der Meinung unseres Redakteurs Michael Schläger konform. Andere widersprechen vehement. Wir haben einige Leserbriefe zum Thema gesammelt: Rigoros gegen motorisierten Individualverkehr &bdquo;(...)Durch das derzeitige Vorgehen der Stadt Bielefeld ist es mittlerweile schon verständlich, wenn – wie im Wochenkommentar – von Bevormundung geschrieben wird. Das liegt aber auch daran, dass zur Erreichung einer möglichen Verkehrswende rigoros gegen den motorisierten Individualverkehr vorgegangen wird, ohne überhaupt abgestimmte Lösungen und einen konkreten Plan zu haben. Allerdings kann man sich auch nicht des Eindrucks erwehren, dass genau dieses scheinbar planlose Vorgehen der eigentliche Plan ist, Teile der Autofahrer mürbe zu machen. Durch die Schaffung von geschützten Radfahrstreifen und sonstigen Radwegeausbauten löst man nicht die Verkehrsprobleme einer Pendlerstadt und eines Oberzentrums wie Bielefeld. Wer den ÖPNV nicht bedarfsgerecht ausbaut und keine P&R-Plätze für Einpendelnde schafft, wird nicht weniger Kraftfahrzeuge in der Kernstadt erwarten können. Misslungene Umbauten wie Adenauerplatz, Osningstraße, etc., welche vor einer möglichen Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs durchgeführt wurden, bewirken derzeit genau das Gegenteil für die propagierten Klimaziele, nämlich zusätzliche Staus und mehr Schadstoffausstoß. Ferner werden hierdurch die Busverbindungen auch nicht pünktlicher. Es sollte schleunigst nach gemeinsamen Lösungen gesucht werden und der Graben nicht immer tiefer gezogen werden. Der ständige gegenseitige Fingerzeig von Autogegnern und -befürwortern geht einem langsam auf die Nerven. (. . .)“ Alexander Thumel33605 Bielefeld Unverbindliche Lippenbekenntnisse &bdquo;(. . .) Die Kritik an den Planern und Gutachtern zielt auf all diejenigen, für die Verkehrswende mehr ist als ein unverbindliches Lippenbekenntnis. Ja, die Polarisierung nimmt zu. Es fällt schon auf, dass Gutachten und Beschlussvorlagen zunehmend nur noch nach dem Triggerpunkt &bdquo;Parkplätze“ gescannt werden. Das Ziel, Gleichberechtigung für das Radfahren auf den Straßen Bielefelds herzustellen, fällt dabei hinten rüber. Damit werden die Chancen der Verkehrswende für die hier lebenden Menschen (Autofahrer inklusive!) geschmälert. Vielleicht wären etwas mehr Sachbezug in der Debatte und ein fairer Interessenausgleich in der Politik ganz gut. Hier können die zu Unrecht geschmähten Planerinnen und Planer einen wertvollen Beitrag leisten. Jede und jeder hat das Recht, dass ihre oder seine Sichtweisen und Interessen gehört und ernst genommen werden. Nicht nur, aber auch, die der Autofahrenden. So verstanden ist Ihre Forderung nach mehr &bdquo;Alltagstauglichkeit und Pragmatismus“ zu unterstützen. Aber es gibt kein Recht darauf, dass sich nichts ändert. Und das gilt eben auch für &bdquo;Laternenparker“.“ Ulrich Burmeister 33613 Bielefeld Bürgerinnen und Bürger müssen einbezogen werden &bdquo;Der Forderung, die Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger zur Verkehrswende weiterzuentwickeln und zu verbessern, stimme ich unbedingt zu. Sehr viel Zeit bleibt aber leider nicht. Der Verweis auf den noch relativ geringen Anteil des Radverkehrs und noch mehr den geringen Anteil an ÖPNV-Nutzern zeigt nicht nur mangelnde Bereitschaft, aufs Auto zu verzichten, sondern vor allem die nicht ausreichenden Alternativen. Wer auf den ÖPNV angewiesen ist, hat mit Fahrtausfällen, Verspätungen, überfüllten Bussen, Haltestellen ohne Regenschutz, zu wenig Sitzmöglichkeiten, oft schwierigem Einsteigen zu kämpfen, besonders für alte Leute ist das eine Zumutung. Das Beste am ÖPNV sind noch die überwiegend freundlichen, geduldigen, aufmerksamen und manchmal witzigen Bus- und Straßenbahnfahrerinnen und -fahrer.“ Christiane Hermsen 33649 Bielefeld Lesen Sie auch den Kommentar: Verkehrsprojekte: Die Bielefelder wollen nicht bevormundet werden Umsetzung eines politischen Beschlusses &bdquo;Das Ausmaß der &bdquo;Bevormundung“ liegt im Bielefelder Ratsbeschluss, dass im Jahr 2023 der motorisierte Individualverkehr auf einen 25-Prozent-Anteil am Gesamtverkehrsvorkommen zurückgedrängt werden soll. Die Planer führen diesen politischen Beschluss doch nur konsequent aus. Da &bdquo;Druck erzeugt Gegendruck“ gilt, ist zu erwarten, dass die Fortsetzung dieses planwirtschaftlichen Vorgehens in der Bielefelder Verkehrspolitik ein Hauptthema der Kommunalwahl im Herbst 2025 sein wird. Da immer mehr &bdquo;mündige“ Bürger direkt mit den praktischen Auswirkungen konfrontiert werden, wird der Wahlausgang von großer Bedeutung sein.“ Gebhard Spilker33617 Bielefeld Kein Geld für Kitas - aber für Radwege &bdquo;(. . .) Kein Geld für Kitas, für Schulen, für ÖPNV, für Schlaglöcher, für P&R-Plätze, für Quartier-Parkhäuser. Aber Geld ist für alles da, was den Radverkehr betrifft, für Bikelanes, für Fahrrad-Boulevards, übergroße Fahrrad-Parkhäuser, für Hochbahnsteige, für unsinnige Verkehrsplanungen bei steigenden Pendlerzahlen (. . .) und vieles mehr. Ich bin vor 14 Tagen vormittags dreimal von der Senne bei Sonnenschein über den Stadtring und der Artur-Ladebeck-Straße mit dem Auto für einen Umzug langgefahren. Auf dem Stadtring ein Fahrradfahrer, auf der Ladebeck keiner (. . .). Es ärgert mich, dass bei aller Notwendigkeit, den Autoverkehr zu reduzieren, die Lobbyisten den letzten Schritt vor dem ersten machen. Und diese Notwendigkeiten werden von der NW ignoriert. Sie schreiben in ihrem Artikel nur einmal kurz über Realitätsverlust. Löblich.“ Dieter Hofmeister 33659 Bielefeld Den Verantwortlichen der Stadt fehlt Realitätsbezug &bdquo;Es wird dringend Zeit, dass die Verantwortlichen in der Stadtverwaltung von ihren hohen Rössern steigen. Es ist schon ein Hammer, dass einer kleinen Gruppe wie dem (. . .) Radentscheid so viel Bedeutung beigemessen wird. Dieses Clübchen sollte vorrangig seinen Einfluss darauf verwenden, den aktuellen Bestand der Fahrradwege verbessern zu lassen. Dann wurde irgendwo der Begriff &bdquo;Klimawandel“ aufgebracht und schon drehten alle möglichen Leute am Rad. Bisher hat noch kein Wissenschaftler behauptet, dass mit den von Menschen geplanten Maßnahmen dieser Klimawandel beeinflusst werden kann. Das zu glauben ist reine menschliche Überheblichkeit. Und hier kommen wir wieder auf das Ursprungsthema. Vielleicht sind einige der vorgesehenen Planungen sinnvoll, einige der zurückliegenden waren es nicht (. . .), zumindest nicht in der Form. Es fehlte und fehlt bei allen Aktionen das nötige Augenmaß und die Einbindung der Betroffenen, und Eile ist kein guter Ratgeber. (. . .). Des Weiteren reichen auch keine Alibibefragungen, die dann in irgendeiner Schublade verschwinden. Darüber hinaus entsteht immer wieder der Eindruck (. . .), dass zur Rechtfertigung von bestimmten Maßnahmen willkürliche Zahlen veröffentlich werden (. . .). Außerdem muss man feststellen, dass die unkoordinierte organisatorische Planung der Baustellen in Bielefeld zu massiven Verkehrsbehinderungen und unnötigem CO2-Ausstoß führen (. . .).“ Rüdiger Pape33659 Bielefeld Gibt es nur noch Radfahrer in Bielefeld? &bdquo;Leider hat man inzwischen den Eindruck – es gibt nur noch Radfahrer in Bielefeld. Zudem ist die aktuelle Verkehrspolitik nicht vernünftig – sondern sehr ideologisch geprägt. Ich habe den Eindruck, dass es für die Stadtverwaltung nur noch um Verkehr und Fahrradstraßen geht. Dabei hat Bielefeld genug andere Probleme (&bdquo;Tüte“, &bdquo;Drogenszene“). Die Bewohner der Vororte von Bielefeld werden auch weiterhin mit dem Auto zur Arbeitfahren. Warum? (. . .) Der Beitrag von Mobiel zur Verkehrswende – Reduzierung der Fahrpläne – ist eine weitere Verschlechterung für die Randbezirke. Eine Verkehrswende kann man nicht erzwingen –sie muss in den Köpfen der Bürger stattfinden (. . .).“ Thomas Mischak33739 Bielefeld Leben mit weniger Autos ist ein Gewinn &bdquo;Beneidenswert, dass Sie trotz der Faktenlage optimistisch in unsere Zukunft schauen können. Sie schreiben , dass &bdquo;man den Menschen durchaus mehr Vertrauen schenken“ könnte, dass sie die Zeichen der Zeit erkannt hätten. Das Umweltbewusstsein sei gestiegen und werde es weiterhin tun. Wie gerne würde ich Ihnen recht geben. Der Flugverkehr aber hat mindestens die Stärke von vor Corona erreicht, die Anzahl der zugelassenen Fahrzeuge hat auch in Bielefeld deutlich zugenommen. Die Zeit, die Autofahrende im Stau verbringen, ist ebenfalls gestiegen. Der Ruf nach mehr Straßen ist ungebrochen. Sie selber schreiben, dass bei der Bielefelder Mobilitätsbefragung von 2017 ähnlich schlechte Werte herauskommen sind wie aktuell, und das, obwohl es in Bielefeld deutliche Bemühungen gibt, den Autoverkehr zu reduzieren. Wie schön wäre es, wenn die Menschen erkennen würden, dass ein Leben mit weniger Auto in der Regel einen Gewinn bedeutet (. . .).“ Marion Grages 33649 Bielefeld Maßnahmen gegen den Autoverkehr müssen ergriffen werden &bdquo;Ich gehe mit Ihrer Meinung nicht konform. Zwar haben viele die Zeichen der Zeit erkannt, wie Sie behaupten, doch wie zeigt sich dies in verändertem Verhalten? Eher gar nicht, wie Ihre Zahlen belegen. Lediglich der Anteil der Radfahrer hat etwas zugenommen. Dass 49 Prozent der Wege immer noch mit dem Auto zurückgelegt werden, bedeutet nicht automatisch, dass man weiterhin die autogerechte Stadt fördern muss. Es gibt im Verhalten von Menschen die sogenannte Intentions-Verhaltens-Lücke. Demnach ist einer Person theoretisch klar, dass sie ihr Verhalten ändern muss, aber es dann auch praktisch zu tun, steht auf einem ganz anderen Blatt. Darum finde ich die Richtung der Maßnahmen im Großen und Ganzen gut und richtig. Die Umverteilung der Verkehrsmittel hin zu mehr ÖPNV, Fahrrad und Fuß kann nur über eine Einschränkung der Anteile für Pkw erfolgen. Da auch Sie vermutlich nicht erwarten, dass in naher Zukunft Pkw-Besitzer freiwillig weniger Wege mit dem Auto zurücklegen werden, um signifikante Veränderungen zu bewirken, ist es unumgänglich, vonseiten der Verwaltung entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Über die Art und Weise, wie diese Maßnahmen kommunikativ Richtung Bevölkerung begleitet werden, kann man diskutieren – über die Notwendigkeit nicht. Wenn wir eine langsame, sanft überzeugende Transformation des Verkehrs gewollt hätten, hätten wir vor 20 Jahren damit anfangen müssen. Jetzt drängt so langsam die Zeit, und darum mutet manches wie mit der Brechstange durchgeführt an.“ Petra Dommasch33689 Bielefeld Viele Meinungen müssen zu einer Entscheidung führen &bdquo;Planen bevormundet? Das halte ich für eine sehr merkwürdige Ansicht. Aber in Wirklichkeit geht es dem Kommentator wohl um etwas ganz anderes: Verschleierte Kritik am Ratsbeschluss. Er schreibt nämlich, &bdquo;Grund für die Konflikte“ sei, dass sich die Planer der Verkehrswende an den &bdquo;entsprechenden Ratsbeschluss“ halten. Erstaunlich. Es wäre ja noch schöner, wenn das nicht so wäre. Demokratie zeichnet sich dadurch aus, dass jeder seine Meinung sagen kann. Die eigentliche Arbeit besteht darin, aus dem Tohuwabohu widerstreitender Meinungen zu Entscheidungen zu kommen. Und wenn es die gibt, dann wird danach gehandelt – selbstverständlich. Wenn tatsächlich ein klein wenig für die Verkehrswende und damit für den Klimaschutz getan werden soll, dann ist unabdingbar, dass einige Straßen in Bielefeld Fahrradstraßen werden, und von den vielen tausend Parkplätzen werden einige wegfallen. Sonst bliebe ja alles beim Alten.“ Peter Ueding 33818 Leopoldshöhe Zu viele Missionare unterwegs &bdquo;Vielen Dank für Ihren treffenden Kommentar. Er wird aber leider ungehört verhallen. Ratsmehrheit, Verwaltungsspitze und die Planer im Amt für Verkehr sind missionarische Eiferer, für die die Radfahrenden das Mittel zum Zweck sind, den motorisierten Individualverkehr zu behindern. Weder die Nutzerzahlen noch existierende funktionierende Radfahrstrecken (. . .) noch die finanzielle Lage der Stadt können sie aufhalten, geschweige denn die Meinung der Bürger (. . .).“ Andreas Mensendiek 33699 Bielefeld

Meistgelesen