Station der Zukunft: Patienten testen in Bielefelder Klinik digitale Neuheiten

Bielefeld. Auf den ersten Blick wirkt die Innovationsstation im Klinikum Bielefeld überraschend normal. Trotz des vielversprechenden Namens ist wenig Futuristisches zu erkennen. Keine Roboter mit menschlichem Antlitz, die durch die hell und freundlich gestalteten Gänge flitzen. Stattdessen kümmern sich weiterhin Pflegekräfte aus Fleisch und Blut um die Patienten. So wie Thomas Söllner. Der 50-Jährige ist einer von rund 40 Pflegefachkräften, die in den beiden auf Baucherkrankungen spezialisierten Abteilungen im achten Stock des Klinikums arbeiten. Seit Ende 2021 befindet sich hier die sogenannte Innovationsstation, in der die Beschäftigten ihre Praxiserfahrungen nutzen sollen, um Ideen für verbesserte Arbeitsabläufe einzubringen. Eine der ersten Ideen des Teams war die Erweiterung des altbekannten Klingelknopfes, mit dem Patienten dem Personal einen unbestimmten Hilfewunsch signalisieren. &bdquo;Da wir früher nicht wussten, was der Patient genau möchte, mussten wir das erst erfragen. Dadurch sind wir oft doppelt gelaufen“, sagt Söllner. Per Tablet können Patienten Wünsche übermitteln Deswegen gibt es an den 72 Betten des Bauchzentrums jetzt Computer-Tablets. Per Touchscreen können die Patienten ihren Service-Ruf konkretisieren. Vom Verbandswechsel über Infusionen und dem Toilettengang bis hin zu Getränkewünschen reichen die Eingabemöglichkeiten. Der Vorteil: Das dahinterliegende digitale System übermittelt automatisch den Ruf auf die Handys oder Tablets der jeweils dafür zuständigen Mitarbeiter. &bdquo;So bekommen jetzt die Stationshilfen den Wunsch nach einer Flasche Wasser direkt übermittelt. Das schafft für das Pflegepersonal dann die nötige Zeit, um beispielsweise einen Verbandswechsel in Ruhe durchführen zu können“, erklärt Söllner. Zu der neuen Technik gezwungen wird übrigens kein Patient. Die seit Jahrzehnten bewährte Klingel gibt es weiterhin. &bdquo;Wer sich ein bisschen mit Smartphones auskennt, der kommt aber auch ohne Probleme mit den Tablets zurecht“, schildert eine ältere Patientin ihre Erfahrungen mit der im Prinzip selbsterklärenden Benutzeroberfläche des Systems. Einsparpotenziale durch Technik ebenfalls denkbar Dieses ist nur ein Beispiel dafür, wie durch Digitalisierungsprozesse in der Medizin Verbesserungen für Beschäftigte und Patienten erzielt werden können. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht kann fortschreitende Technologie sicherlich auch Einsparpotenziale schaffen. Und in Zeiten von knapper werdenden Kassen und Fachkräftemangel muss sie das vielleicht sogar. Auf der Innovationsstation ist das vorerst allerdings kein Thema. &bdquo;Wir haben hier viele Freiheiten für Testbetriebe und sind auch nicht eingeschränkt bei den Dingen, die wir testen dürfen“, sagt Korinna Manke, zuständige Bereichsleiterin des Pflegedienstes. Sie ist seit 31 Jahren im Klinikum Bielefeld tätig und hat die Entwicklungen des Gesundheitssystems in dieser Zeit hautnah miterlebt. Daher ist sie froh, dass die Geschäftsführung den Beschäftigten den Freiraum für Änderungen gibt, anstatt das von oben zu bestimmen. &bdquo;Das ist schon die erste Innovation“, sagt die 51-Jährige. Innovationen werden für gesamtes Klinikum getestet Die Innovationen, die sich auf der Station als hilfreich bewähren, werden nach der erfolgreichen Testphase im Hinblick darauf evaluiert, ob diese auch einen Mehrwert für andere Bereiche haben, um daraufhin dann eventuell im gesamten Klinikum mit seinen drei Standorten und über 30 Fachkliniken eingesetzt zu werden. Erstes Beispiel dafür ist das sogenannte &bdquo;Dashboard“. Das Prinzip hierbei: Auf einem großen Monitor im Pflegestützpunkt, versteckt vor den Augen der Öffentlichkeit, stehen zu jedem Patienten alle Informationen, die für das zuständige Fachpersonal auf der Station relevant sind. Diese Informationen werden vom digitalen Krankenhaussystem selbstständig generiert und müssen nicht - wie früher - per Hand und mit Filzstift vom Personal auf eine Tafel geschrieben werden. &bdquo;Das spart Zeit und reduziert die Fehlerwahrscheinlichkeit. So sehen die Stationshilfen, die per App einen Getränkewunsch bekommen haben, beispielsweise auf einen Blick, ob der Patient an dem Tag nüchtern bleiben muss“, erklärt Manke. Vitalwerte werden automatisch ins System übernommen Die Idee, die nach Abschluss der Tests verschiedener Systeme auf der Innovationsstation gerade ganz aktuell umgesetzt wird, ist die Einführung sogenannter Spotmonitore. Auch diese ersparen dem Pflegepersonal Arbeitsschritte. Statt Vitalwerte wie Blutdruck und Puls per Hand ins System zu tippen, werden diese nun automatisch übernommen und stehen dem Pflegepersonal sowie den Ärzten ohne mögliche Übertragungsfehler sofort zur Verfügung. Das soll aber nicht die letzte Verbesserung gewesen sein. &bdquo;Es gibt keinen Stillstand. Das Team tagt alle 14 Tage und entwickelt neue Ideen“, sagt Manke. Da es Roboter in vielen Krankenhäusern, wie der &bdquo;MAKO“- und der &bdquo;Da Vinci“ auch im Klinikum Bielefeld – Mitte, im Operationssaal bereits gibt, sei beispielsweise auch der Einsatz von Robotern zur Entlastung des Pflegepersonals nicht ausgeschlossen. Bis es so weit ist, bleibt die Innovationsstation im Klinikum Bielefeld aber überraschend normal. Zumindest auf den ersten Blick.

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