Veränderungen an Bielefelds Bahnhofstraße: Investoren und Händler haben Gemecker satt

Bielefeld. Bewegung in der Bahnhofstraße: Nach langer Zwangspause und trotz laufender Insolvenz eröffnet Sportscheck kommende Woche mit neuem Konzept seinen bewährten Standort am Jahnplatz. Auch das bekannte Modehaus Sinn will nach monatelanger Abstinenz wieder zurück nahe der alten Wirkungsstätte. Spätestens im April wollen die Mode-Spezialisten mit ihrer frischen Frühjahrskollektion in das renovierungs-bedürftige Karstadt-Gebäude einziehen - trotz aller Widrigkeiten der kommenden Großbaustelle. &bdquo;Das ist eben die 1a-Lage“, konstatiert Jörg Beyer trocken. Der Referent des Handelsverbandes OWL kann sich noch gut an die Jahre vor 2019 erinnern, als ein gegen Null tendierender Leerstand in der Bahnhofstraße dazu geführt habe, dass neue Kandidaten viel Zeit und Geduld mitbringen mussten, um überhaupt eine Chance zu bekommen. Insofern sei eine Leerstandsquote von wenigen Prozentpunkten durchaus willkommen, damit eben Platz sei für neue Ideen und Konzepte. Danach sucht das City-Team gegenwärtig ganz offensiv mit dem Projekt &bdquo;Tapetenwechsel“: Vermieter und Händler sowie Kreative können sich bei der Wirtschaftsförderung der Stadt (Wege) melden und geförderte Möglichkeiten für Pop-up-Stores besprechen. Eine eigene Homepage wirbt für das innerstädtische Angebot zum Reduzieren des bestehenden Leerstandes. Lesen Sie auch: Bielefelder Loom vor großen Veränderungen Die gegenwärtige Leerstandsquote, basierend auf Zahlen vom September, betrage rund 6,5 Prozent, erklärt Desirée Lukowski vom City-Team: Das sei ein sehr guter Wert. In der Altstadt liege die halbjährlich ermittelte Quote bei 3 Prozent, in der Bahnhofstraße bei knapp 9 Prozent. Als Leerstände definiere das City-Team alle Flächen, die augenscheinlich leer stehen würden, bei denen im Hintergrund aber häufig bereits verhandelt werde im Sinne der Nachnutzung. Neue Sneaker-Kette in Görtz-Filiale Wie lange sich so ein Prozess hinziehen kann, erlebten die Passanten beispielsweise in der Stresemannstraße: nach dem Abgang des großen Schuhauses von Görtz dauerte es rund zehn Monate, bis wieder Leben in die Immobilie einzog: ein Outlet der Sneaker-Kette Snipes. Das Haus zwischen Juwelier Christ und dem Einkaufs-Center Loom gehört der Immobiliengesellschaft Aachener Grundvermögen. Das Unternehmen mit Sitz in Köln besitzt zudem noch drei weitere Standorte in der Bahnhofstraße mit den Mietern Deichmann, Sostrene Grene sowie dem Rückkehrer Sportscheck. Die Rheinländer legen ihre eigenen Daten zugrunde und kommen dabei für Bielefeld auf eine Leerstandsquote von 4 Prozent. In Kombination mit einer über dem Bundesdurchschnitt liegenden Kaufkraft sowie der für den Handel relevanten Umsatzkennziffer sagt Unternehmenssprecherin Sonja Nees: &bdquo;Wir fühlen uns mit unserem Investment auf der Bahnhofsstraße sehr wohl.“ Auch würden die Zahlen des auf Passantenfrequenz-Messungen spezialisierten Tochterunternehmens Hystreet die Attraktivität der Bielefelder Innenstadt belegen: So seien samstags auf der Bahnhofstraße durchschnittlich 49.502 Menschen unterwegs. Ein Wert, an den keine Einkaufstraße einer NRW-Stadt mit vergleichbarer Einwohnerzahl herankomme, erklären die Scanner-Profis und präsentieren ihre Ergebnisse. So seien auf der Ludgeristraße in Münster an Samstagen durchschnittlich rund 44.255 Menschen unterwegs, auf der Poststraße in Wuppertal 32.606 und auf der Kortiumstraße in Bochum 25.109. &bdquo;Bahnhofstraße trotz geschlossener Karstadt-Filiale voll“ &bdquo;Am letzten Samstag im Januar haben wir es doch wieder gesehen: Die Stadt war voll, die Leute schoben sich durch die Bahnhofstraße - und das trotz des geschlossenen Karstadt-Hauses“, sagt Loom-Chef Jan Tangerding, und die Hystreet-Statistik bestätigt den Eindruck des Centermanagers: Die Scanner erfassten fast 59.000 Besucher. Im Vorjahr lag die Zahl am Ende des gleichen Tages bei rund 56.300 Passanten, und in der Vor-Corona-Zeit, im Januar 2020, flanierten an dem Samstag knapp 54.000 Menschen über das in die Jahre gekommene Pflaster. &bdquo;Die Bielefelder Innenstadt und der dort angesiedelte Einzelhandel haben mit dem gleichen Strukturwandel zu kämpfen, wie alle anderen Städte aktuell auch. Aber die Ausgangssituation ist sehr gut“, resümiert Sonja Nees von der Aachener Grundvermögen aus der Ferne. Weil sich der Handel im Wandel befinde, kann auch Tangerding den ewig gleichen Abgesang auf die Bahnhofstraße nicht mehr hören. Und Kritik am Loom begegnen der Center-Chef und die Eigentümer ECE nun maximal konstruktiv - mit einer großen Umbauphase ab Juni. So könnte sich zwischen den beiden Polen Karstadt und Loom bis hin zum Hochhaus H1 eine ganz neue Einkaufs-Achse etablieren - ganz im Sinne der Bahnhofstraße.

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