Protest

Bielefelder Naturschützer protestieren gegen Hochspannungstrasse von Stromnetzbetreiber Amprion

Zwölf Fußballfelder groß: Naturschützer wollen verhindern, dass wertevolle Landschaft zwei riesigen Transformatoren geopfert wird. Diese sollen das Höchstspannungsnetz steuern. Aktivisten bezweifeln die Standortwahl. 

Naturschützer protestieren vor dam Alten Rathaus in Bielefeld gegen die Amprion-Pläne zum Bau von Großtransformatoren auf schützenswerten Naturflächen. | © Sarah Jonek Fotografie

16.01.2024 | 16.01.2024, 14:43

Bielefeld. Die Botschaft der Demonstranten vorm Alten Rathaus war klar: „Rettet den Naturraum Hollen-Holtkamp-Ströhen! Kein Neun-Hektar-Transformator in die freie Landschaft!“ stand auf dem Banner, das die Umweltschützer am Dienstag vor dem Rathaus ausrollten, in dem der Umweltausschuss tagte. Amprion, einer der großen Netzbetreiber in Deutschland, hatte im Frühjahr angekündigt, eine solche Anlage in der Nähe der Hochspannungsleitung Gütersloh-Hesseln bauen und bis 2028 in Betrieb nehmen zu wollen.

Bei der technischen Großanlage handelt es sich um zwei sogenannte Phasenschieber. Sie dienen dazu, den Stromfluss im Leitungsnetz zu steuern. Kernstück sind zwei große, jeweils 310 Tonnen schwere Transformatoren sowie Drosselspulen, die von Schallschutzwänden umgeben sind.

Laut Amprion wird die Anlage, die ungefähr eine Fläche in der Größe von zwölf Fußballfeldern einnehmen wird, benötigt, um das nördlich Übertragungsnetz zu steuern, es optimal auszulasten und um den Strom von der Nordsee zu den Verbrauchern zu bringen. Amprion ist einer von vier Übertragungsnetzbetreibern in Deutschland, die rund 11.000 Kilometer Leitungsnetz bewirtschaften.

Areal mit hoher Artenvielfalt

Das Unternehmen will den Phasenschieber an die 380-kV-Höchstspannungsleitung zwischen Gütersloh und Hesseln anbinden. Gesucht wird ein geeigneter freier Standort, möglichst nah an der Trasse. Drei Suchräume werden dafür in den Fokus genommen, der größte davon ist Hollen-Holtkamp-Ströhen.

Das Aktionsbündnis Holtkamp-Ströhen und der Naturschutzbund Nabu warnen, dass wertvolle Landschaft zerstört werde. „Der hohe Grünlandanteil und die überwiegend kleinteilige Struktur stellen für den Arten- und Biotopschutz ein hohes Gut dar, das anderswo nur noch selten zu finden ist“, so der Nabu. Im Naturschutzkonzept der Stadt Bielefeld sei der Raum Holtkamp durchweg als Naturschutz-Vorranggebiet ausgewiesen und unter Schutz gestellt. Außerdem wird eine dauerhafte Lärmbelastung von rund 80 Dezibel durch die Anlage erwartet.

Amprion verspricht, alle Grenzwerte einzuhalten

Am Dienstag stellten die Amprionsprecher Andreas Stenz und Michael Weber die Pläne dem Umweltausschuss vor, nachdem sie bereits in Steinhagen und Gütersloh gewesen waren. „Aus Zeitmangel bekamen wir in der Sitzung kein Rederecht“, bedauert Kathrin Weber, Sprecherin des Aktionsbündnisses, im Anschluss der Veranstaltung. Im Vorfeld hätten aber bereits die Grünen und die SPD ihre Unterstützung signalisiert. Aber auch von der CDU seien in der Sitzung kritische Fragen gestellt worden, etwa zur Lärmbelastung. Wie bereits in Steinhagen habe Amprion-Sprecher Michael Weber darauf hingewiesen, dass alle Grenzwerte eingehalten würden.

Das Aktionsbündnis hat in Bielefeld einen Bürgerantrag eingereicht, in dem es die Städte Bielefeld, Gütersloh und Steinhagen dazu aufruft, sich gemeinsam gegen den Bau des Phasenschiebers einzusetzen. Das Bündnis stellt darüber hinaus in Frage, ob der Transformator, wie von Amprion behauptet, zwingend innerhalb des Netzabschnittes Gütersloh-Blankenhagen und Halle-Hesseln gebaut werden muss. Auf entsprechende Fragen hätten die Amprion-Sprecher ausweichend geantwortet, kritisiert Kathrin Weber .

Nach Ansicht der Demonstranten vom Aktionsbündnis benötigten Amprion und die Politik ein deutliches Signal. „Nur so können wir eine falsche Standortwahl verhindern. Wirtschaftliche Interessen dürfen nicht über das Allgemeinwohl gestellt werden“, teilen die Umweltschützer mit. „Wertvolle Naturflächen müssen in ihrer Integrität erhalten bleiben, um das aktuelle, dramatische Artensterben zu bremsen und unser Klima zu schützen.“