Ungewöhnlich: Grüne-Bürgermeisterin in Bielefeld lädt ihre Bürger in die Kirche ein

Ist das typisch Pfaff? Hannelore Pfaff: Was? Am 28. Januar steht im Martini-Gemeindebrief ein Gottesdienst, bei dem Hannelore Pfaff die Predigt hält - die nichtreligiöse Bezirksbürgermeisterin. Pfaff: (lacht) Ja, so steht es im Gemeindebrief. Wie kam es denn dazu? Pfaff: Ich wurde spontan beim Jahresempfang der Bezirksvertretung angesprochen - und das Presbyterium hat daraus eine offizielle Anfrage an mich formuliert. Ich fühle mich geehrt. Sie im kirchlichen Rahmen - so mit Gebet und allem drumherum? Pfaff: Es ist, wie schon gesagt, die Predigt, die ich halten darf. Das ist wirklich sehr spannend, eine echt große Herausforderung für mich. Die Losung dieses Sonntags ist: &bdquo;Alle Völker, die du gemacht hast, werden kommen und vor dir anbeten - und deinen Namen ehren. Pfaff: (tiefes Schweigen). &bdquo;Mein Anliegen sind Mutbotschaften“ Welches Thema wird es denn bei Ihnen? Pfaff: Mein Anliegen sind Mutbotschaften in schwierigen Zeiten - und das solidarische Miteinander im Streiten und Handeln. In dem Sinne, dass ein Miteinander etwas bringen kann, auch wenn die Lage völlig aussichtslos ist. Motto: &bdquo;Nicht warten, sondern machen.“ Freibad reloaded? Pfaff: Ich könnte auch Sekundarschule sagen, oder Mensa der Martinschule - es gab so einiges, an das in Gadderbaum kaum noch jemand geglaubt hat, was aussichtslos erschien, was wir aber hingekriegt haben. Und das ist die Schnittmenge, die ich als Hannelore Pfaff und als Bürgermeisterin Gadderbaums mit den Menschen der Martini-Kirchengemeinde habe: Wir sollten handlungsbereit sein, da wir auch handlungserfahren sind. Miteinander ist auch ein Teil des Bethel-Mottos. Pfaff: Ja, wobei mein Part des Miteinanders immer auch politisch begründet ist und sich letztlich auch in gemeinsamen politischen Aktionen wiederfindet. Sie sind 75 Jahre alt geworden, andere - außerhalb Amerikas - verkünden spätestens dann, bei der nächsten Wahl nicht mehr anzutreten. Pfaff: Das möchte ich jetzt nicht mit Ihnen besprechen. Ich schon, 2025 ist Kommunalwahl. &bdquo;Mal anders anfassen als im Hannelore-Stil“ Pfaff: Die gewählten Politikerinnen und Politiker müssen bald jünger werden, das steht fest. Vieles muss doch auch von uns Grünen in Gadderbaum mal anders angefasst werden als im Hannelore-Stil. Wollen Sie nun noch einmal, oder nicht? Pfaff: Ich bin ja auch noch Ratsmitglied, und den Rest werden wir dann sehen. Wünschen Sie sich für 2025 eigentlich wieder eine absolute Grünen-Mehrheit in Gadderbaum? Pfaff: (tiefes Durchatmen) Es ist so schwierig mit einer absoluten Mehrheit ... Warum? Pfaff: Weil die anderen Parteien in der Bezirksvertretung meinen, man wolle sie in die Tasche stecken. Die Zusammenarbeit hat gelitten, das ist leider so - außer mit der FDP, das muss ich einfach mal sagen. Tja, absolute Mehrheit? Ich weiß es nicht, will ich eine starke CDU? Es ist ja erst einmal wunderschön, es schmeichelt und bestätigt die eigene Arbeit - aber es erfordert auch sehr viel Fingerspitzengefühl, um ein demokratisches Miteinander zu halten. Kommen wir zu politischen und gesellschaftlichen Gadderbaumer Themen: Die Bikelane erhitzt die Gemüter, immer wieder ist zu hören, dass auf einen Radler mit sehr viel Platz immer zehn Autofahrer kommen, die es eher eng haben. Pfaff: Zehn? 30, 40 - aber wann ist denn da Stau? Ich habe noch keinen erlebt. Und zu Stau kommt es doch eh immer dann, wenn woanders eine Straße zu ist, das ist doch der Grund. Ich finde es bisher wirklich gut; und beim zweiten Abschnitt bis zum Betheleck fordern wir vor allem die Fußgängerampel für die Martinschüler vom Bolbrinkerpark zum Glückundseligkeit. Und sonst ist es immer so: Wenn ich Bürgerinnen und Bürgern erkläre, dass der zweite Abschnitt ja zweispurig wird, dann höre ich, dass es dann ja in Ordnung sei. Der erste Abschnitt ist doch der am wenigsten befahrene. Ärgerlich ist hier nur, dass der Marktkauf verweigert, die zweite Tankstellenausfahrt zuzumachen, obwohl es da echt keinen einzigen Grund für gibt. Das macht es an der Kreuzung gefährlich. Anderes Thema: Auf dem Johannisberg erinnern Bäume und Gitter an Hindenburg und Co. Eine Info-Tafel informiert nicht wirklich, sie spült Geschichte eher weich. Stellen sich die verantwortlichen Schützen hier tot oder was ist da los? Pfaff: Sie lehnen eine Änderung ab. Es geht ja gar nicht darum, die Gitter abzureißen, nein, diese sind ja auch eine Mahnung. Aber die Schützengesellschaft möchte den problematischen Text der Stele auch nicht verändern. Dabei gibt es sogar einen Text von Dr. Jochen Rath vom Stadtarchiv, der auch noch einmal überarbeitet worden ist - doch die Schützen wollen alles so belassen wie es ist. Ich war mit der FDP zum Gespräch, da konnten wir uns mit den Schützen am Ende nicht einmal auf den Text des Protokolls einigen. Es bringt einfach nichts, es scheint aussichtslos, in Sachen Erinnerungskultur gemeinsam weiterzukommen. &bdquo;Es bringt einfach nichts“ Nichts ist ein gutes Stichwort: Beide Kirchen haben freie, baufertige Grundstücke - und seit Jahren passiert nichts. Pfaff: Da bewegt sich in Sachen Wohnungsbau wirklich nichts. Die Finanzlage möchte ich nicht beurteilen. Ich weiß nur, dass wir in Gadderbaum einen erhöhten Wohnungsbedarf haben und dem nicht gerecht werden können. Aber viel mehr ärgert mich, dass wir das alte Beckordgelände hinter dem Penny nicht für eine Wohnbebauung durchbekommen. Das ärgert mich maßlos. Vielleicht mal was Positives: Das Kinderzentrum für 100 Millionen Euro - da geht doch der Bezirksbürgermeisterin das Herz auf, oder? Pfaff: Wenn ich es sehe, ja, aber es ist eine unvorstellbare Summe. Wenn es denn wirklich so viel sein musste, okay, dann sollte es wohl so sein, es ist auf jeden Fall großartig geworden. Was für Pläne haben Sie in 2024? Pfaff: Bürgerversammlungen - ich möchte gerne drei oder vier anbieten, ich möchte einfach wissen, was die Gadderbaumerinnen und Gadderbaumer wollen. Ich bin gespannt, wie groß das Interesse daran ist. Kleinbus Anton als Ziel für Gadderbaum Sonst noch was? Pfaff: Wir wünschen uns endlich den Kleinbus Anton für den ÖPNV am Langenhagen, aber Mobiel lehnt das immer ab, zu wenig Personal, heißt es. Aber in einem anderen Stadtbezirk sollen Planungen für den Einsatz eines Kleinbusses laufen.

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