Mit Backstein erschlagen: Toter Bielefelder im Gebüsch - eine Spur führt in die DDR

Bielefeld. Den Fall ins Rollen bringen am 21. März 1990 zwei neunjährige Mädchen beim Versteckenspielen auf dem Spiel- und Bolzplatz im Ostmannturmviertel. Als sich eines der Mädchen an der Huelsmannstraße (damals noch Albrechtstraße) in ein Gebüsch schlägt, um sich vor ihrer Freundin zu verbergen, schreit sie plötzlich auf. Unter mehreren Ästen und Zweigen liegt neben ihr ein lebloser Mann. Einen Tag später steht die Identität des Toten fest. Erhard B. (52) wohnte in der Nähe, er suchte den Abenteuerspielplatz wohl häufiger auf. Bis heute weiß die Kripo nicht, wer den Bielefelder mit einem Backstein erschlagen hat. Der &bdquo;Fall Erhard B.“ gehört zu den sechs ungeklärten Bielefelder Mordfällen (Cold Cases), dessen Akten sich die neu gegründete Cold-Case-Unit der Bielefelder Kripo nun wieder vornehmen wird. Die Ermittlungen damals führen die Kripo sogar bis in die gerade noch existierende DDR. Doch dazu später. Frühe Ermittlungen in der Bielefelder Homosexuellen-Szene Der Bielefelder (52) – ledig, ordentlich, zuverlässig – erlag in der Nacht auf den 21. März seinen schweren Kopfverletzungen. Die Tatwaffe, ein Backstein, liegt noch am Tatort. Schnell ermittelt die 20-köpfige Mordkommission in homosexuellen Kreisen. Denn der 52-Jährige soll sich immer wieder im Bahnhofsumfeld in dortigen Kneipen aufgehalten und von dort jüngere Männer mit nach Hause genommen haben, so beschreibt es die Kripo damals. Auch in der Mordnacht sei er gegen Mitternacht noch am Bahnhofsvorplatz (damals noch &bdquo;Platz des Widerstandes“) gesehen worden und habe dort vermutlich seinen Mörder getroffen. 3.000 Deutsche Mark setzt die Mordkommission als Belohnung für die Ergreifung des Täters aus. Doch die Nachtschwärmer, die möglicherweise am Hauptbahnhof Wichtiges beobachtet haben, melden sich nicht. Die Mordkommission geht von einem Raubmord aus, weil die dunkle Geldbörse des Opfers verschwunden ist. Das LKA findet schließlich Spuren einer schwarzen Leinenjacke oder eines schwarzen Leinensakkos. Ein wichtiger Hinweis auf den Täter, glauben die Ermittler. Überraschende Festnahme im Bielefelder Fall - mit Hilfe von DDR-Behörden Am 19. Juni 1990 meldet die Kripo dann überraschend eine Festnahme – und zwar in der DDR. Seit Mai hatten die Bielefelder Mordermittler eine Spur nach Halle an der Saale verfolgt. In der Wohnung des Mordopfers hatten sie einen Zettel mit einer dortigen Adresse gefunden. Daraufhin besuchen sich Kripobeamte beider deutscher Staaten, tauschen sich aus, ersuchen schließlich um Amtshilfe. Eine DDR-Staatsanwältin kommt eigens nach Bielefeld, um die Beweise aus der Bundesrepublik zu prüfen. Schließlich vollstrecken ostdeutsche Polizeibeamte den beim Bielefelder Amtsgericht ausgestellten Haftbefehl wegen Totschlag-Verdachts. DDR-Ermittler verhören daraufhin den jungen Mann (23), der Erhard B. zuvor mehrfach in Bielefeld besucht hatte, sowie einen ebenfalls arbeitslosen Freund. Beide geben dabei ein Teilgeständnis ab: Sie hätten mit einem dritten Komplizen geplant, B. in seiner Wohnung zu überfallen, zu fesseln und auszurauben. Allerdings erst am 23. März. Als das mutmaßliche Räubertrio nach Bielefeld reist, war ihr Opfer also bereits tot. Beide beteuern, mit dem Tod des Bielefelders etwas zu tun zu haben. Bielefelder Kripo rätselt: Eine schwer belastende Aussage und massive Widersprüche Doch der Freund belastet im Verhör den 23-jährigen Hauptverdächtigen schwer. Laut seiner Aussage habe ihm der Beschuldigte gestanden, zwei Tage vorher schon nach Bielefeld gefahren zu sein. Dabei soll er den 52-Jährigen erschlagen haben. Der Festgenommene streitet dies vehement ab. Da es – für den damaligen Stand der Kriminaltechnik – darüber hinaus keine verwertbaren Tatortspuren gibt, ist diese Aussage das bisher einzige Indiz gegen den Beschuldigten. Der ermittelnde Staatsanwalt, Hans-Dieter Heidbrede, macht schnell klar, dass der Fall noch längst nicht geklärt sei. &bdquo;Beide Männer haben sich in Widersprüche verstrickt“, betont der Staatsanwaltschaft damals. Und tatsächlich: Einen Monat später hebt die DDR-Behörde den Haftbefehl wieder auf. Der Belastungszeuge hatte durch gravierende Widersprüche ernste Zweifel an seiner Aussage aufkommen lassen. Weil auch der dritte Raub-Komplize nicht mehr aufzufinden ist, verlaufen die weiteren Ermittlungen im Sande. Bielefelder Mordermittler sehen bei 42 Cold Cases aus OWL neuen Ermittlungsansätze Das Kriminalkommissariat 11 nimmt mit seiner neuen Cold Case-Unit nun die Ermittlungen in diesem Fall wieder auf. Damit gehört der &bdquo;Fall Erhard B.“ zu 42 Cold Cases in OWL, bei denen Mordermittler vielversprechende Ermittlungsansätze sehen, um die Tat doch noch wieder aufzuklären. Hinweise zum Täter, der Erhard B. in der Nacht auf den 21. März 1990 im Ostmannturmviertel erschlagen hat, gehen an die Polizei unter Tel. 0521 5450. Zum Thema: Das sind die Bielefelder Cold Cases Warum die Bielefelder Polizei Dutzende ungelöste Mordfälle aus OWL neu aufrollt 42 ungelöste Tötungsdelikte in OWL: In diesen Fällen wird nun erneut ermittelt

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