Klarer Favorit: Das soll die finale Variante der Bielefelder Fahrradstraße sein

Bielefeld. Es gibt einen klaren Favoriten für die finale Variante der Fahrradstraße in den Bielefelder Osten, und der heißt Testphase 2. Sie entspricht der gegenwärtigen Verkehrsführung auf Rohrteichstraße und Ehlentruper Weg, die primär sogenannte Diagonalsperren nutzt, um den Verkehr zu lenken: Fahrräder können zwischen den Sperrpömpeln in alle Richtungen passieren, Autos jedoch nicht. Nora Niebel vom Amt für Verkehr präsentierte am Mittwochabend in der Aula der Sekundarschule Königsbrügge die Ergebnisse des umfangreichen Verkehrsversuches, der im Oktober 2022 mit der Testphase 1 begonnen hatte. Das erste Konzept basierte auf einer strikten Einbahnstraßenregelung und hatte damals massiven Protest von Autofahrern und Anwohner provoziert, der sich in seiner zivilisierten Form in den Umfragewerten zeigte, die Niebel dem Publikum präsentierte. Als unmittelbare Reaktion der Ablehnung hatten Unbekannte Reißzwecken auf die Fahrradstraße geworfen oder Scherben. Ausgerissene Poller demolierten nicht nur den Asphalt, sondern brachten auch die Fahrerin eines Pedelecs zu Fall. Der jüngster Akt von Vandalismus auf der Strecke, abgesehen von verbeulten Schildern und ramponierten Warntafeln, galt der kleinen öffentlichen Reparatur-Station, der ein Unbekannter alle Werkzeuge abschnitt. Die Polizei ermittelt. Fast schon demonstrativ rollten viele der Interessierten zu der Informationsveranstaltung aus dem weiten Wohngebiet mit dem Rad an. Das Quartier liegt zwischen der Otto-Brenner-Straße im Osten und dem Niederwall im Westen, der Detmolder Straße im Norden und der Oldentruper Straße im Süden. In der Aula blieb keiner der rund 150 Stühle leer, was die Gastgeber sichtlich beeindruckte. Bezirksbürgermeister Frederik Suchla erzählte zur Begrüßung, dass er einst selbst in dem Quartier gewohnt habe, durch das die Fahrradstraße verlaufe. Der Vorteil des Verkehrsversuchs bestehe darin, bei moderaten Baukosten die Akzeptanz oder Ablehnung der Maßnahmen zu testen. Diagonalsperren als Lösung für die Zukunft Und die Zahlen aus den Umfragen ergaben ein deutliches Votum: 43 Prozent der Befragten wählten die Testphase 2 mit den Diagonalsperren als potenzielle Lösung für die zukünftige Verkehrsführung, referierte Projektleiterin Niebel. Insgesamt seien 656 Bewohner befragt worden: 195 direkte Anlieger, 279 Menschen aus dem Quartier und noch einmal 182 Personen aus der Umgebung. Je größer die räumliche Distanz zur Fahrradstraße, desto stärker befürworteten die Befragten die zweite Variante – die Stimmen der unmittelbar Betroffenen dagegen verteilten sich fast gleichmäßig auf die Beibehaltung der ursprünglichen Verkehrsführung (28 Prozent), die Option der Einbahnstraßen-Regelung (29 Prozent) sowie das zweite Modell mit den Diagonalsperren (30 Prozent). Befragt nach den subjektiven Empfindungen beim Nutzen der Strecke, meldeten besonders Radfahrer und auch Eltern in Begleitung von Kindern eine Steigerung von Wohlbefinden und Sicherheitsgefühl. Autofahrer signalisierten dagegen in der Testphase mit den Diagonalsperren ein größeres Unwohlsein. Damit aber müssen sie leben, denn Niebel und ihr Team nehmen die Variante als Grundlage für die weitere und dann finale Planung. Denn die objektive Verkehrsmessung ergab, dass der Radverkehr auf der Piste in der zweiten Testphase um 18 Prozent zulegte, während der MIV um rund 60 Prozent sank. In dem Zeitraum habe auch das Feedback auf der eigens für den Beteiligungsprozess eingerichteten Homepage leicht nachgelassen: Sammelten sich nach dem Start 188 Meldungen und 351 Kommentare auf der Seite, kamen anschließend noch 80 Meldungen und 60 Kommentare hinzu. Um weiteres Feedback für die Planung zu bekommen, lagen Blöcke und Stifte für die Besucher bereit. Dies sind die weiteren Anpassungen An den Stellwänden mit den Auswertungen kam es zu lebhaften Diskussionen um Schleichverkehr in den engen Wohnstraßen sowie rund ums Krankenhaus und die Schulen sowie fehlende Parkplätze. Erste Überlegungen zu kommenden Anpassungen stellte Niebel direkt vor: So werde das Pflaster an den Einmündungen zur Rohrteichstraße und Ehlentruper Weg aufgepolstert, um die Vorfahrt-Situation auf der Fahrradstraße auch baulich hervorzuheben. Dasselbe gelte für die kritischen Kreuzungsbereiche an der Prießallee und der Otto-Brenner-Straße: An der Prießalle soll eine Druckampel die sichere Passage regeln, und auch an der Otto-Brenner-Straße soll die Überfahrt zum Radweg gen Stieghorst verbessert werden. Auf der Rohrteichstraße wandert eine Verkehrsinsel an die optimale Stelle, während der angedachte Abbau der Diagonalsperre an der Eduard-Windhorst-Straße jetzt wieder zur Disposition steht, weil Anwohner weiter um das Für und Wider diskutieren. Zudem sicherte Niebel ein paar mehr Parkplätze zu, deren Wegfall in der Nachbarschaft einigen Verdruss verursacht hatte. Bei der Gelegenheit auf das Thema der Parkraumbewirtschaftung angesprochen, erklärte Verkehrsamtsleiter Olaf Lewald, dass eine Vorlage für die Politik in Arbeit sei. An so einer Vorlage für die modifizierte Fahrradstraße sitzen auch die Verkehrsplaner unter Berücksichtigung der vielen Anregungen vom Mittwoch. Diese Vorlage werde dann dem Stadtentwicklungsausschuss zur Entscheidung präsentiert. Stimme die Politik der Vorlage zu, könne schon 2024 mit den notwendigen Umbauarbeiten begonnen werden, so Niebel.

Meistgelesen